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Arkadien 02 - Arkadien brennt

Titel: Arkadien 02 - Arkadien brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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des Raumes. Es war ein echtes Klingeln, sehr altmodisch, kein modernes Telefonsignal. Sie kannte dieses Geräusch nur aus alten Filmen und als Download fürs Handy. Aber etwas sagte ihr, dass kein Mobiltelefon in der Wand versteckt war.
    Nach einer Minute, die sie mit zunehmend hektischem Tasten nach verborgenen Mechanismen verbrachte, erstarb der Ton. Sie fluchte leise, gab aber nicht auf. Schließlich versuchte sie das Offensichtliche, und tatsächlich: Die brusthohe Täfelung ließ sich mit den Handflächen beiseiteschieben und verschwand mit einem Knirschen hinter dem Nebenpaneel. Eine niedrige Geheimtür kam zum Vorschein.
    Dahinter begann das Klingeln erneut.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Rosa schlüpfte geduckt hindurch und fand sich in einem winzigen Raum wieder, keine zwei mal zwei Meter groß. Darin standen ein hoher Lehnstuhl und ein runder Beistelltisch mit einem schneeweißen, antiquierten Telefon. Es hatte eine runde Wählscheibe und einen enorm schweren Hörer. Das Gehäuse sah aus wie Elfenbein oder Perlmutt.
    Sie hob ab. »Hallo?«
    »Guten Tag.«
    »Trevini?« Sie ließ sich auf den Stuhl fallen. »Was ist das für ein Telefon?«
    »Eines, das so alt ist, dass die Leute der Richterin und all die anderen Lauscher vergessen haben, wie man es abhört. Offiziell gibt es das Kabelnetz gar nicht mehr, über das wir gerade miteinander sprechen. Einige, sagen wir, hochgestellte Persönlichkeiten haben bei der Modernisierung vor ein paar Jahrzehnten dafür gesorgt, dass Teile davon überall auf Sizilien erhalten geblieben sind. Die Behörden wissen nichts davon. Und falls doch, würden sie eine ziemliche Enttäuschung erleben, wenn sie ihren ganzen hochmodernen digitalen Kram daran anschlössen.«
    »Warum haben Sie vorher nichts davon gesagt?«
    »Um herauszufinden, wie viel Sie über die Geheimnisse des Palazzo wissen.« Was ihr zugleich verriet, dass es mit großer Sicherheit noch weitere gab, die er ihr verschwieg. Er demonstrierte seine Überlegenheit. Mistkerl.
    »Was wollen Sie?«
    »Ihnen helfen.«
    »Schon klar.«
    »Nein, hören Sie zu, Rosa. Sie sollten das ernst nehmen.«
    Sie rückte sich auf dem unbequemen Stuhl zurecht. Staubspuren blieben an ihrer schwarzen Kleidung zurück.
    »Ich möchte, dass Sie nicht gleich auflegen«, sagte er, »wenn Sie hören, weshalb ich anrufe.«
    Beinahe hätte sie es dennoch getan. Sie ahnte, um was es ging. Um wen.
    »Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit«, sagte Trevini, »war es Alessandro Carnevare, der die Morde an seiner Verwandtschaft in New York in Auftrag gegeben hat.«
    Eine aufgeschreckte Eidechse rannte über die Wand der Geheimkammer und verschwand in einem winzigen Loch in der Ecke.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken. Kann der alte Idiot nicht endlich mal Ruhe geben? Wie oft will er denn noch versuchen, Alessandro zu diskreditieren?«
    »Ich hätt’s nicht ganz so höflich ausgedrückt.«
    »Sie bezahlen mich auch dafür, dass ich Ihnen unschöne Wahrheiten ins Gesicht sage. Und das hier hat nichts mit meiner persönlichen Abneigung gegen den jungen Carnevare zu tun. Es ist eine Tatsache, dass der Mordbefehl aus Italien kam. Michele Carnevare persönlich ist vor zwei Tagen knapp einem Anschlag entgangen und es ist seinen Leuten gelungen, die Spur zurückzuverfolgen – und zwar zu jemandem, der lange Jahre eine der führenden Personen im transatlantischen Drogengeschäft war. Ein gewisser Stelvio Guerrini. Kein Name, den Sie sich merken müssen, im Grunde spielt er schon seit einer Weile keine große Rolle mehr. Jedenfalls hat er den Attentäter geschickt, im Auftrag eines Dritten. Und Guerrini war ein enger Geschäftspartner von Baron Massimo Carnevare – Alessandros Vater.«
    »Das beweist überhaupt nichts.« Sie wunderte sich, wie gefasst sie blieb. Weil sie ihm nicht glaubte? Oder weil sie es geahnt hatte, die ganze Zeit über, sogar als Alessandro es abgestritten hatte? »Jede Familie auf Sizilien hätte diesem Guerrini den Auftrag geben können, Michele zu beseitigen.«
    »Gewiss. Nur scheint niemand außer Alessandro einen Grund zu haben, den gesamten New Yorker Zweig der Carnevares auszulöschen. Ein einzelner Auftragsmord, das wäre möglich. Aber Anschläge auf die komplette Führungsriege der amerikanischen Carnevares? Das ist eine offene Kriegserklärung und es gibt derzeit niemanden, der das riskieren würde. Nicht in diesen Zeiten. Im Augenblick haben die meisten Familien andere Sorgen direkt vor ihrer Haustür. Eine

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