Arkadien 02 - Arkadien brennt
die anderen elf, tief im Boden eingesunken ist. Wir werden das noch genauer untersuchen.«
Das trübe, geisterhafte Licht des Scheinwerfers und die Partikel, die flirrend im Vordergrund des Bildes zu sehen waren, erinnerten an die Fotos der Dallamanos. Auf ihnen aber waren die Statuen zweier Tiere zu sehen gewesen: ein Panther, aufrecht auf den Hinterbeinen, um den sich der breite Leib einer Riesenschlange wand. Der Kopf des Reptils hing vor den Augen der Raubkatze, beide blickten einander an.
»Wir haben die Aufnahmen, die Sie uns gegeben haben, mit diesen hier verglichen.« Campbell drückte eine Tastenkombination. Das Foto von Panther und Schlange, das sie bei Iole gefunden hatten, legte sich wie eine Folie über das Bild auf dem Monitor. Die Perspektiven stimmten nicht genau überein, dennoch bestand anhand der Felsengebilde im Hintergrund kein Zweifel. Es war dieselbe Stelle. Die Statue war verschwunden.
»Fuck«, flüsterte Rosa.
Der Schatzsucher lächelte. »Sehe ich genauso.«
Sie blickte Alessandro an. Das grünliche Licht vom Bildschirm intensivierte seine Augenfarbe. Einen Moment lang konnte sie den Blick nicht mehr von ihm abwenden. »Hast du das gewusst?«, fragte sie.
»Erst seit gestern. Ich wollte dir heute alles erzählen.«
»Soll das heißen, das war’s? Das hier ist alles umsonst gewesen?«
»Umsonst ganz bestimmt nicht«, sagte Campbell trocken. »Warten Sie, bis Sie meine Rechnung sehen.«
»War es nicht eigentlich Ihr Job, die Statuen zu bergen?«, fragte sie spitz.
»Noch bin ich nicht fertig.« Zum ersten Mal redete er mit ihr, als nähme er sie ernst. »Jetzt kommen ein paar Informationen, die auch für Ihren Freund neu sein dürften.«
Alessandros Wangenmuskeln zuckten. »Legen Sie los.«
Campbell zoomte näher auf den runden Steinklotz. »Wie gesagt, die Sockel stecken wahrscheinlich mehrere Meter tief im Boden. Diese Vermutung basiert auf Erfahrungswerten hinsichtlich der geologischen Beschaffenheit dieser Meeresregion, Beben, vulkanische Aktivität et cetera, et cetera … Aber sehen wir uns einmal die Gesteinsoberfläche an, soweit die Qualität der Aufnahmen das zulässt. Ich habe bereits Taucher dort unten, die unseren Fund genauer unter die Lupe nehmen werden, aber so, wie es aussieht, hat man die Statuen sauber von ihren Sockeln abgetrennt.«
»Sie meinen, Sockel und Figuren waren aus einem Stück gehauen?«, fragte Alessandro.
Campbell nickte. »Erkennen Sie die geriffelte Struktur? Was wir dort sehen, sind entweder Spuren äußerst feiner Fräsenoder eines Laser-Cutters, der speziell für einen Unterwassereinsatz wie diesen hergestellt wurde.«
»Jemand muss also eine Menge Geld in die Bergung der Statuen gesteckt haben«, sagte Rosa nachdenklich.
»Vierzig Meter sind für einen geübten Sporttaucher keine problematische Tiefe, erst recht nicht für erfahrene Tiefsee- oder Militärtaucher. Mit der entsprechenden Ausrüstung kann man sich eine ganze Weile lang dort unten aufhalten. Wir haben jedoch berechnet, dass ein sauberes Durchtrennen eines derartigen Steinblocks aller Wahrscheinlichkeit nach mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Was bedeuten würde, dass die Tauchmannschaften dort unten entweder mit überaus hochwertiger, vermutlich militärischer Beatmungstechnik gearbeitet haben oder aber mehrfach ausgewechselt wurden.«
Rosas linke Hand lag auf der Lehne von Campbells Stuhl. Als sie die Berührung von Alessandros Fingern spürte, tauschten sie ein flüchtiges Lächeln. Sie hätte nicht sagen können, welche Erwartungen sie in diese Unternehmung gesetzt hatte. Sie hatte selbst ein intensives Tauchtraining absolviert, doch als sie mit Alessandro schließlich hinabgetaucht war, hatten sie nichts finden können außer Felsen und Schlamm. Erst danach hatten sie ein professionelles Bergungsteam angeheuert.
»Immerhin sprechen wir von zwölf dieser Statuen«, fuhr der Schatzsucher fort, »wobei wir bislang mit Sicherheit sagen können, dass mindestens sieben auf dieselbe präzise Weise von ihren Sockeln gelöst wurden. Auf den Fotos, die Sie uns gegeben haben, waren ausschließlich Statuen von Panthern und Schlangen zu sehen, einige waren zertrümmert oder schwer beschädigt. Aber auch diese Überreste müssen geborgen worden sein, und zwar – abgesehen von den Sockeln – bis auf das letzte Bruchstück. Wer immer das getan hat, war erstens sehr gründlich und ist zweitens sehr respektvoll mit seinem Fund umgegangen. Diese Leute haben es sich nicht leicht
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