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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur
Autoren: Agatha Christie
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und eines weiteren Doktors, den wir befragten, kann die Narbe hinter dem Ohr Ihres Mannes nicht älter als fünf bis sechs Jahre sein.«
    »Unsinn«, sagte Mrs Rival. »Das glaube ich nicht. – Ich – niemand kann das behaupten. Jedenfalls war es nichts als…«
    »Sie verstehen also«, fuhr der Inspektor mit sanfter Stimme fort, »wenn diese Wunde erst vor vier oder fünf Jahren eine Narbe hinterlassen hat, kann dieser Mann – sofern er Ihr Ehemann war – keine Narbe gehabt haben, als er Sie 1950 verließ.«
    »Vielleicht nicht. Jedenfalls war es Harry.«
    »Aber Sie haben ihn doch seitdem nicht mehr gesehen, Mrs Rival. Und wenn Sie ihn seitdem nicht mehr gesehen haben, wie konnten Sie dann wissen, dass er seit fünf oder sechs Jahren eine Narbe hat?«
    »Sie bringen mich ganz durcheinander, völlig. Vielleicht liegt es nicht so lange zurück. Vielleicht habe ich ihn ein oder zwei Jahre später getroffen. Mir ist beinahe so. Jedenfalls hatte Harry diese Narbe, das weiß ich.«
    »Gut«, sagte Inspektor Hardcastle und stand auf. »Sie sollten sich Ihre Aussage vielleicht noch einmal sehr sorgfältig überlegen, Mrs Rival. Sie wollen doch sicherlich keine Schwierigkeiten haben.«
    »Was meinen Sie mit Schwierigkeiten?«
    »Nun, Meineid… Ja, nach dem Gesetz ist es ein schweres Vergehen. Sie könnten sogar ins Zuchthaus kommen deswegen. Natürlich standen Sie nicht unter Eid, als Sie vor dem mit der Untersuchung der Todesursache betrauten Richter aussagten. Es könnte aber sein, dass Sie diese Aussage einmal vor einem ordentlichen Gericht beschwören müssten. Dann nun, überlegen Sie es sich gut, Mrs Rival. Vielleicht hat Ihnen jemand – vorgeschlagen, uns diese Geschichte von der Narbe zu erzählen?«
    Mit flammenden Augen erhob sich Mrs Rival. In diesem Augenblick war sie tatsächlich großartig.
    »So einen Blödsinn habe ich in meinem ganzen Leben nicht gehört. Ich versuche, meine Pflicht zu tun. Ich komme und helfe Ihnen, ich berichte alles, an das ich mich erinnern kann. Wenn ich einen Fehler gemacht haben sollte, dann wäre das verständlich genug. Schließlich lerne ich eine ganze Menge Freunde kennen, und man bringt gelegentlich etwas durcheinander. Aber ich glaube nicht, dass ich einen Fehler gemacht habe. Dieser Mann war Harry, und Harry hatte eine Narbe hinter dem linken Ohr. Und jetzt, Inspektor Hardcastle, werden Sie gehen, statt mich zu beschuldigen, Lügen zu erzählen.«
    Prompt stand Hardcastle auf.
    »Gute Nacht, Mrs Rival. Überlegen Sie es sich. Das ist alles.«
    Mrs Rival warf den Kopf zurück. Hardcastle ging. Im selben Moment änderte sich Mrs Rivals Haltung völlig. Sie sah erschrocken und bekümmert aus.
    »Mich in so etwas hineinzuziehen. Ich mache nicht mehr mit. Mir Geschichten zu erzählen, mich zu belügen, zu betrügen. Es ist Wahnsinn. Einfach Wahnsinn. Das werde ich sagen.«
    Unschlüssig ging sie auf und ab, nahm schließlich einen Schirm und verließ wieder das Haus. Sie ging bis zum Ende der Straße, zögerte an der Telefonzelle, ging dann aber weiter zur Post. Dort ließ sie sich Geld wechseln und ging zum Telefonautomaten. Sie erkundigte sich bei der Auskunft nach einer Nummer und wartete, bis die Verbindung hergestellt war. Dann sprach sie.
    »Hallo… Oh, Sie sind es. Hier ist Flo. Ich weiß, ich sollte nicht, aber ich musste. Sie sind nicht ehrlich gewesen, haben mir nie gesagt, auf was ich mich da einlasse. Sie haben nur gesagt, dass es für Sie unangenehm würde, wenn man den Mann identifizierte. Ich hab keine Sekunde daran gedacht, dass ich in einen Mordfall verwickelt werden könnte… Natürlich sagen Sie das jetzt, aber es ist nicht das, was Sie mir vorher sagten… Ja, ich nehme an, dass Sie irgendwie damit zu tun haben… Es gibt so etwas wie Beihilfe. Ich hab Angst, sag ich Ihnen. Mir zu sagen, ich soll das über die Narbe schreiben. Wie es jetzt aussieht, hat er die erst seit ein oder zwei Jahren, und da stehe ich und schwöre, dass er sie hatte, als er mich vor Jahren verließ. Nein, es hat keinen Sinn, mich überreden zu wollen… Nein… jemandem einen Gefallen zu tun, ist… ja, ich weiß, Sie haben mich dafür bezahlt, wenn auch nicht besonders gut. Schön, ich höre, aber ich werde nicht… Schon gut, ich werde den Mund halten… Wie bitte? Wie viel?… Das ist eine Menge Geld. Wie soll ich überhaupt wissen, dass Sie so viel haben? Natürlich, das wäre etwas anderes. Sie schwören, dass Sie nichts damit zu tun hatten? Ich meine, mit irgendeinem Mord?
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