Atlan 12 - Monolith 02 - Todeszone Zartiryt
Kopf. Manchmal benahm sie sich wie eine Zwanzigjährige. Reg war Vergangenheit, und was Männer anging, herrschte bei ihr seit damals Flaute.
Das Ziehen im Nacken kam so unvermittelt, dass sich Naileth Simmers beinahe verschluckt hätte. Der Schmerz zog über Schultern und Rücken in Arme und Beine und ebbte dann schnell ab. Natürlich wusste sie sofort, dass sie soeben die klassischen Symptome eines Transmitterdurchgangs erlebt hatte. Der sogenannte Entzerrungsschmerz war bis heute ein nicht vollständig geklärtes medizinisches Phänomen. Manche Wissenschaftler nahmen an, dass er auf der Unverträglichkeit bioelektrischer Felder mit den Frequenzen des durch einen Transmitter erzeugten Hyperfelds beruhte. In jenen Zeiten, in denen man noch mit Transitionstriebwerken geflogen war, hatte es vor allem im militärischen Sektor umfangreiche Forschungen zu diesem Thema gegeben, denn der Entzerrungsschmerz war ein maßgeblicher Faktor, wenn es darum ging, wie schnell eine Raumschiffbesatzung nach einem Wiedereintritt auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren konnte. Eindeutige Resultate hatte man trotz großer Bemühungen nicht erzielt.
Noch bevor die Kommandantin der IMASO die Interkomverbindung zur Zentrale aktivieren konnte, heulte der Alarm durch den Kreuzer, und ihr Kombiarmband signalisierte mit einem Zirpen, dass sie jemand über die Notfrequenz sprechen wollte. Im gleichen Augenblick erloschen die Lichter und gingen kurz darauf mit dem Einsetzen der Notstromversorgung wieder an.
»Simmers hier«, meldete sich die Gäanerin. Sie war längst aufgesprungen und durch das sich nur widerspenstig öffnende Schott ihrer Kabine in den dahinter liegenden Rundgang geschlüpft. Im Laufschritt – und barfuß – überbrückte sie die wenigen Meter zum Kommandostand. Ihre Stiefel hatte sie in der Eile nicht gefunden; vermutlich lagen sie unter dem Bett.
»Die IMASO wurde soeben von ihrem Standort im Trümmerfeld des Black Holes über 121 Millionen Kilometer in den Orbit um Zartiryt transmittiert.« Torben Santorin gab sich sichtlich Mühe, seine schier unglaubliche Aussage in sachlichem Ton vorzutragen.
»Meiler 1 bis 12 ausgefallen. Notstromaggregate intakt, aber wir können weder einen Schutzschirm errichten noch die Triebwerke oder unsere Waffen einsetzen. Die Ortung zeigt nichts an. Ich habe keine Ahnung, was hier gerade passiert ist.«
Auch das Doppelschott zur Zentrale wich nur zögerlich zur Seite. Mit einem schnellen Blick erfasste die Kommandantin die Lage. Alle Stationen waren bereits besetzt, die wichtigsten sogar doppelt, was daran lag, dass Lordadmiral Atlan darauf bestanden hatte, den vorläufigen Gefechtsalarm aufrechtzuerhalten.
»Redet mit mir«, rief Naileth Simmers und ließ sich in ihren Sessel fallen. Mit fliegenden Fingern tippte sie den sechsstelligen Überrangkode in das Sensorfeld der Armlehne. Sofort wurden die Verbindungen zu den Kommandoknoten geschaltet und die Klarmeldungen eingeblendet. Die Techniker unter Milton Elks waren bereits zum Maschinenraum unterwegs, um die Ursache des plötzlichen Ausfalls der Reaktoren zu untersuchen. Die Wiederherstellung der Energieversorgung besaß erste Priorität.
»Da gibt es nichts zu reden, Madam«, ergriff Torben Santorin das Wort. »Wir orten, messen und scannen mit allem, was wir haben. Nichts!«
»Wenn wir von einem Transmitter abgestrahlt wurden, dann muss es entsprechende Emissionen geben«, stellte Naileth Simmers fest.
»Die gibt es wahrscheinlich auch«, entgegnete der Cheforter, »aber sie werden von den bekannten Verzerrungen im Zartiryt-System verschluckt.«
»Na schön«, seufzte die Gäanerin. »Dann sollten wir …«
Das neuerliche Ziehen im Nacken ließ sie verstummen. In den Gesichtern der anderen Anwesenden las sie nicht nur Verblüffung, sondern zum ersten Mal auch einen Anflug von Furcht. Die Panoramagalerie zeigte von einer Sekunde auf die andere die Trümmerwüste rund um das Schwarze Loch. Die IMASO war wieder genau dort, wo sie ein unbekanntes Transmitterfeld nur Minuten zuvor erfasst und Millionen von Kilometern weit in den Orbit Zartiryts transportiert hatte. In Naileth Simmers keimte eine vage Vermutung auf, von der sie hoffte, dass sie sich nicht bewahrheiten würde.
Eine leichte Erschütterung durchlief den Kreuzer. Kurz darauf eine zweite.
»Prallfeld hält«, sagte Ramit Claudrin. »Unser Herzblatt rast noch immer mit einigen hundert Sekundenkilometern durch das Trümmerfeld der Akkretionsscheibe. Mit einem intakten
Weitere Kostenlose Bücher