Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
Nach kaum einer Woche bearbeitete er bereits jeden Fall auf eine eigene Weise, die auf die jeweilige Mandantin zugeschnitten war. Er machte seine Sache gut und hatte es gar nicht nötig, sie bei jeder Kleinigkeit um Rat zu fragen, doch er tat es trotzdem.
Es war nur ein Vorwand, um ihr nahe zu sein. Chelsie hatte seine Absicht durchschaut und ihn sogar einmal darauf angesprochen. Doch er hatte nur gelacht und sie daran erinnert, dass sie um sechs zu Abend essen würden. Keine Widerrede.
Auch das hatte sich geändert. Sie lachten nun freier und häufiger bei der Arbeit – alle beide. Chelsie ertappte sich dabei, wie sie bei dem Gedanken lächelte. Nannte man so etwas nicht eine vertrauensbildende Maßnahme? Wenn dem so war, hatte sie Spaß daran.
Es klingelte an der Tür zum Büro. Chelsie sah auf ihre Armbanduhr. Halb fünf, die letzte Post für den Tag. Wenn das Paket die Unterlagen enthielt, auf die sie wartete, würde sie den größten Teil der Nacht durcharbeiten und einen Schriftsatz für morgen vorbereiten. Wenn nicht, musste sie um einen Aufschub bitten.
Sie öffnete die Tür.
»Für Sie«, sagte der Bote.
»Danke, Frank.«
»Ich brauche eine Unterschrift. Dies ist für Sie persönlich.«
Chelsie zog eine Augenbraue in die Höhe und unterschrieb.
»Schönen Tag noch.« Der Mann drehte sich um und ging zu seinem Wagen zurück.
Neugierig erbrach Chelsie das Siegel, zog die offiziellen Dokumente aus dem Umschlag und begann zu lesen. Vom Familiengericht. Ein Bescheid über eine legale, gültige Änderung des Sorgerechts für das minderjährige Kind Alix Stuart.
Chelsies Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb. Sie hatte sich schon gefragt, ob Griff ihre Zukunft wohl sichern wollte, indem er sie davon überzeugte, dass er ihr nun glaubte, dass sie ihn seinetwegen und völlig unabhängig von ihren Gefühlen für Alix liebte. Außerdem hatte sie sich gefragt, ob er dabei bleiben würde, keine eigenen Kinder zu wollen.
Jetzt wusste sie es.
»Ich sage dir, Frauen sind die Mühe nicht wert«, brummte Ryan. Er nahm eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und ließ sich auf den nächstbesten Küchenstuhl fallen.
»Das sind ja ganz neue Töne. Ich nehme an, deine aktuelle Freundin hat dich in die Wüste geschickt«, sagte Griff grinsend.
Ryan zuckte die Achseln. »Sie konnte sich nicht an meine Arbeitszeiten gewöhnen.« Er trank einen Schluck und streckte die Füße aus.
Von seinem Freund inspiriert, lockerte Griff den Knoten seiner Krawatte. »Hast du jemals daran gedacht, eine Familie zu gründen?«, fragte Griff.
Ryan lüpfte eine Braue. »Wenn ich so eine Freundin hätte wie du, würde ich es vielleicht tun.«
»Erklär mir, was an meiner so besonders ist, und ich versuche, etwas Passendes für dich zu finden.« Seit Chelsie aus Florida zurück war, fiel es Griff verdammt schwer herauszufinden, wie es um ihre Beziehung stand.
»Wir zwei geben ein erbärmliches Bild ab. Alle beide«, sagte Ryan und leerte die Coladose in einem Zug.
Griff musste ihm zustimmen. Außerdem fragte er sich, ob es bald nicht noch schlimmer um ihn stehen würde. Da Chelsie seiner Meinung nach erst noch etwas Normalität in ihrem Leben brauchte, hatte er eine Weile gewartet, ehe er seinen letzten Pfeil aus dem Köcher zog. Es hatte ihn sieben schlaflose Nächte gekostet, bis ihm endlich die eine Sache eingefallen war, auf der sie ihr gemeinsames Leben aufbauen konnten – zumindest hoffte er das.
Wenn Chelsie heute nicht überwältigt war, gab es nichts mehr zu sagen. Dann würde er, verdammt noch mal, die Partnerschaft selber beenden. Er konnte sie nicht den ganzen Tag im Büro sehen und sich nach der Arbeit von ihr trennen.
Auf der Hintertreppe, die von außen zum Büro führte, waren Schritte zu hören. Er wandte sich an Ryan. »Nicht, dass ich dir nicht dankbar wäre, dass du mich vom Gericht abgeholt hast, aber musst du nicht irgendwo anders hin?« Griff hatte sein Auto Mrs. Baxter gegeben, damit sie die längst überfälligen Einkäufe erledigen konnte.
Die Schritte wurden von einem lauten Klopfen abgelöst. Ryan schaute zur Verbindungstür. »Meinst du nicht, du solltest ihr einen Schlüssel geben?«, fragte er. »Vielleicht fühlt sie sich dann erwünschter.«
Griff verdrehte die Augen. »Weißt du was?«, fragte er, während er zur Tür ging. »Wenn du dich dünne machst, gebe ich Chelsie einen Schlüssel. Damit sie dich aussperren kann.«
Ryan stand auf und warf die Coladose in den Wertstoffsammler unter der Spüle.
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