Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
offenbar nicht die Absicht hatte, gleich auf den Grund seines Besuchs zu sprechen zu kommen. Resigniert zuckte sie die Achseln und machte sich auf eine schleppende Unterhaltung gefasst.
Bisher hatte Griff nicht viel mehr getan, als sie für ihr unvorsichtiges Benehmen zu tadeln. Doch wenn sie richtig darüber nachdachte, war es wirklich nicht besonders klug, die Tür für die Nachbarin offen zu lassen. Sie hatte hart dafür gearbeitet, sich wieder sicher zu fühlen, und konnte es sich nicht leisten, dieses Gefühl leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Ein Wachmann saß am einzigen Eingang zum Haus, und da es pro Etage nur wenige Wohnungen gab, kannten die Wachmänner alle Mieter beim Namen. Chelsie fühlte sich gut beschützt, deshalb hatte sie sich für diese Wohnung entschieden. In Zukunft wollte sie besser aufpassen.
Als sie aufgewacht war und einen Mann über sich gesehen hatte, war sie beinah zu Tode erschrocken. So übertrieben hatte sie schon seit Jahren nicht mehr reagiert. Offenbar besaß Griffin Stuart die seltene Gabe, die schlechtesten Erinnerungen ihres Lebens heraufzubeschwören, doch das konnte sie ihm nicht vorwerfen – nur sein schlechtes Benehmen. Womit sie wieder bei der Frage war, was er von ihr wollte.
»Magst du etwas trinken?«, fragte Chelsie, als ihr klar wurde, dass er sich nicht drängen lassen würde.
Griff schüttelte den Kopf. Chelsie kuschelte sich in einen großen Sessel und deutete auf die Couch.
»Nein danke.« Griff setzte sich ihr gegenüber und stützte sich auf die Ellbogen. »Du bist wesentlich gastfreundlicher, als ich es gewesen bin.«
»Das ist noch untertrieben. Was kann ich für dich tun?«
Müde wischte Griff sich mit der Hand über das Gesicht. Zum ersten Mal betrachtete Chelsie ihn richtig. Er hatte dunkle Ringe um die Augen und Bartstoppeln auf den Wangen. Er wirkte völlig erschöpft und gleichzeitig unglaublich sexy. Überrascht stellte sie fest, dass ihr heiß im Bauch wurde.
Es war Jahre her, dass sie auf einen Mann reagiert hatte. Sie hatte angenommen, ihr sexuelles Verlangen sei zusammen mit ihrer Ehe und ihrem ungeborenen Kind gestorben. Doch offensichtlich hatte Griff mehr als nur Erinnerungen in ihr geweckt. Er rief auch Sehnsüchte und Begierden wieder wach. Lauter Gefühle, die sie vor langer Zeit begraben hatte und nicht wieder zu beleben wagte. Hoffentlich verriet er ihr den Grund seines Besuchs bald.
»Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, sagte er endlich. »Und nach deinem Auftritt im Sorgerechtsprozess schuldest du mir einen.«
Sein hochnäsiger Tonfall ließ Chelsies erwartungsvolle Neugier abrupt in Ärger umschlagen . »Ich schulde dir etwas?« Empört über seine Dreistigkeit schüttelte sie den Kopf. »Versuch es noch einmal ohne Schuldzuweisungen. Ich habe mich bereits entschuldigt, und zwar nicht nur ein-, sondern zweimal. Daraufhin hat man mich angeblafft. Mir wurde deutlich zu verstehen gegeben, dass ich mich von dir und meiner Nichte fernhalten soll. Und danach, falls du dich zu erinnern beliebst, hast du mich praktisch aus dem Haus geworfen. Wenn du also meinst, dass ich noch nicht genug dafür bestraft worden bin, diesen verdammten Fall angenommen zu haben, überleg noch mal.«
Chelsie hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen. Nicht einmal ihre eigenen Eltern hatten nach dem verlorenen Prozess Einsicht gezeigt. Stattdessen waren sie ins sonnige Florida geflogen, um sich zu »erholen«. Chelsie stand weder Vater noch Mutter besonders nahe, deshalb hatte sie sich nach dem Tod ihrer Schwester so sehr bemüht, die Familie zusammenzuhalten. Seither plagten sie jedoch Gewissensbisse wegen dieses törichten Versuchs.
Griffs anhaltende Feindseligkeit störte sie mehr als die ihrer eigenen Blutsverwandten und mehr, als sie zugeben wollte. Sie schaute ihm in die Augen. »Wie es aussieht, habe ich dich sehr viel besser behandelt als du mich. Also frage ich dich noch einmal: Was kann ich für dich tun?«
Griff schluckte so schwer, dass sein Adamsapfel hüpfte. Chelsie fragte sich, ob er wohl gerade seinen Stolz hinuntergeschluckt hatte.
Seine funkelnden Augen spiegelten den Kampf in seinem Innern wider und gefielen ihr besser, als gut für sie war.
»Ich brauche dich«, gestand Griff widerwillig. »Das heißt, ich brauche deine Hilfe bei Alix.« Dann machte er sich auf Chelsies »Habe ich dir doch gesagt« gefasst.
Er war an diesem Abend nicht gerade geschickt vorgegangen, daher rechnete er damit, dass sie es ausnutzte, die Oberhand
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