Arto Ratamo 7: Der Finne
Schwiegervater. Es war sinnlos, das Gespräch fortzusetzen. Er verabschiedete sich von Derek Atkins und überlegte, welche Rolle der britische Nachrichtendienst in der laufenden Serie von Ereignissen wohl spielte.
Ein Klappern auf dem Flur störte ihn beim Nachdenken, und kurz danach betrat Ulla Palosuo mit Riitta Kuurma sein kleines und chaotisches Zimmer. Die Chefin schien sich aufzuregen, als sie ein Plakat sah, auf dem ein Mann im Netzhemd in der Nähe der Uferfelsen ein Boot ruderte, in dessen Bug ein Nashorn saß. Riitta Kuurma schaute verlegen an die Wand, als Ulla Palosuo ihre Strafpredigt begann. Ratamo blickte ab und zu verstohlen auf seinen Monitor und steckte sich einen Nikotinkaugummi in den Mund.
»… erst hast du diese Geschichte über eine Woche lang verheimlicht, und jetzt findest du nichts heraus. Niemand weiß etwas über den Mörder von Forsman, der russische Priester sagt nicht, was Forsman in der Kirche der Orthodoxen in Mellunmäki zu suchen hatte, und Eerik Sutela ist mitsamt seiner Führerin weiterhin von der Bildfläche verschwunden.«
Ulla Palosuo holte Luft, griff nach einer langen Locke, die ihr auf die Brust gerutscht war, hob sie so hoch, dass ihr Arm fast ausgestreckt war, und befestigte den Ausreißer mit einer Klemme auf dem Gipfel ihrer tütenförmigen Frisur. Der gestrige Ausbruch ihrer schlechten Laune erwies sich als kleine Aschewolke vor der Vulkaneruption, die gerade im Gange war.
Ratamo versuchte die Chefin zu beruhigen und schaffte es, zu sagen: »Ich übernehme natürlich die Verantwortung für meine Fehler.«
Aber im Krater brodelte es immer noch heftig: »Spiel nicht den Märtyrer, sondern arbeite mehr!«
Ratamo beschloss, den Mund zu halten und bis zehn zu zählen, redete aber schon bei drei wieder: »Immerhin habe ich Forsmans Notizbuch gefunden. Ich versuche hier gerade mit dessen Hilfe herauszufinden, wo Sutela und Otsamo im Moment sind.« Er zeigte mit dem Finger auf seinen Computer und schaute die Chefin ungeduldig an.
»Und die Kriminalpolizei sucht auf der Grundlage der Aussage dieses Priesters und der Hinweise von Anwohnern nach einem merkwürdig aussehenden Mann«, ergänzte Riitta Kuurma.
Ulla Palosuo verließ den Raum mit bebender Frisur und murmelte beim Hinausgehen noch etwas.
»Was ist denn in die gefahren?«, wunderte sich Ratamo. »Sie verliert doch sonst nie die Fassung, und jetzt tobt sie wie eine Wölfin, die Junge hat.«
Riitta Kuurma schaute auf ihre Schuhspitzen. »Du erzählst es doch niemandem, wenn … Na ja. Also, das Nesthäkchen der Familie Palosuo, die Tochter Nummer 5, ist angeblich zu Hause ausgezogen.«
»Und wo ist da das Problem? Das war doch zu erwarten …«
»Das Mädchen ist im Frühjahr achtzehn geworden, wohnt jetzt bei einem dreißigjährigen Gewohnheitsverbrecher in Kontula und sagt, es lohne sich nicht, zu studieren, weil man sich Geld auch einfacher beschaffen kann.«
»Oho. Das hört sich ziemlich schlimm an«, erwiderte Ratamo und wechselte dann das Thema. »Von wem erfährst du übrigens diese Tratschgeschichten?«, fragte er und starrte in Riittas dunkle Augen.
Da ihre Antwort nur in einem geheimnisvollen Lächeln bestand, öffnete Ratamo Otto Forsmans gelbes Notizbuch und wandte sich seinem Computer zu.
»Forsman wird in so ein Heft kaum irgendwelche Geheimnisse eingetragen haben, wo er doch so einen riesigen Aufwand betrieben hat, um diese Hinweise zu verstecken«, sagte Riitta und stellte sich hinter Ratamo.
»Ja, aber ich weiß schon, wie die Verstecke der Briefe anhand der ersten vier Hinweise gefunden werden konnten. Forsman hat das nicht bedacht.«
»Was?«, fragte Riitta Kuurma verwundert.
»Dass jemand, der weiß, wie die Hinweise in den Briefen interpretiert werden, dieses Notizbuch findet.« Ratamo holte tief Luft, als die Internet-Suchmaschine auf dem Monitor erschien.
»In seinem Notizbuch deutet Forsman das nächste Versteck mit den Worten ›Eerik‹ und ›Backsteinkapelle‹ an, und wahrscheinlich hängt der Ort auch wieder irgendwie mit den finnischen Königen zusammen«, sagte Ratamo, gab »Eerik« und »Backsteinkapelle« ein und hämmerte auf die Enter-Taste. Null Treffer.
Er fügte die Worte »finnische Könige« hinzu, bekam aber immer noch kein Ergebnis. Die Suche mit den Begriffen »finnische Könige« und »Eerik« hingegen brachte etwa zwanzig Treffer.
Ratamo öffnete und schloss die Websites und wurde immer frustrierter, je mehr Verweise auf König Erik den Heiligen und
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