Aschenputtel: Thriller (German Edition)
sie irgendetwas Besonderes erzählt, als sie wieder nach Hause kam?«
Maria zog die Augenbrauen zusammen.
» Nein, fast gar nichts.«
» Gab es noch jemand anderen, der so eng mit ihr befreundet war wie Sie?«
» Nein, das glaube ich nicht. Natürlich hatte sie Freundinnen, aber keine davon stand ihr sonderlich nah. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sie mit dem Umzug nach Uppsala am liebsten alles hinter sich lassen wollte. Für sie war der Umzug ein endgültiger Schnitt. In Uppsala war sie mit mehreren Leuten ziemlich eng befreundet. Das war allerdings, ehe sie Gabriel kennenlernte. Denn danach war sie wieder sehr allein.«
Fredrika biss sofort an.
» Sie hatten also noch Kontakt zu Sara, als sie Gabriel kennenlernte?«
» Ja, wir hatten eigentlich gerade angefangen, wieder zueinanderzufinden. Seit der Geschichte mit Umeå waren einige Jahre vergangen, und wir standen kurz vor dem Examen und würden uns bald einen Job suchen müssen. Wir würden einen neuen Lebensabschnitt beginnen und irgendwie endlich richtig erwachsen werden. Aber dann traf Sara Gabriel, und das hat alles wieder verändert. Er hat die vollständige Kontrolle über ihr Leben übernommen. Erst habe ich noch versucht, Kontakt zu ihr zu halten, um…«
Maria verstummte, und nun gab es keinen Zweifel mehr. Sie weinte.
» Um…?«, fragte Fredrika leise.
» Um sie zu retten«, weinte Maria. » Ich habe doch genau gesehen, dass er sie schlug, immer und immer wieder. Und dann wurde sie schwanger. Da brach der Kontakt völlig ab. Seither haben wir uns nicht mehr gesprochen. Ich konnte es nicht ertragen, sie mit ihm zu sehen. Und ehrlich gesagt habe ich es auch nicht ertragen zu sehen, wie sie in seiner Gegenwart verkümmerte, ohne auch nur ansatzweise zu versuchen, sich selbst zu retten.«
Fredrika bezweifelte, dass Sara nicht versucht hatte, sich von Gabriel zu befreien, aber darüber schwieg sie. Stattdessen sagte sie: » Inzwischen hat sie sich von ihm getrennt. Und sie ist ganz schrecklich allein.«
Maria wischte sich ein paar Tränen von einer Wange.
» Wie sieht sie aus?«
Fredrika, die gerade überlegt hatte, ihre Tasche zu packen, um zu gehen, sah auf.
» Wer?«
» Sara. Ich frage mich, wie sie heute aussieht.«
Fredrika lächelte ein wenig.
» Sie hat langes rotes Haar. Schön, wenn man so sagen darf. Und sie lackiert sich die Zehnägel blau.«
Maria stiegen wieder die Tränen in die Augen.
» So wie früher«, flüsterte sie. » Genauso hat sie auch damals ausgesehen.«
Peder Rydh dachte über das Leben im Allgemeinen und über seine Ehe mit Ylva im Besonderen nach. Er kratzte sich besorgt die Stirn. Das tat er immer, wenn er nervös war. Heimlich kratzte er sich auch im Schritt. Irgendwie juckte es heute einfach überall.
Rastlos wie selten jagte er nach der zweiten Tasse Kaffee des Morgens über den Flur. Dann schlich er wieder in sein Zimmer zurück. Sicherheitshalber machte er die Tür hinter sich zu. Er brauchte seine Ruhe.
Der vorherige Abend war ein Albtraum gewesen.
» Wir gehen nach Hause und machen etwas, das Spaß macht«, hatte Alex gesagt.
» Spaß« war nicht gerade das Wort, mit dem Peder den gestrigen Abend beschrieben hätte. Die Jungen hatten schon geschlafen, als er nach Hause gekommen war. Es war einige Tage her, seit er zuletzt so früh dran gewesen war, dass er mit den Kindern hatte spielen und Zeit verbringen können.
Und dann Ylva. Zuerst hatten sie wie erwachsene Leute geredet, aber nach nur wenigen Sätzen war Ylva total ausgeflippt.
» Du glaubst wohl, ich sehe nicht, was du da treibst!«, hatte sie gekreischt. » Das glaubst du wohl, was?«
Wie oft hatte er sie im vergangenen Jahr heulen sehen. Wie oft.
Peder hatte nur eine Waffe zur Verfügung gehabt, mit der er sich hatte verteidigen können, und er schämte sich zu Tode, wenn er daran dachte, wie ruchlos er sie benutzt hatte.
» Begreifst du nicht, mit was für einem verdammt schweren Fall ich es gerade zu tun habe?«, hatte er zurückgeschrien. » Begreifst du nicht, wie verdammt scheiße man sich fühlt, wenn man selbst Vater ist, und überall in Schweden tauchen tote Kinder auf? Das kapierst du nicht, was? Ist es da so verdammt komisch, wenn man mal eine Nacht im Büro schläft? Ist es das?«
Natürlich hatte er gewonnen. Ylva hatte keinen Beweis für ihren Verdacht gehabt, und das Jahr, das hinter ihr lag, hatte sie so geschwächt, dass sie ihrer eigenen Intuition nicht mehr vertraute. Es hatte darin geendet, dass sie sich
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