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Atomvulkan Golkonda

Atomvulkan Golkonda

Titel: Atomvulkan Golkonda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkadi & Boris Strugatzki
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massiven Stahltüren. Vor der letzten Tür – der Außenluke – hält er inne und blickt mit glasigen Augen zurück. Am Ende des Ganges ist der Tischrand zu sehen, auf dem sich im Lampenschein eine Tasche aus glänzendem Krokodilleder abhebt. Der Mann streicht mit zitternder Hand über die Stirn und atmet zum letzten Mal die dünne Luft ein.
    »Alexej Petrowitsch !«
    Bykow zuckte zusammen und schaute auf. Besorgt beugte sich Jermakow über ihn.
    »Gehen Sie in Ihre Kabine und versuchen Sie zu schlafen.«
    »Geh, Alexej, geh! Du siehst ja ganz verstört aus«, sagte Dauge.
    Bykow erhob sich gehorsam und ging hinaus. Als er an der Treppe zum Steuerraum vorüberkam, hörte er, wie Bogdan mit monotoner Stimme wiederholte: »We sechzehn. Hier ist Chius . We sechzehn. Hier ist Chius . Bitte melden! Bitte melden!«
    In der Messe sagte Jermakow seufzend: »Ich kenne Robert Lloyd. Ein guter Raumfahrer. Ein hervorragender Gelehrter ...«
    »Ehre seinem Andenken! Er hat sich gut gehalten«, sagte Jurkowski leise.
    »Ehre seinem Andenken ...«
    Sie schwiegen. Plötzlich sprang Dauge auf. »Verdammt noch mal! Mir scheint, wir stehen still. Wir sind irgendwo hineingerutscht und verschüttet ...«
    »Keine Panik, Dauge.« Jermakow lächelte müde.
    Es war Mittagszeit, aber niemand hatte Appetit. Der Kommandant erhob sich als Erster, um seine Kabine aufzusuchen. Krutikow legte Jurkowski die Hand auf die Schulter und sagte schuldbewusst: »Ich glaube, du hattest recht, Wolodja.«
    »Schon gut«, antwortete Jurkowski. »Aber da gibt es noch ein Rätsel, Genossen.«
    Alle blickten ihn fragend an.
    »Lu sagte, er habe nur einen Richtfunksender an Bord, stimmt’s?«
    »Stimmt«.
    »Aber wir haben ihn doch gut gehört.«
    Michail Antonowitsch riss den Mund auf und blickte verwirrt Jermakow an.
    »Aber warum sollten wir denn nicht?«, fragte Dauge.
    »Weil wir in einer ganz anderen Richtung von Lu fliegen als Lloyds Schiff, Freundchen. Ein gerichteter Funkstrahl dürfte uns auf keinen Fall erreicht haben.«
    Dauge fasste sich an den Kopf. »Genug der Rätsel. Das ist schon beinahe nicht mehr zu ertragen!«
    Jermakow und Michail Antonowitsch begaben sich sofort in den Steuerraum und forderten auch Jurkowski auf mitzugehen.

Die Venus aus der Vogelperspektive

    Die Funkverbindung setzte vierundzwanzig Stunden später ebenso plötzlich wieder ein, wie sie abgerissen war. Offenbar hatte die Chius die »verhexte Stelle« passiert – dieses merkwürdige Gebiet im Raum, das hinsichtlich der Funkwellen noch unbekannte Eigenschaften in sich barg. In der Messe wurde viel über diese Erscheinung diskutiert. Manche der geäußerten Vermutungen waren offenkundig absurd. So erklärte beispielsweise Dauge, dass sie wohl alle einer Massenpsychose erlegen wären. Jurkowski dagegen versuchte eine Hypothese irgendwelcher vierdimensionaler Reflexionen auszuarbeiten, bemüht, mit Hilfe des besten Mathematikers an Bord, Michail Antonowitsch Krutikow, »einen physikalisch korrekten Begriff« für einen Raumabschnitt zu finden, der die elektromagnetischen Schwingungen nur in einer Richtung durchließe. Was Bykow betraf, so kränkte ihn anfangs der Gleichmut der Kameraden gegenüber Lloyds Tod. Er empfand es geradezu als eine Lästerung, dass sie über Theorien und Formeln sprachen, obwohl sie erst vor zwei Stunden Zeugen eines solchen Unglücks gewesen waren. Die Havarie der Star hatte ihn zutiefst erschüttert. Wie betäubt wanderte er durch das Schiff und konnte sich nur mit Mühe zwingen, auf Fragen zu antworten und Jermakows kleine Aufträge zu erfüllen.
    Bis zu dem Punkt, wo das Raumschiff der Venus begegnen sollte, blieben noch fünfzehn bis zwanzig Millionen Kilometer. Der Flug näherte sich seinem Ende. Bald kam der schwierigste Augenblick der Expedition – die Landung auf der Oberfläche der Venus. Mit wenigen Ausnahmen war das bisher nicht einmal den besten Raumfahrern der Welt gelungen. Und nicht Tadel, sondern Nachahmung und höchstes Lob verdienten Menschen, die sich mit gut trainierter Willenskraft zwangen, die durchstandenen Prüfungen, sogar die jüngsten, zu vergessen und ihr ganzes Augenmerk auf die künftigen zu lenken. Das war es, was Bykow zunächst nicht begriffen hatte. Doch nun sah er in seinen Gefährten Kämpfer, die zum Angriff angetreten waren: Nachdem sie ihre Toten zurückgelassen und in aller Eile die frischen Wunden verbunden hatten, bereiteten sie sich zum letzten, entscheidenden Schlag vor, der ihnen den Sieg bringen

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