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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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versteckt etwas mitten in der Einöde, stellt die Koordinaten ins Internet, und dann machen sich die Leute mit dem GPS-Gerät auf die Suche nach dem Schatz. Das sind so die Verrücktheiten der Städter. Aber jetzt müssen wir los.«
    Die drei liefen mit ihrem Gepäck zum Parkplatz. Taru Otsamo steckte sich eine Zigarette an und klagte, in Finnland werde man bald nur noch im Krematorium rauchen dürfen. Die Männer verstauten ihre Sachen in einem Geländewagen Mitsubishi Pajero mit einem Werbeschild der »Ivalo-Guides GmbH«, und dann begann ihre Reise.
    Hinter Siskeli wurde die Regionalstraße 969 schlechter. Eerik Sutela bestaunte die Schönheit der Landschaft, als links der Nangu Fjord des Inarisees auftauchte und sich rechts der Sarmitunturi abzeichnete. Lappland musste man selbst gesehen haben, Fotos vermittelten von der weiten und kargen Landschaft und ihrer Schönheit nur eine schwache Ahnung. Ihm schoss ein Gedanke durch den Kopf: Hatte sein Vater die ganze Lapplandreise nur organisiert, um ihm zu helfen, den Tod Marissas zu überwinden? Den Gedanken verwarf er jedoch schnell wieder. Eine derartige Sentimentalität passte nicht zu seinem Vater.
    Taru Otsamo, die am Steuer saß, schaltete das Radio aus,als der Wetterbericht zu Ende war. »Was übrigens die Mücken angeht, ist die Situation in diesem Jahr außergewöhnlich gut. Ich kann mich nicht erinnern, dass es hier einmal Anfang August so wenig Stechmücken gegeben hat.«
    Taru Otsamo war nicht nur eine interessante Frau, sondern auch eine energische Führerin; dennoch schwirrten Sutela einige unangenehme Fragen durch den Kopf. Warum hatte sein Vater ihm gerade die Ivalo-Guides empfohlen? Gab es eine Verbindung zu einem Mitarbeiter der Firma? Taru jedenfalls kam da wohl nicht in Frage, er glaubte nicht, dass sein Vater irgendeine Frau unter sechzig kannte. Sutela hatte die Befürchtung, dass ihn die falsche Führerin begleitete.
    »Ist Ivalo-Guides eine große Firma oder nur ein Familienunternehmen?«, erkundigte sich Sutela.
    »Wir sind drei Guides: ich, mein Vater und mein Onkel Reijo. Eigentlich sollten wir in dieser Woche alle Urlaub haben, aber der Firma geht es derzeit trotz voller Auftragsbücher ziemlich schlecht. Bei den Männern macht sich langsam das Alter bemerkbar …« Sie bremste, als sich eine Rentierherde der Straße näherte.
    »Arbeitest du schon lange in diesem Beruf?«
    »Seit etwa zwei Jahren bin ich fest angestellt, und vorher habe ich jahrelang immer im Sommer hier gearbeitet. Zwischendurch hatte ich versucht, im Süden Finnlands zu leben, aber daraus ist nichts geworden. Überall nur Hektik und Lärm. Und ich hatte auch ein wenig Pech, mit den Männern. Oder mit einem Mann«, erzählte Taru Otsamo mit ernster Miene und wandte den Blick von Sutela ab.
    »Mir ist vor zwei Jahren die Frau an Leukämie gestorben«, erzählte Sutela und war selbst von seiner Offenheit überrascht. Taru Otsamo schaute ihn kurz voller Mitgefühl an.
    »Ich bin auch allein. Paulas Vater Leo starb letztes Jahr ziemlich … unerwartet.«
    »Na ja, gleich sind wir in Virtaniemi«, sagte Taru Otsamo nach einem kurzen Schweigen. »Hinter der Grenze gibt es keine Ortschaften, keine Tankstellen, Geschäfte und keinen Verkehr, und die Straße erinnert in der Regel entweder an einen Kartoffelacker oder einen Sandkasten. Und wenn ihr irgendjemandem etwas mitteilen wollt, dann ist das jetzt die letzte Gelegenheit anzurufen. Hinter der Grenze klappt das vielleicht nicht mehr. Es kann sein, man findet ein Netz, oder eben nicht.«
    Sutela wurde nervös. Woher sollten sie Hilfe bekommen, wenn irgendetwas schiefging? »Spricht jemand Russisch?«, fragte er.
    Ratamo schüttelte den Kopf, aber Taru Otsamo nickte.

10
    Jäniskoski, Dienstag, 8. August
    Der Geländewagen, der in Richtung Petsamo fuhr, schaukelte und wackelte auf dem holprigen Weg so heftig, dass die drei Reisenden es in den Eingeweiden spürten. Arto Ratamo spuckte seinen geschmacklos gewordenen Nikotinkaugummi zum Fenster hinaus. Bis zum Grenzübergang Virtaniemi waren sie so ruhig vorangekommen wie auf Schienen, aber auf der russischen Seite wurde die Straße erst schlecht und dann fast unbefahrbar. Für die fünfzehn Kilometer hatten sie eine Ewigkeit gebraucht, hauptsächlich deshalb, weil sie auf Wunsch Sutelas anhalten mussten, um den Proviant in Taru Otsamos Kühltasche zu dezimieren. Sutela und Otsamo saßen vorn und verstanden sich wie alte Freunde, obwohl sie einander erst seit ein paar Stunden

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