Arto Ratamo 7: Der Finne
antwortete Sutela, es klang wie ein Aufschrei.
»Das ist aber nett«, sagte Furow und befahl der »Flunder«, zu kontrollieren, ob die Finnen Waffen besaßen. Wenig später stieg die völlig durchnässte Gruppe am Ostende des Parkes in einen Geländewagen der Marke Range Rover.
Sie hatten die Kaisalantie zur Hälfte hinter sich gelassen, als das erste Polizeiauto auftauchte, dann ein zweites, ein drittes …
51
Kokemäki, Sonntag, 13. August
Riitta Kuurma drückte auf die Taste mit dem roten Hörer, bis zum Predigthaus des heiligen Henrik waren es nur noch ein paar Kilometer. Die Polizei von Kokemäki hatte ihr soeben berichtet, was dort geschehen war, und sie hatte es an Ratamo, der am Steuer saß, und an Ossi Loponen, der auf dem Rücksitz in seine Freisprecheinrichtung redete, weitergegeben. Es herrschte eine angespannte Atmosphäre. Die Polizei in Kokemäki war zu spät gekommen.
»Diese Ermittlungen weiten sich jetzt in alle Richtungen aus«, sagte Loponen und beugte sich vor. »Aus der Zentrale der Kriminalpolizei haben sie angerufen, das Kind dieser Führerin war tagelang entführt. Jetzt ist das Mädchen in Sicherheit, es wurde vor einer Stunde bei der Polizei in Ivalo abgegeben.«
Ratamo fluchte und gab Gas. Der wolkenbruchartige Regen bombardierte die Frontscheibe mit solcher Wucht, dass die Scheibenwischer nicht viel ausrichten konnten, obwohl sie auf Hochtouren liefen. Das unangenehme Gefühl im Magen breitete sich allmählich im ganzen Körper aus, die Ermittlungen hatten sich schlagartig geändert, statt darauf zu lauern, was als Nächstes passierte, mussten sie nun rasch handeln. Er wagte nicht einmal daran zu denken, was für schreckliche Dinge noch geschehen würden, falls die Informationen in Otto Forsmans Briefen doch stimmten.
Sie hatten es von Helsinki bis Kokemäki in einer Stunde und vierzig Minuten geschafft, ihre Fahrt endete, als Arto Ratamo auf der Kaisalantie, am Ostende des Parkes, in demsich das Predigthaus befand, auf die Bremse trat. Der Ford Mondeo blieb schwankend stehen. Er zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieg aus, als Riitta Kuurma und Ossi Loponen noch nach dem Türgriff suchten. Dann rannten alle drei los und waren schon nach Sekunden völlig durchnässt. Erst ein paar Meter vor der Holztür der Backsteinkapelle blieben sie stehen, zwei junge Polizisten hielten hier unter einem von der Polizei errichteten Regendach Wache.
Ratamo zeigte seinen Dienstausweis, warf einen Blick unter das Schutzdach und zuckte zusammen, als er den von einer Eisenstange durchbohrten Soldaten sah. Was zum Teufel war hier geschehen?
An der Spitze der SUPO-Mitarbeiter betrat er die Kapelle und wurde für einen Augenblick von den Scheinwerfern geblendet. Dann war er verdutzt. Zuerst, als er den Speicher ohne Dach mitten in der Kapelle sah, und dann noch einmal, als er die Leichen zählte – drei innen und eine draußen. Und das in einer Kapelle, das war schon eine eigenartige Konstellation.
»Kriminalkommissar Matti Niittymaa von der kriminaltechnischen Zentrale in Pori. Ich … wir kümmern uns um die schwierigeren kriminaltechnischen Untersuchungen hier in Satakunta«, sagte ein Mann, der wie ein Gewichtheber aussah und nur mit Mühe in den Polizeioverall passte; er streckte die Hand aus, und Ratamo stellte sich vor.
Niittymaa nickte in Richtung der Leichen auf dem Fußboden. »Die Männer mit Maschinenpistolen haben beide keine Papiere. Aber es sind Russen, die dritte Leiche ist nämlich Rodion Jarkow, ein Major des FSB. Aus irgendeinem Grund hatte er seinen Pass und seine Ausweispapiere in der Tasche. Er dachte wahrscheinlich, er wäre schon bald wieder in Russland.«
»Ossi, ruf in der Ratakatu an. Wir müssen auch dieNamen der anderen finden«, sagte Ratamo leise. Ihm ging durch den Kopf, ob er das hätte verhindern können, wenn er Otto Forsmans Briefe von Anfang an ernst genommen hätte. Bei dem Gedanken lief es ihm kalt über den Rücken.
Kommissar Niittymaa trat neben die Leiche eines jungen Mannes mit lockigem Haar. »Unbekannt, zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt, ein Schuss mitten in die Stirn.« Dann bewegte Niittymaa seinen muskulösen rechten Arm und zeigte auf eines der Mosaikfenster der Kapelle. »Er wurde vermutlich durch dieses Fenster erschossen. Der Killer muss draußen auf dem Fenstersims gestanden haben.«
Ratamo ging näher an den Toten heran und spürte wieder einmal den bitteren Geschmack im Mund. An den Anblick von Leichen gewöhnte man sich nie.
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