Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden
verteidigen. Dann, als ich größer wurde, glaubte ich, sie würden die Null-Tau-Kapsel benutzen, um darin botanische Proben oder etwas Ähnliches aufzubewahren.«
»Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen. Ich bin alles andere als ein Ritter.« Er schwang die Beine aus der Kapsel und stieg aus. Der Boden bestand aus nackter Koralle. Ringsum waren große Kisten und Plastikcontainer aufgestapelt. »Wo bin ich?«
»Im Keller. Oh, ich weiß, was Sie denken. Das alte Laboratorium wurde vor fünfzig oder sechzig Jahren abgebaut. Die Familie ist Mitglied in einem landwirtschaftlichen Konsortium drüben in Kariwak. Heutzutage beziehen wir unsere genetischen Verbesserungen von dort.« Sie deutete auf die Treppe.
»Welches Datum haben wir?«
»Heute ist der neunzehnte April 2549.«
»Herr im Himmel, hundertzwei Jahre! Gibt es die Konföderation überhaupt noch?«
»O ja.« Sie winkte verlegen zur Treppe. »Mr. Eason, Großmutter wartet.«
»Großmutter?«,fragte er misstrauisch.
»Althaea.«
Am Fuß der Treppe blieb er ein weiteres Mal stehen. »Das war nicht abgemacht.«
»Ich weiß. Großmutter sagt, Sie könnte verstehen, wenn Sie lieber ein weiteres Mal in die Kapsel steigen und noch ein paar Tage abwarten wollen. Sie hat nicht mehr lange zu leben, Mr. Eason.«
Er nickte nachdenklich. »Sie wusste immer schon, was sie wollte, meine Althaea. Ich habe schon damals nicht nein zu ihr sagen können.«
Die junge Frau lächelte, und sie stiegen die Treppe hinauf.
»Dann sind Sie also Althaeas Enkelin?«
»Ihre Urgroßenkelin.«
»Ah.«
Er erkannte den Grundriss des Hauses wieder, doch das war auch schon alles. Es war angefüllt mit kostbarem Mobiliar und teuren Kunstwerken. Zuviel Pomp für seinen Geschmack.
Althaea lag im großen Schlafzimmer. Es tat ihm weh, sie anzusehen. Noch zwei Minuten vorher war sie eine strahlende siebzehnjährige Frau gewesen, eine Woche vor der eigenen Hochzeit.
»Ich bin jetzt fast hundertzwanzig«, sagte sie vom Bett herauf. Ihr fröhliches Kichern endete in einem leisen dünnen Husten.
Er beugte sich vor und küsste sie. Kleine Plastikpflaster bedeckten die Seiten ihres faltigen Halses. Unter dem Schultertuch sah er die Umrisse von weiteren Pflastern.
»Und? Möchtest du immer noch für mich gegen Drachen kämpfen?«
»Ich fürchte nein. Ich war ziemlich beeindruckt von deiner Urenkelin.«
Sie lachte und winkte ihn in einen Sessel neben dem Bett. »Du hast dich nicht verändert. Aber dazu hattest du wohl auch keine Zeit.«
»Wie geht es Mullen?«
»Oh, Mullen. Er ist jetzt seit fünf Jahren tot.«
»Das tut mir Leid.«
»Warum? Wir hatten ein ganzes Jahrhundert miteinander. Das ist der Grund, aus dem ich dich wiedersehen wollte. Ich wollte dir danken.«
»Wofür?«
»Für das, was du getan hast. Dafür, dass du uns allein gelassen hast.« Sie deutete mit dem Kopf auf das offene Fenster. »Ich habe ihn geliebt, weißt du? All die Zeit, die er gelebt hat, und selbst heute noch. Ein ganzes Jahrhundert voller Liebe. Es war ein wundervolles Leben, Eason, wirklich wundervoll. Oh, ich war keine Heilige; ich habe eine Menge Dummheiten gemacht, als ich noch jünger war, genau wie Mullen. Aber wir sind hundert Jahre lang zusammengeblieben. Was sagst du dazu?«
»Freut mich, das zu hören.«
»Ich habe dich belogen, was die Kinder angeht. Erinnerst du dich an den Tag, nachdem du auf Charmaine angekommen bist? Ich sagte, ich wollte zehn.«
»Ich erinnere mich.«
»Natürlich; für dich sind ja auch nur zwei Monate vergangen. Nun ja, es wurden nur acht.«
»Das ist eine Schande.«
»Ja. Aber … sieh dir nur an, was sie erreicht haben. Sieh hinaus.« Sie hob einen blassen Finger und deutete auf das Fenster. »Geh nur.«
Er trat zum Fenster. Und dort draußen wartete sein Traum. Die sauberen Reihen von Obstbäumen erstreckten sich über die ganze Insel, eine Flotte von Traktoren war auf den grasbewachsenen Alleen unterwegs, und Servitor-Schimps ähnlich denen der Edeniten kletterten durch das Geäst auf der Suche nach reifen Früchten. Die roten Ziegeldächer eines kleinen Fischerdorfes am Wasser; Boote, die an sieben Landestegen festgemacht in den Wellen tanzten. Überall gingen oder radelten Menschen. Erwachsene und Kinder deckten im Garten die Tische und spannten Sonnenschirme auf, bereit für ein Fest. Und wie immer kreisten lautstarke Schwärme von Feuerdrachen hoch über ihren Köpfen in der Luft.
»Das verdanken wir alles dir«, sagte Althaea. »Ich weiß nicht, was
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