Aretha Franklin - Queen of Soul
brachte aufeinanderfolgend fünf Top-Ten-Singles auf den Markt, die starke Akzente setzten. Mit ihrem einzigartigen Gesangsstil ließ sie wissen, dass sie »A Natural Woman« war, die vom »Chain of Fools« um sie herum »Respect« verlangte. Ihr hemmungsloser Aufschrei »I Never Loved a Man (The Way I Love You)« wurde von allen – ob schwarz oder weiß – verstanden.
Während der Jahre bei Columbia waren Arethas Garderobe und Makeup recht konservativ gewesen. 1967 änderte sie ihr Image jedoch radikal und zeigte sich von einer extravaganteren Seite. Sie fing an, hochtoupierte Dynel-Perücken zu tragen, und entwickelte eine Vorliebe für paillettenbesetze Roben im Stil der Supremes. Da sie für einen Großteil der Dekade bestrebt gewesen war, die Dinah Washington der Neuzeit zu werden, hatte sie in Sachen Stil einiges nachzuholen. Auf den ersten zwei Plattencovern bei Atlantic ist sie wie Diana Ross zurechtgemacht. Ihr Gesang blieb jedoch roh, kraftvoll und erdig.
Die herausfordernde und emotionale Art der Darbietung und die Frische ihrer Musik ließen aufhorchen. Wenn Aretha »Do Right Woman – Do Right Man« sang, wusste man einfach, dass diese Frau aus eigener Erfahrung sprach. Wenn sie »Respect« einforderte, war jedem klar, dass sie in ihrem eigenen Leben bisher genau das vermisst hatte.
Ihre Aufnahmen bei Atlantic mit denen bei Columbia vergleichend, sagt Aretha: »Es verkaufte sich nicht, aber ich mochte das, was ich bei Columbia gemacht hatte, sehr. Als ich zu Atlantic kam, setzten sie mich einfach an ein Klavier und ließen mich machen. Die Hits kamen dann von alleine.«
Dabei bezieht sie sich natürlich auf Wexlers berühmten Ausspruch »Ich brachte sie in die Kirche – setzte sie hin und ließ sie sie selbst sein.« Wexler erklärte später dazu: »Dass mit der Kirche sollte lediglich heißen, dass wir dieselbe Aufnahmeumgebung wollten wie bei Ruth Brown und LaVern Baker. Und natürlich erkannte ich auch, wie gut sie Klavier spielte. Atlantic Records war so eine Art Kaderschmiede des Rhythm & Blues. Darauf lag unser Schwerpunkt. Wir wandten einfach das, was wir über Rhythm & Blues wussten, auf eine Rhythm & Blues-Künstlerin an, anstatt aus ihr eine Popsängerin wie Judy Garland oder Peggy Lee zu machen.«
»Atlantic Records hatte sich schon einen Ruf als »Tempel des Rhythm & Blues« erworben, sie war also am richtigen Ort«, fügt er hinzu. »Und wir schufen für sie eine Atmosphäre wie in der Kirche, d. h. wir machten das, was wir am besten konnten. CBS dagegen war ein Poplabel mit einer R & B-Abteilung – das ist etwas ganz anderes. Aber natürlich hatten wir auch einfach Glück. Wir wählten einfach den richtigen Zugang und mit der allerersten Platte war dann die Marschrichtung klar. Ich bin nicht ins Studio gegangen mit der Einstellung ›Das kann gar nicht schiefgehen‹ – so bin ich noch nie zu einer Session gegangen. Und ich wusste auch nicht, dass wir am Anfang einer riesigen Erfolgssträhne standen und die Geburt eines großen Stars miterleben sollten. Alles, was ich wusste, war, dass ich eine wirklich große Künstlerin vor mir hatte, die mich komplett begeisterte. Und dass wir gute Musik mit ihr machen würden, wenn ich den richtigen Rahmen dafür schaffen konnte.«
Als ihre erste Single bei Atlantic den Sprung in die Charts schaffte, war sofort klar, dass Aretha Franklin in eine ganz andere Kategorie als Judy Garland oder Peggy Lee gehörte. In ihrem ersten Jahr bei Atlantic waren alle ihre Platten erfolgreich. Ihr emotionaler Sound überwand alle musikalischen Schranken. Roger Hawkins, der auf mehreren von Arethas frühen Hits bei Atlantic Schlagzeug spielte, sagt, dass er noch nie einer Sängerin wie ihr begegnet war. »Arethas Emotionalität bewirkte, dass jeder Song funktionierte. Ich richtete mich einfach nach ihrer Stimme.«
Tom Dowd und Arif Mardin standen Jerry Wexler in unterschiedlichen Funktionen bei allen Aufnahmen dieser Periode zur Seite. Manchmal fungierten sie als Co-Produzenten, manchmal als Toningenieure und manchmal als Arrangeure. Mardin nennt Aretha »eine der besten Sängerinnen der Welt«. »Die Stimmung, die sie im Studio erzeugt, ist unvergleichlich. Ich habe schon erlebt, dass Musiker aufhörten zu spielen, um ihr zuzuhören. Ihre gottgegebene Stimme wird unterstützt durch ihr musikalisches Genie – ihre Phrasierung, Intonation. Auf einer Aufnahme sang sie allein den komplexen, dreistimmigen Background. Sie kann das. Sie kann alles.
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