Aschenputtel: Thriller (German Edition)
eine Zugfahrkarte nach Umeå zu ihrer Großmutter gekauft und hätte…«
» Umeå?«, unterbrach Peder sie.
» Ja, Umeå. Sie hätte am selben Morgen, an dem wir sie tot aufgefunden haben, also gestern, von Jönköping nach Umeå fahren sollen.«
Peders Herz schlug jetzt schneller.
» Weiß die Großmutter, wer er ist? Also, der Typ, dessentwegen sie die geschützte Identität bekam?«
» Das ist eine verwickelte Geschichte«, seufzte Anna Sandgren resigniert. » Aber kurz gesagt war es folgendermaßen: Nora, also die ermordete Frau, wohnte bis vor sechs, sieben Jahren in einem kleinen Ort außerhalb von Umeå. Ihr ging es zu der Zeit nicht besonders gut. Sie war depressiv und oft krankgeschrieben. Sie hatte wohl eine schwere Kindheit in verschiedenen Waisenhäusern hinter sich. Ihre Eltern waren beide tot…«
Peder holte Luft.
» Eigentlich sollten Sie direkt mit Noras Großmutter sprechen«, unterbrach Anna Sandgren sich selbst. » Wir haben nur am Telefon mit ihr sprechen können, und die Nachricht vom Tod ihrer Enkelin hat sie sehr mitgenommen. Aber zumindest haben wir von ihr erfahren, dass sie damals in einer Beziehung gelebt hatte, die wohl ziemlich gestört war. Die Großmutter hat den Mann nie kennengelernt. Eines Tages hatte Nora genug und ist weggezogen. Sie schaffte es, dass man ihr eine Tarnidentität bewilligte, ohne dass sie den Mann identifizieren musste. Ihre Verletzungen waren offensichtlich gut genug dokumentiert. Ich glaube nicht, dass die Polizei damals irgendwelche Anstrengungen unternommen hat, um ihn zu finden. Das hätten auch wir nicht getan– es gab ja nicht einmal einen Namen, von dem man hätte ausgehen können.«
» Wir auch nicht«, entfuhr es Peder.
» Aber jetzt wisst ihr zumindest, was passiert ist«, sagte Anna Sandgren in dem Versuch, das Gespräch abzuschließen. » Wir halten euch natürlich über unsere Ermittlungsarbeit auf dem Laufenden, aber momentan haben wir nicht die geringste Spur zu dem Täter.«
Sie lachte trocken.
» Obwohl«, fügte sie ironisch hinzu, » das stimmt natürlich nicht ganz. Eine hauchdünne Spur haben wir, und zwar einen Schuhabdruck, den wir im Flur von Noras Wohnung sicherstellen konnten. Ein Ecco-Herrenschuh in Größe 46.«
Fredrika Bergman kehrte gegen Mittag ins Haus zurück. Sie war erstaunt, als sie an der Löwengrube vorbeikam und Alex dort allein am Tisch sitzen sah. Er hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt, und sein Stift fuhr über ein Blatt Papier, das vor ihm lag.
Endlich ist er aufgewacht, dachte Fredrika bei sich. Erst hatte er den Faden verloren und hat sich verirrt, aber jetzt ist er wieder da.
» Gibt es eine Sitzung?«, fragte sie.
Alex zuckte zusammen.
» Nein, nein«, sagte er schnell. » Ich sitze bloß hier und denke nach. Wie war’s in Uppsala?«
Fredrika dachte nach.
» Gut«, antwortete sie dann. » Richtig gut. Aber mit diesem Schreibkurs ist irgendetwas komisch.«
» Was heißt das, komisch?«
» Irgendetwas muss da passiert sein– oder eigentlich schon vorher–, das Sara Sebastiansson dazu veranlasste, länger zu bleiben als ihre Freundin.«
Alex starrte nachdenklich vor sich hin.
» Ich würde gern nach Umeå fahren«, sagte Fredrika unvermittelt.
» Nach Umeå?«, fragte Alex erstaunt.
» Ja, und mich dort mit den Leuten treffen, die den Schreibkurs abgehalten haben. Vielleicht wissen die ja, was mit Sara Sebastiansson los war.«
Ehe Alex etwas erwidern konnte, fügte Fredrika schnell hinzu: » Und ich würde mich gern noch einmal mit Sara unterhalten. Wenn sie dazu in der Lage und überhaupt schon wieder in der Stadt ist.«
» Sie ist wieder zurück«, sagte Alex. » Sie und ihre Eltern sind heute Morgen zurückgeflogen.«
» Wusstest du, dass ihre Eltern tief religiös sind?«
» Nein«, sagte Alex zögerlich. » Nein, das wusste ich nicht. Ist das in unserem Zusammenhang von Interesse?«
» Vielleicht«, meinte Fredrika. » Vielleicht.«
» Aha«, sagte Alex. » Komm doch rein, setz dich, und erzähl.«
Er lächelte unsicher, als Fredrika über die Schwelle in das Besprechungszimmer trat.
Sie setzte sich Alex gegenüber auf die andere Seite des Tisches.
» Wo ist Peder?«, fragte Fredrika.
» Unterwegs nach Umeå«, antwortete Peder direkt hinter ihr und trat ein, eine Sporttasche über die Schulter geworfen.
Wie ein kleiner Junge, dachte Fredrika. Wie ein Fußballjunge.
Sie zog die Augenbrauen hoch. » Ist etwas passiert?«
Peder sah sich gereizt um. » Haben wir eine
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