Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
zu kommen.
Wie konnte sie ihre Seelenruhe so in Gefahr bringen? Wie konnte sie sich weigern?
Es wurde schon dunkel, als Chelsie vor dem großen Haus mit dem frisch gestrichenen weißen Lattenzaun um den Vorgarten parkte. Rote Topfgeranien, die gerade zu blühen begannen, säumten die drei Eingangsstufen, die zum Haustürvorbau führten. Einen hübscheren Platz zum Aufwachsen konnte ein Kind nicht finden, was, so vermutete Chelsie, für Griff den Ausschlag gegeben hatte. Es war kitschig und dennoch perfekt.
Mit schnellen Schritten ging sie über den gepflasterten Weg, voller Angst, dass sie sonst vielleicht kehrtmachte und weglief. Dieses Haus war nicht nur der Traum eines jeden Kindes, auch eine Familie konnte keinen schöneren Platz finden, um ihn mit Erinnerungen zu füllen.
Mrs. Baxter öffnete, strahlte sie an und bat sie mit freundlichen Worten, ihr ins Haus zu folgen.
»Gib’s zu, du Feigling. Du hast keine Angst davor, wie er darauf reagiert, dass du schon wieder unangekündigt auftauchst, du hast Angst davor, dass sein Angebot nach wie vor steht«, murmelte Chelsie vor sich hin.
»Haben Sie etwas gesagt?« Die ältere Haushälterin blieb auf halbem Wege stehen und drehte sich zu Chelsie um.
»Ich sagte, es tut mir leid, dass ich immer wieder hier hereinplatze, ohne vorher anzurufen.« Chelsie zwang sich zu lächeln.
»Unsinn. Kommen Sie einfach mit. Die beiden sind da drin.« Mrs. Baxter deutete auf einen Bogengang. »Sie, Miss Russell, sind genau das, was diese Familie braucht.«
Diese Feststellung erweckte in Chelsie den dringenden Impuls, sofort die Flucht zu ergreifen. Sie drehte auf dem Absatz um, um wieder zu ihrem Auto zu laufen. Bis acht Uhr konnte sie sich in ihrem Büro in Sicherheit gebracht haben. Es war immer noch Arbeit zu erledigen. Verschiebe nichts auf morgen, was du heute kannst besorgen. Gab es nicht so ein Sprichwort?
Sie war nur einen Schritt weit gekommen, als Mrs. Baxter ihrem feigen Rückzug ein Ende setzte. »Alix, rat mal, wer dich besuchen kommt.«
Es war zu spät zum Weglaufen oder Verstecken. Zögernd drehte Chelsie sich wieder um.
»Die Kleine lässt das Buch, das Sie ihr mitgebracht haben, nicht mehr aus den Augen«, sagte die Haushälterin mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht.
»Oh.« Chelsie spürte, dass ihr die Knie weich wurden. Sie hatte den Punkt verpasst, an dem ein würdevoller Abgang noch möglich gewesen wäre. Also holte sie tief Luft und folgte Mrs. Baxter in die Küche. Blieb nur die Hoffnung, dass Griff bessere Laune hatte als sie.
»Ich sagte, iss es, und nicht, wirf es.«
Chelsie blieb im Türrahmen stehen und sah ungläubig zu, wie Griff sich Kartoffelpüree von Gesicht und T-Shirt wischte.
»Probieren wir es noch einmal, Schätzchen.« Er füllte einen weiteren Löffel und versuchte, Alix zu füttern, die seine Hand aber auf halbem Wege abfing und seine Bemühungen zunichtemachte. »Ich warne dich. Wenn das Essen wieder nicht in deinem Bauch landet, werfe ich es in den Müll.«
Chelsie wusste – so wie Griff wahrscheinlich auch – , dass vernünftiges Argumentieren bei einer Zweijährigen ebenso wenig bewirkte wie bei einem sturen Mandanten. Doch ihm dabei zuzusehen, wie er genau das versuchte, und zwar mit weit mehr Geduld, als sie ihm zugetraut hätte, machte ihn ihr nur noch sympathischer. Der Junggeselle mit dem lockeren Lebenswandel hatte es wieder einmal geschafft, sie positiv zu überraschen.
Der Löffel erreichte den Mund des kleinen Mädchens, doch statt zu schlucken, grinste Alix und spuckte den Brei wieder aus. Stöhnend gab Griff sich geschlagen und warf das Handtuch auf den Kinderstuhl. »Ich geb’s auf. Wenn du solchen Unsinn machst, kannst du keinen Hunger haben.«
Chelsie unterdrückte den Impuls, über die Art, wie das Kind den Mann manipuliert hatte, zu kichern.
»Mrs. Baxter!«, rief Griff alles andere als leise.
»Direkt hinter Ihnen, Mr. Stuart.« Als Griff die sanfte Stimme seiner Haushälterin hörte, drehte er sich hastig um.
»Tut mir leid. Ich habe Sie nicht kommen hören.«
»Ich weiß. Sie waren auf etwas anderes konzentriert.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, das Kind zu säubern, während ich mich um mich selbst kümmere?«
Da konnte nur eine Dusche helfen, dachte Chelsie. Ohne Vorwarnung sah sie vor ihrem geistigen Auge einen kräftigen Körper und Wasserstrahlen, die auf nackte Haut trafen. Sie bemühte sich, die verführerischen Bilder, die sie heraufbeschworen hatte, zu verdrängen, doch
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