Ascheträume
habe.«
»Ich glaube dir«, gab er barsch zurück. »Ich merke es, wenn Leute lügen. Sie verströmen einen widerlichen Geruch.« Er kräuselte die Nase und kniff die Augen zusammen. »Du aber duftest!«
»Bleib weg von mir, bitte!«, sagte ich, als ich sah, dass er sich auf mich zubewegte.
Er drehte den Kopf auf die andere Seite und legte ihn übertrieben schräg. Er war immer noch gebeugt.
»Hast du noch immer Angst?«
»Du gehörst sicherlich nicht zu den Menschen, mit denen ich gern einen Spaziergang machen würde«, gab ich zurück.
»Du beleidigst mich!«, sagte er, meinte es aber nicht wirklich so.
Er schien zu scherzen, aber sein Ton blieb weiterhin ernst und bekam stellenweise eine etwas unnatürliche Färbung.
»Es hätte Opfer geben können. Daran solltest du denken, bevor du eine Schule anzündest.«
Ludkar verzog seine dicken Lippen.
»Ich habe doch Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Das war alles nur Theater. Bist du denn nicht zufrieden? Für eine Weile musst du die Schulbank nicht mehr drücken.«
»Komm zum Punkt«, forderte ich ihn auf.
»Es gibt keinen Punkt mehr«, sagte er gereizt. »Mich interessiert dein Vater, du aber kennst ihn nicht.« Er drehte sich um. »Leb wohl!«
Er wollte schon durch die Falltür springen und verschwinden, da ließ mich etwas in meinem Inneren sagen: »Bleib!«
Er tat so, als hätte ich ihn gerufen, drehte aber nur den Kopf. Er hatte ein vollkommenes Profil.
»Also weißt du, entscheide dich mal! Erst soll ich abhauen, dann soll ich hierbleiben?«
»Ich habe nur noch ein paar Fragen an dich«, rechtfertigte ich mich.
Er drehte sich ganz zu mir um und runzelte übertrieben die Stirn.
»Wie schön! Ein Quiz! Das liebe ich!«
Er schien wirklich am Rande des Wahnsinns. Oder der Grausamkeit.
»Sehr witzig!«, sagte ich ein wenig selbstsicherer.
»Ja, ich habe einen ausgesprochenen Sinn für Humor«, fügte er hinzu, und sein Gesicht wurde wieder so ausdruckslos wie die Maske eines Höllenkarnevals.
»Bist auch du ein Vampir?«, fragte ich mit fester Stimme.
Ludkar zog seinen roten Schal gerade, den er wie eine Krawatte um den Hals gebunden hatte.
»Sieht man das denn nicht? Soll ich mir ein Schild umhängen?«
»Ich sehe nicht so oft Vampire.«
»Und wenn, dann sind sie nicht so schön wie ich.«
Er kicherte kalt.
»Ich würde eher das Adjektiv ›verrückt‹ benutzen«, gab ich zurück.
Aber er hatte recht. So grauenerregend er auch aussah und so unmöglich er sich auch verhielt – sein Gesicht war hinreißend. Und die Weste, die er trug, unterstrich noch sein markantes Äußeres.
»Warum hast du die beiden Schulen angezündet?«, fragte ich und hörte auf, mich auf unwesentliche Details zu konzentrieren.
»Um dich zu finden«, sagte er, als sei das vollkommen klar.
»Hättest du nicht jemanden nach meiner Telefonnummer fragen können?«
Ich fand es irgendwie passend, mich an diesem Punkt schlagfertig zu geben.
»Ich wollte dich erschrecken«, sagte er, ohne den Witz zu begreifen.
Er war seltsam. Tat er nur so oder war er wirklich verrückt?
»Na, das hast du ja geschafft!«
»Ich bitte um Vergebung«, sagte er mit einer Verbeugung.
Ich ließ mich nicht beirren und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Um Vergebung bitten kannst du die Schulen.«
Er richtete sich wieder auf und gestikulierte wild in der Gegend herum.
»Du musst verstehen, ich suche deinen Vater schon so lange. Ich musste sichergehen.« Er tippte sich an die Schläfe. »Ich dachte, dass du dich in deiner Angst an ihn wenden würdest. Dann wäre er aus der Versenkung gekommen.«
»Das hätte auch geklappt, wenn ich ihn kennen würde.«
Ludkar ließ seine Arme nach unten fallen.
»Ja, wahrscheinlich«, sagte er und machte ein übertrieben konzentriertes Gesicht. »Weißt du … ich habe dich verfolgt, ich habe dich beobachtet. Sowohl dort im … wie nennst du es gleich? – Cinerarium …?«
»Ja.«
»… als auch in der wirklichen Welt. Du bist ein tolles Mädchen. Du gefällst mir.«
»Für Komplimente ist es ein wenig zu spät.«
Ihm stand kurz der Mund offen, und ich sah seine Zähne. Sie waren klein und spitz.
»Hat es dich nicht amüsiert, was ich mit diesem Jungen gemacht habe? Wie heißt er noch mal? Esteban?«
Mein Blick löste sich von seinem Mund, und ich sah ihn an. »Du warst das?«, fragte ich lachend.
»Ja, ich habe ihm gesagt, dass ich ihm den Kopf abreißen würde«, sagte Ludkar und musste über seine eigenen Worte lachen.
»Sehr nett! Und
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