Arkadien 02 - Arkadien brennt
abgesehen von ein paar Gerätschaften, bei denen es sich um die Fräsen oder Cutter gehandelt haben dürfte.«
Campbell machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Rosa und Alessandro schwiegen.
»Aber das ist immer noch nicht alles«, erklärt er schließlich. »Das Schiff ist kurze Zeit später aufgebrochen, auf der nächsten Aufnahme ist es nicht mehr zu sehen. Allerdings ist es uns gelungen, seine Route nachzuvollziehen.« Er wollte Ruth über die Schulter eine Anweisung geben, doch die kam ihm zuvor.
»Schon dabei«, rief sie. Rosa hörte ihre Fingerspitzen auf Tasten klappern.
Mehrere Satellitenbilder erschienen in schneller Abfolge auf dem Monitor, aber diesmal veränderte sich bei jedem die Koordinatenanzeige am Rand. »Sie bewegen sich nach Süden«, erläuterte Campbell. »Etwa eine Stunde lang. Dann sind sie auf das hier gestoßen.«
Rosa kniff die Augen zusammen, als könnte sie das Bild auf diese Weise schärfer stellen. Alessandro pfiff durch die Zähne.
Das Boot sah jetzt winzig aus. Es lag längsseits eines ungleich größeren Schiffes, mindestens zehnmal so lang. Es war schneeweiß, mit verschachtelten Aufbauten, zahlreichen Decks und mehreren Hubschrauberlandeplätzen.
Das nächste Bild erschien. Das kleinere Boot neben dem weißen Giganten war verschwunden.
»Es taucht nirgendwo im Umkreis wieder auf«, sagte Campbell. »Sie müssen es an Bord genommen haben. Einschließlich dessen, was unter Wasser an den Seilwinden hing. Das alles scheint sehr schnell gegangen zu sein. Ich würde ja sagen, das waren Profis – wenn nicht selbst die irgendwelche Atemgeräte und Anzüge bräuchten. So aber sage ich: Ich habe nicht die geringste Ahnung, was für Typen das waren. Kein Militär. Auch keine Schatzsucher, von denen ich je gehört hätte. Experten, ganz sicher – aber nicht vom selben Stern wie ich.«
Alessandro schüttelte ratlos den Kopf. »Das ist ein Kreuzfahrtschiff.«
Campbell nickte. Seine Finger bewegten sich flink über die Tastatur, er zoomte in das Bild hinein.
Die Ansicht war auf einen der Landeplätze zentriert, ein »H« in einem Kreis. Rosa hielt die Luft an.
In großen schwarzen Lettern war dort etwas auf den Boden geschrieben, gut sichtbar für anfliegende Piloten.
Stabat Mater .
Rache
T hanassis«, entfuhr es ihr.
Alessandro und Professor Campbell blickten erstaunt vom Monitor auf. »Sie kennen das Schiff?«, fragte der Schatzsucher.
»Nur dem Namen nach. Es gehört einem griechischen Reeder namens Thanassis.«
Campbell nickte. »Evangelos Thanassis.«
»Ich dachte, der ist tot«, sagte Alessandro.
»Vor ein paar Jahren ging durch die Medien, dass er schwer erkrankt sei«, erklärte der Professor. »Aber es gab nie eine offizielle Todesmeldung, nur allerlei Gerüchte und Vermutungen. Fakt ist, dass er sich seither nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt hat.«
»Und jetzt hat er sein Faible für Archäologie entdeckt?«, fragte Rosa. Tatsächlich aber beschäftigte sie etwas ganz anderes. Der Dream Room . Die tanzende Danai Thanassis in ihrem Reifrock, abgeschirmt von Leibwächtern. Ihr verträumter, fast entrückter Ausdruck.
Campbell zuckte die Achseln. »Alles, was wir auf die Schnelle herausfinden konnten, war, dass die Stabat Mater seit Jahren zwischen Europa und Nordamerika kreuzt. Sie scheint sich nie lange in einem Hafen aufzuhalten, meist nur für wenige Tage. Es ist offenbar unmöglich, eine Passage an Bord zu buchen. Entweder ist der Aufenthalt dort nur etwas für äußerst exklusive Kunden, oder aber sie reist so gut wie menschenleer über den Atlantik. Eine Art Geisterschiff.« Er grinste, aber Rosa war nicht zum Lachen zu Mute. Danai Thanassis hatte etwas Gespenstisches an sich, keine Frage. Aber ein Geist war sie ganz sicher nicht.
»Glauben Sie, der alte Thanassis ist an Bord?«, erkundigtesich Alessandro. »Dass er deshalb nicht mehr in Erscheinung tritt?«
»Möglich. Wir haben diese Aufnahmen erst gestern Abend bekommen und hatten kaum Zeit, mehr als das Allernötigste zu recherchieren.«
»Thanassis’ Tochter lebt auf der Stabat Mater «, sagte Rosa. »Glaube ich.«
Alessandro musterte sie verwundert. »Woher weißt du das alles?«
Sie suchte nach einer Notlüge, aber dann sagte sie doch nur: »Von Michele.«
Er starrte sie an.
»Reden wir später darüber«, bat sie.
Campbell blickte erneut über die Schulter. »Ruth, habt ihr etwas über die weitere Route rausgefunden?«
Die Frau im Overall schüttelte den Kopf.
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