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Aristos - Insel der Entscheidung

Aristos - Insel der Entscheidung

Titel: Aristos - Insel der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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von Andreas schwanger wurde! Leichenblass und mit zitternden Knien stand sie vom Frühstückstisch auf.
    Eine Stunde später stand sie vor dem Schaufenster der wunderschönen altmodischen Apotheke. Eigentlich liebte sie die Altstadt mit ihrem südländischen Flair, den kleinen steinernen Häuschen in verwinkelten Gassen und den atemberaubenden alten Herrenhäusern, deren kunstvoll geschnitzte hölzerne Veranden von bunten Blumen bewachsen waren. Überall dominierten die Farben Blau, Weiß und Grün. Ja, vor allem Grün: grün gestrichenene Türen und Fensterläden, grüne Schilder über jedem der kleinen Lädchen und natürlich auch das Grün der riesigen Platanen, die den malerischen Marktplatz von Aristos überspannten. Supermärkte schienen beinahe überflüssig, denn eigentlich gab es alles, was man brauchte, auf dem Markt. Hier priesen die Bauern der Gegend jeden Samstag saftig-süße Südfrüchte und knackiges Gemüse an. Die Imker verkauften köstlichen griechischen Honig, die alten Winzer fachsimpelten an ihren Ständen, wem wohl in diesem Jahr der beste Wein der Insel gelungen sei, während die Frauen ihr handbemaltes Steingut feilboten.
    Doch jetzt bemerkt sie all das Leben und Treiben um sie herum kaum. Mit Tränen in den Augen betrachtete sie das grün-weiße Schild über dem Eingang. Nein, das brachte sie nicht übers Herz! Und wenn es zehnmal vernünftig war – sie konnte nicht einfach da hineinspazieren und ruhigen Gewissens die Pille danach verlangen, wenn in ihrem Bauch vielleicht schon ein winziges Wesen um seine Chance zu leben kämpfte.
    Ein Wesen, das sowohl ein Teil von ihr als auch von Andreas war – und damit auch ein Teil von Nikos. „Die Natur soll entscheiden“, murmelte sie leise, ehe sie sich zum Gehen wandte. Und das Schicksal würde ihren Mangel an Selbstkontrolle doch wohl nicht noch einmal so hart bestrafen?
    Die nächsten paar Tage verbrachte Louisa fast ausschließlich mit Jamie, der so viel Spaß am Strand und im Wasser hatte, dass er kaum bemerkte, wie ruhig und geistesabwesend seine Schwester war. Jeden Morgen frühstückten sie zusammen auf der sonnenbeschienenen Terrasse des Hotels, ehe sie gemeinsam zu der kleinen Bergkappelle hinaufstiegen. Doch während Louisa viele Stunden dort oben verweilte, blieb Jamie nie sehr lange, um sie nicht zu stören.
    Den Nachmittag lag sie meist im Schatten eines Sonnenschirms am Strand, beobachtete ihren Bruder und Pietros beim Surfen oder Wasserski und versuchte krampfhaft, nicht an Andreas zu denken. Und erst recht nicht an das, was in der Nacht auf dem Berg geschehen war, und die möglichen Folgen, die ihr noch immer wie ein dunkler Schatten auf der Seele lasteten.
    Doch manchmal, wenn sie daran dachte, was Isabella zu ihr gesagt hatte, schaffte sie es einfach nicht, den Widerstreit ihrer Gefühle zu ignorieren. Dann ging sie zum Strand hinunter, wanderte stundenlang am Meer entlang und versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, dass ihre Schwiegermutter recht hatte. Tief in ihrem Inneren wusste sie ja, dass sie die Vergangenheit hinter sich lassen musste.
    Dass sie Nikos loslassen musste.
    Und seinen Vater.
    In Gedanken versunken saß Louisa auf der steinernen Bank neben dem kleinen Grab ihres Sohnes. Heute war sein fünfter Todestag. Zwar hatte sie ihre ganze Überredungskunst einsetzen müssen, aber schließlich hatte sie es doch geschafft, Jamie dazu zu bringen, mit Pietros angeln zu gehen. Allein sein, mehr wollte sie heute nicht.
    Mit Tränen in den Augen blickte sie sich um. Wie sehr sie dieses winzige Fleckchen Griechenland liebte! Nirgendwo auf der Welt konnte es schöner sein als hier oben auf dem Berg bei der kleinen weißen Kapelle, über der sich der tiefblaue Sommerhimmel wölbte. Der liebevoll gepflegte Friedhof sah eher wie ein friedlicher bunter Blumengarten aus, und der Duft von Jasmin und wildem Thymian hing in der Luft.
    Hier war Nikos getauft worden, und auch ihre Hochzeit mit Andreas hatte hier stattgefunden – unter den Blicken sämtlicher Inselbewohner, die neugierig das junge Mädchen musterten, das den großen Skandal in der Markonos-Familie ausgelöst hatte. Kein Wunder, dass sie am Tag ihrer Hochzeit total verschüchtert gewesen war und bei jeder Gelegenheit errötete, weil sie dachte …
    Energisch schob sie diesen Gedanken beiseite. Schon viel zu oft hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, was andere Leute wohl von ihr hielten! Außerdem lag das weit in der Vergangenheit, und sie sollte sich lieber

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