Arkadien 02 - Arkadien brennt
»Nichts. Der Zugang ist gesperrt, auch für unseren Kontakt.«
Alessandro ließ Rosa nicht aus den Augen. »Du hast mit Michele gesprochen?«
»Nicht jetzt.« Tatsächlich drängte alles in ihr, ihm die Wahrheit zu erzählen – und ihn zur Rede zu stellen über das, was er wusste. Aber sie verkniff sich jede weitere Bemerkung, bis sie allein waren. Schon ärgerte sie sich, dass sie Thanassis überhaupt erwähnt hatte.
Campbell musste die Spannung zwischen den beiden spüren. »Wie es aussieht, bekommen wir keinen Zugriff auf die Route der Stabat Mater . Wir wissen, dass sie die Straße von Messina in südwestlicher Richtung verlassen hat, aber danach verliert sich ihre Spur im offenen Mittelmeer. Wir kommen an keine weiteren Satellitenbilder heran, auf denen sie auftaucht. Offenbar wurden sie alle gelöscht, nachdem meine Kontaktperson uns die erste Fotoserie besorgt hatte.«
»Die Familie Thanassis hat tiefere Taschen als wir«, sagteAlessandro. Unverhohlene Streitlust lag in seiner Stimme. Rosa hatte das immer an ihm gemocht, aber im Augenblick machte es sie wütend. Welchen Grund hatte er, ihr Vorwürfe zu machen? Weil sie gegen seinen Wunsch Kontakt zu den New Yorker Carnevares aufgenommen hatte? Sie war es, die im Central Park beinahe zerfleischt worden wäre. Sie brauchte niemanden, der sich nachträglich als ihr Beschützer aufspielte.
Campbell erhob sich von seinem Drehstuhl und sah die beiden mit steilen Brauen an. »Wie wär’s, wenn Sie uns nun wieder unsere Arbeit erledigen lassen. Es scheint auch so genug zu geben, das Sie zu besprechen haben.«
Rosa löste widerwillig den Blick von Alessandro und verließ die Zentrale.
»Halten Sie mich auf dem Laufenden«, hörte sie ihn hinter sich sagen, dann eilte sie über den Steg zur Gaia und erwartete ihn auf dem Oberdeck.
»Du hast es gewusst!«, rief sie in den Fahrtwind hinaus. »Im selben Augenblick, als ich dir von der Party im Village erzählt habe, da hast du es gewusst!«
Sie stand an der Reling, beide Hände um das kühle Eisen geklammert, und starrte hinaus zum Horizont. Wo das Meer und der Himmel sich berührten, konnte sie verschwommen eine braungraue Linie erkennen. Sizilien.
Der Wind schmeckte salzig auf ihren Lippen und brannte in ihren Augen. Aber sie wollte sich nicht umdrehen. Er stand hinter ihr auf dem Deck, hatte wortlos zugehört, als sie ihm alles berichtete, aber sie brachte es nicht über sich, ihn anzusehen. Sie wünschte, sie könnte anderswo sein. Allein mit ihrem Zorn und Kummer und mit ihren unbeantworteten Fragen.
»Ich wollte die Wahrheit herausfinden«, sagte er düster. »Bis du es mir am Telefon gesagt hast, hatte ich keine Ahnung, dass es auf dieser Party passiert ist. Das musst du mir glauben. Und danach … gleich danach habe ich angefangen, Fragen zu stellen. Es gibt Leute, ganz in Micheles Nähe, die mir etwas schulden. Von ihnen bekomme ich Auskunft.« Leiser fügte er hinzu: »Auch in dieser Sache.«
»Und wann wolltest du mir die Wahrheit sagen? Dass es Tano war? Und Michele?«
Er schwieg lange, und sie hörte, wie er einen Schritt auf sie zu machte. Vielleicht dachte er daran, sie zu berühren, doch dann blieb er stehen. »Michele wird dafür bezahlen«, sagte er. »Diesmal kommt er nicht davon.«
Sie schloss die Augen, blinzelte Tränen fort. »Ich wollte es nur wissen . Nur die Wahrheit erfahren. Du hättest es mir überlassen müssen, wie ich damit umgehe.« Sie schüttelte langsam den Kopf, bekam wirbelnde Haarsträhnen in den Mund und strich sie sich aus dem Gesicht. »Alles, was ich mir gewünscht hätte, ist, dass du aufrichtig gewesen wärst.«
Er kam heran, sie spürte ihn jetzt und versuchte dennoch, dieses fiebrige Kribbeln zu unterdrücken, das seine Nähe bei ihr verursachte. Nicht jetzt.
»Ich wollte es nicht vor dir verheimlichen«, verteidigte er sich. »Aber was hast du denn erwartet? Dass ich dich in New York anrufe und dir am Telefon erzähle, dass ausgerechnet Tano –« Seine Stimme wurde heiser, er verstummte und fuhr dann stockend fort: »Dass dieser Scheißkerl und Michele … dass sie dahintergesteckt haben.«
Ihr fiel wieder auf, wie erschöpft und ausgelaugt er aussah. Vielleicht waren doch nicht nur die Beratungen bis tief in die Nacht der Grund dafür.
Langsam drehte sie sich zu ihm um. »Ich muss dir vertrauen können. Ganz und gar und für immer vertrauen. Ich will keineGeheimnisse zwischen uns, jedenfalls keine, die mit uns beiden zu tun haben.«
Er wich ihrem
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