Arkadien 02 - Arkadien brennt
Avvocato hat jahrzehntelang für Ihren Clan gearbeitet, Signorina Alcantara, und zwar durchaus gewissenhaft. Aber das hat ihn nicht davon abgehalten, eine Reihe eigener Geschäfte zu tätigen, bei denen ihm unglücklicherweise mein Vater und dessen Brüder im Weg waren. Er lancierte das Gerücht, dass meine Familie im Geheimen gegen die Corleonesen intrigierte, er fälschte Dokumente, bestach zwei Staatsanwälte – und schon kam die Sache in Fahrt. Er musste sich nur zurücklehnen und abwarten, bis die Mörder aus Corleone während einer Hochzeitsgesellschaft in Trapani einen Großteil meiner Verwandtschaft auslöschten. Männer, Frauen, fast ein Dutzend Kinder. Ich war noch klein damals, und man hatte mich mit dem Kindermädchen zu Hause gelassen, nur deshalb habe ich überlebt. Meine Mutter wurde erschossen, in ihrem Körper hat man später elf Kugeln gefunden. Mein älterer Bruder ist verbrannt, als man ihn und einige andere in der Küche des Restaurants zusammentrieb, sie alle mit Benzin übergoss und anzündete. Nur ein paar sind davongekommen, darunter mein Vater, aber er war danach nicht mehr derselbe. Statt Vergeltung zu fordern, zog er sich zurück. Jahrelang musste ich mir sein Gewinsel anhören, all die Rechtfertigungen für seine Feigheit. Als ich endlich alt genug war, ging ich nach Norditalien. Aber die ganze Zeit über, an der Universität und danach, wusste ich, dass ich zurückkehren und herausfinden würde, wer die Verantwortung für die Auslöschung der Di Santis trägt. Am Ende war es nicht einmal schwer, auf Trevinis Namen zu kommen. Aber es hat eine Menge Kraft gekostet, bis er mir alles anvertraut hat. Drei Jahre lang hab ich ihm die Stiefel geleckt und meine Familie verleugnet, ehe er endlich mit Teilen der Wahrheit herausgerückt ist. Ich habe mich an ihn verkauft. Jetzt ist es an der Zeit, dass er endlich die Rechnung bezahlt.«
»Warum jetzt?«, fragte Rosa. »Wieso ausgerechnet heute?«
»Weil sonst Sie es getan hätten, Signorina Alcantara. WeilSie nach allem, was Sie auf dem Video gesehen haben, ebenfalls eine Menge Fragen an den Avvocato haben, vermute ich. Und weil es noch jemanden gibt, der sehr bald Genugtuung fordern wird.«
»Noch jemanden?« Rosa hatte es kaum ausgesprochen, als sie begriff. » Sie sind das gewesen! Sie haben Alessandro den Beweis dafür versprochen, dass die Carnevares unschuldig waren an der Verhaftung des Hungrigen Mannes!«
»Die Ereignisse haben sich leider ein wenig überschlagen«, erwiderte die Contessa. »Ich hätte mir gern mehr Zeit genommen, um bedachter vorzugehen. Aber Trevini bestand darauf, Ihnen das Video zu schicken. Da wusste ich, dass alles sehr schnell gehen musste.«
Trevini stieß ein heiseres Lachen aus. »Du hast mit Alessandro Carnevare gesprochen? Cristina, du bist wahnsinnig! Hier wird kein Stein auf dem anderen bleiben, wenn erst –«
Rosa starrte den alten Mann mit zusammengekniffenen Augen an. »Sie haben den Hungrigen Mann damals verraten? Und den Carnevares die Schuld zugeschoben?«
Er schnaubte leise, gab aber keine Antwort.
Di Santis nickte langsam. »Es gibt nicht viele Akten und Dokumente in diesem Haus – sein Gedächtnis ist tatsächlich so phänomenal, wie er behauptet. Aber es existiert ein dreißg Jahre altes Schreiben der Staatsanwaltschaft, in dem ihm Straffreiheit zugesichert wird für seine Zusammenarbeit bei der Verhaftung des capo dei capi . Damals hat er begonnen, für Ihre Großmutter zu arbeiten.«
Rosa stieß ein Ächzen aus. »Costanza hatte auch damit zu tun?«
Trevini sah wieder zu ihr auf, er schien noch einmal alle Kräfte zu sammeln. »Warum wohl waren die Alcantaras die engsten Vertrauten des neuen capo dei capi ? Weshalb hat Salvatore Pantaleone so große Stücke auf Ihre Familie gehalten,Rosa? Ich habe damals den Deal mit Pantaleone eingefädelt. Er, Costanza und ich haben dafür gesorgt, dass der Hungrige Mann verschwindet – und Pantaleone sein Nachfolger wird. Ohne dieses Abkommen wäre der Besitz der Alcantaras längst von einem der größeren und entschlosseneren Clans geschluckt worden! Was Sie heute sind, Rosa, das haben Sie allein mir zu verdanken. Und jetzt sollten Sie sich dafür erkenntlich zeigen und diese Farce hier beenden!«
Die Wut machte Rosa heiser. »Der Hungrige Mann lässt die Carnevares jagen, weil er sie für die Schuldigen hält!«
»Haben Sie denn gar nichts gelernt?«, brüllte Trevini aufgebracht. »Wollen Sie mir allen Ernstes erzählen, dass Sie um die New
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