Arktis-Plan

nutzlose Selbstladepistole mitten ins Gesicht. Dann stürzte er sich kopfüber auf ihn.
    Smith hatte schon damit gerechnet und zog den Kopf ein. Die Pistole prallte von seiner hochgezogenen Schulter ab. Dennoch erwischte ihn Smyslovs. Er taumelte rückwärts, fiel auf den Höhlenboden, und der Russe landete auf ihm.
    Um alles noch komplizierter zu machen, wählte die Fackel in der höher gelegenen Höhlenkammer ausgerechnet diesen Moment, um auszugehen und sie in eine Dunkelheit zu tauchen, die nur von dem Lichtstreifen der Grubenlampe durchbrochen wurde.
    Smith verlor im ersten Moment die Übersicht, doch er konnte spüren, wie sich Smyslovs Gewicht verlagerte und seine Muskeln sich anspannten, als der Russe ausholte, um zuzuschlagen. Smith bog seinen Kopf zur Seite, spürte, wie der Schlag sein Kinn streifte, und hörte den grässlichen Fluch, als Smyslovs Faust auf den steinernen Höhlenboden knallte.
    Smith versuchte, Smyslov abzuwerfen, doch es misslang ihm, da die dicken Schichten der arktischen Bekleidung seine Beweglichkeit einschränkten. Smyslov hatte mit denselben Behinderungen zu kämpfen. Er versuchte, an Smiths Augen zu kommen, stellte jedoch fest, dass seine dickfingrigen Handschuhe den Angriff unwirksam machten. Dann packte er Smith an der Kehle, während er nach dem Messer in der Scheide an seinem Gürtel tastete.
    Smiths hob die linke Hand und schloss sie um den Kragen von Smyslovs Parka, um einen Anhaltspunkt für die Entfernung zu haben und genau zu wissen, wo der Russe sich befand. Dann versetzte er ihm mit der Handkante der Rechten einen Hieb unter das Kinn. Der Schlag warf Smyslovs Kopf zurück und harkte brutal über seine Gesichtszüge. Der Strahl der Grubenlampe schwang herum und fiel auf die beiden kämpfenden Männer und im nächsten Moment ertönte das hohle Klatschen, mit dem ein schwerer Schlag landet. Smyslov sackte abrupt in sich zusammen.

    »Das hat ziemlich lange gedauert«, murrte Smith, während er den bewusstlosen Russen auf den Höhlenboden rollte.
    »Ich wollte sichergehen, wer oben ist, Jon«, erwiderte Valentina und ließ die Modell 70 sinken, die sie am Lauf hielt. »Ich wollte doch nicht aus Versehen dich bewusstlos schlagen.«
    »Das weiß ich zu würdigen.« Smith zog sich auf die Knie und untersuchte den hingestreckten Russen. Er zog einen Handschuh aus und überprüfte den Puls an der Halsschlagader. »Er ist noch mit dabei. Seine Bewusstlosigkeit ist nicht allzu tief.«
    »Findest du das positiv oder negativ?«, erkundigte sich Valentina.
    »Ich würde es positiv nennen. Es gibt noch mehr Dinge, die er uns sagen kann. Darüber hinaus hat der arme Kerl Recht – er ist ein russischer Offizier, der schlicht und einfach Befehle befolgt. Aber es klang so, als hätte er mittlerweile Freunde eingeladen. Kannst du die Stellung am Höhleneingang halten, während ich mich um den Major kümmere?«
    »Kein Problem.« Sie eilte in den Tunnel, der zum Eingang führte.
    Im Licht der Grubenlampe zog Smith eine Isolationsfolie und zwei Paar Einweghandschellen aus seinen Taschen. Nachdem er Smyslovs Handgelenke und Fußgelenke gefesselt hatte, rollte er den Russen auf die Folienseite der Decke. Smith sah sich um und entdeckte einen relativ großen Kerzenstummel, der mit ein paar Tropfen von seinem eigenen Wachs in einer Wandnische befestigt war. Er war zwar ein halbes Jahrhundert alt, doch als Smith ihn anzündete, brannte er noch und versorgte die Höhle mit einer minimalen, aber immerhin längerfristigen Beleuchtung.
    Er kniete sich noch einmal hin, um Smyslovs Lebenszeichen erneut zu kontrollieren. Der Pulsschlag war kräftig, der Atem regelmäßig und die kleine Beule auf seinem Hinterkopf wies daraufhin, dass die Schwellung von Valentinas Kolbenhieb sich nach außen bildete. Er würde überleben und sollte demnächst das Bewusstsein
wiedererlangen. Obwohl sich Smyslov eindeutig als Angehöriger des gegnerischen Lagers erwiesen hatte und notfalls auf ihn geschossen hätte, hegte Smith keinen persönlichen Groll gegen ihn. Smyslov war, ebenso wie Smith, Soldat im Dienste seiner Nation. So ging es nun mal zu im Krieg, und jetzt war wohl tatsächlich Krieg angesagt. Ein Krieg, in dem keiner der beiden Seiten der Sieg sicher war.
    Smith hob sein Gewehr auf und ging zum Höhleneingang.
    Valentina lag bäuchlings hinter den gefrorenen Trümmern der Schneemauer und benutzte das Zielfernrohr der Modell 70, um den Gletscher abzusuchen.
    »Tut sich was?« Smith ließ sich neben sie sinken