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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Gabrielle LeBecq gesprochen und ihr vom Tod ihres Vaters berichtet. Sie hatte daraufhin die Polizei verständigt. Sie wußte, daß ich abreisen mußte, und verstand es. Es kam mir ziemlich schäbig vor, sie mit ihrer Trauer und ihren Problemen allein zu lassen, aber ich hatte keine Wahl. Sie versicherte mir, daß sie mit der Galerie genug zu tun haben würde und daß sie Freunde hätte, die ihr über die schlimmste Zeit hinweghelfen würden. Gott sei Dank gehörte sie nicht zu den Leuten, denen man erst alles groß und breit erklären mußte.
    Ich hatte versucht, mich auch noch einmal mit Klaus Richter in Verbindung zu setzen, aber man sagte mir, er sei geschäftlich nach Europa geflogen, und es bestehe keine Möglichkeit, ihn telefonisch zu erreichen. Doch falls ich ihm eine Nachricht hinterlassen wolle, könne ihm diese von seinem Büro in Alexandria übermittelt werden, da er dort jeden Tag anriefe. Nun, alles, was ich für Richter hätte hinterlassen wollen, war nicht unbedingt dafür geeignet, es seinem Büro mitzuteilen. Himmel und Hölle, ich war nicht einmal sicher, was ich ihm eigentlich sagen wollte. Ich hätte ihm höchstens gern die Frage gestellt, warum er mich belogen hatte und was er vor vierzig Jahren mit den Plünderungen und Hehlereien von Kunstgegenständen durch die Kirche zu tun gehabt hatte – und ich hätte auf eine so brisante Frage zweifellos eine entsprechende Antwort bekommen. Ich mußte mir ins Gedächtnis rufen, daß ich Anwalt war: Stelle nie eine Frage, sofern du nicht schon die Antwort weißt. Regel Nummer eins.
    Während der ersten Stunde des Fluges schlief ich wie ein Toter, und als ich aufwachte, mußte ich erst einmal meine verworrenen Gedanken ordnen. Ich kam mir wie ein Dummkopf vor, da ich offensichtlich Schwierigkeiten hatte, alles auf die Reihe zu bekommen. Andererseits war so vieles geschehen. Und nichts in meinem bisherigen Leben hätte mich auf irgendeine Art und Weise auf derartige Probleme vorbereiten können.
    Immerhin hatte meine Tätigkeit als Anwalt mich gelehrt, zunächst einmal alles in Form kurzer Notizen festzuhalten. Nicht einmal ein Anwalt konnte alles im Kopf behalten, und was ich in den letzten Tagen erlebt hatte, übertraf bei weitem den Inhalt der dicksten Prozeßakten, die je auf meinem Schreibtisch gelandet waren. Also holte ich mein Notizbuch hervor und machte mich an die Arbeit. Ich mußte mir wenigstens darüber klarwerden, wo und bei wem ich nach der Ankunft in Paris an meine bisherigen Erkenntnisse anknüpfen konnte.
    Also: Meine Schwester war von Paris nach Alexandria geflogen, um sich mit Klaus Richter zu treffen … und mit Etienne LeBecq. Wobei ich mir nicht ganz im klaren darüber war, wie und wann sie auf LeBecq gekommen war. Im Falle Klaus Richter war die Erklärung naheliegend: Val mußte in Paris, in den Unterlagen Bischof Torricellis, offensichtlich Hinweise auf Richter gefunden haben. Zumal Richter mir gegenüber ja auch zugegeben hatte, er habe Torricelli gekannt, und daß es eine Art Schulterschluß zwischen Kirche und Besatzern gegeben hatte, um die Kirche von Resistance-Zellen sauberzuhalten. Außerdem hatte Richter behauptet, D’Ambrizzi nicht gekannt zu haben, doch das Foto hatte ihn zu einem Lügner gestempelt. Und daß er in den Handel mit geraubten Kunstgegenständen zwischen Kirche und Nazis verwickelt gewesen war, hatte er mir wohlweislich verschwiegen. Verständlich. Auch, daß dieses ›Geschäft‹ auf der Basis gegenseitiger Erpreßbarkeit gelaufen war: Wenn du mich nicht verpfeifst, verpfeif ich dich auch nicht. Und anscheinend wurden diese dunklen Transaktionen noch immer getätigt, so daß noch immer die Möglichkeit bestand, sich gegenseitig in die Pfanne zu hauen, da immer noch alte Nazis gutes Geld verdienten, indem sie das Raubgut aus dem Krieg an die römisch-katholische Kirche verkauften … So weit, so schlecht. Das alles war vergleichsweise einfach zu rekonstruieren. Lief dieses Geschäft inzwischen nur noch auf der Basis gegenseitiger Erpreßbarkeit, ohne umständlich als ›Kunsthandel‹ deklariert zu werden? Nein, das erschien mir denn doch zu einfach. Vierzig Jahre alte gemeinsame Geheimnisse genügten da nicht; es mußte mehr dahinterstecken. Vielleicht, nur vielleicht, hatte es mit der bald bevorstehenden Wahl von Calixtus’ Nachfolger zu tun. Vielleicht, nur vielleicht, zog sich durch die etwa vierzig Jahre irgendein roter Faden, den ich noch nicht entdeckt hatte …
    Also weiter. Die Brüder LeBecq. Der

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