Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
sehen.«
Überrascht riss Chelsie die Augen auf. Sie hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass er ihr diese Bitte abschlagen würde, aber wenn er das vorhatte, würde sie sich zur Wehr setzen.
»Erst müssen wir eines klären.«
Alix sprang von Chelsies Schoß, lief zum Couchtisch und zerrte eine dicke Zeitschrift auf den Boden. Dann begann sie, von der Mitte ausgehend eine Seite nach der anderen herauszureißen. Gern hätte Chelsie darüber gelacht, doch sie konnte nur noch an Griffs Worte denken.
»Und das wäre?«
Er lehnte sich an die Wand. Er hatte die Ärmel seines marineblauen Pullovers hochgeschoben und die Hände in die Taschen seiner khakifarbenen Hose gesteckt. »Wie sehr liebst du Alix?«
»Ist das eine Fangfrage?« Liebte sie das Kind zu sehr, hieß das, dass Griff mit seinem Vorwurf recht gehabt hatte. Liebte sie es zu wenig, schränkte er ihre Zeit mit Alix ein.
»Nein. Gib mir einfach eine ehrliche Antwort.«
Chelsie nickte und beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen. Abgesehen von großzügigen Besuchsregelungen hatte sie nichts mehr zu verlieren. »So als wäre sie meine eigene Tochter, wenn nicht mehr.«
»Mir geht es genauso.« Griffs offenes, ehrliches Lächeln war so umwerfend, dass Chelsie beinah das Atmen vergaß.
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Ich liebe dich. Und ich habe tatsächlich nach einem Vorwand gesucht, um dich zu vertreiben. Aber das ist jetzt vorbei.«
»Wie bitte?« Chelsie musterte ihn mit schmalen Augen. Nie in ihrem Leben hatte sie so verzweifelt an jemanden glauben wollen wie an ihn, aber der Schmerz, den er ihr zugefügt hatte, saß tief.
»Das ist vorbei.« Griff hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, dann legte er seine Stirn an ihre. »Ich kann mich kaum noch erinnern, wie ich war, ehe ich dich kennenlernte. Als Jared starb, war ich am Boden zerstört. Danach habe ich Alix zuliebe so getan, als wäre alles in Ordnung. Aber ihr ging es auch nicht besonders, deshalb haben wir uns an dich gewandt. Und du hast uns beide gerettet.«
Abwehrend schüttelte Chelsie den Kopf.
»Doch. Wir alle haben wieder angefangen zu leben. Sogar du. Du hattest dich in dieser verdammten Wohnung verschanzt und dafür gesorgt, dass du genug Arbeit hattest, um sieben Tage die Woche rund um die Uhr beschäftigt zu sein. Auf diese Weise brauchtest du dich an nichts zu erinnern und musstest nichts fühlen.« Er hob den Kopf und sah ihr in die Augen. »Genau wie ich.«
Chelsie klappte den Mund auf, um etwas zu erwidern, aber die Worte blieben ihr im Halse stecken. Griff sagte alles, was sie sich erträumt hatte, trotzdem konnte sie einfach nicht glauben, dass er über Nacht seine Meinung geändert hatte. Und was noch wichtiger war, sie konnte ihm nach wie vor nicht die Kinder schenken, die er sich wünschte und auch haben sollte. »Was soll das heißen?«, fragte sie.
»Dass ich dich liebe. Ich weiß, dass ich dir allen Grund gegeben habe, mir und meinen Worten zu misstrauen, aber das ist vorbei. Und ich habe vor, es dir zu beweisen.«
»Griff, ich … «
Ein warmer Finger legte sich auf Chelsies Lippen. »Kein Wort mehr. Ich wollte nur, dass du es weißt. Dein Vertrauen wird wachsen.«
Wie konnte er wissen, was in ihr vorging? Chelsies Herz klopfte schmerzhaft in ihrer Brust. Sie hatte gelernt, was im Leben zählte. Liebe, Familie und Vertrauen waren die Dinge, die am wichtigsten waren. Gut, sie beide liebten sich und waren mit Alix bereits eine kleine Familie, aber etwas Entscheidendes fehlte. Er hatte in dem Moment, in dem sie ihn am dringendsten gebraucht hatte, kein Vertrauen in sie gehabt.
Wie konnte sie sicher sein, dass er sie nicht wieder von sich stieß? Woher sollte sie wissen, ob er sie nicht eines Tages dafür hassen würde, dass sie ihm nicht so viele Kinder gebären konnte, wie er sich angeblich wünschte?
Griff beobachtete sie sehr genau, und seine dunklen Augen baten sie, ihm zu glauben.
Er hatte ihre Partnerschaft gerettet, obwohl Chelsie sie für beendet gehalten hatte. Sie fragte sich, ob er auch ihre Zukunft retten konnte.
Chelsie stand am Kopierer und wartete darauf, dass er die Kopie einer eidesstattlichen Erklärung ausspuckte. Da Griff an diesem Nachmittag im Gericht zu tun hatte, war es still im Büro. Kein dumpfes Gemurmel am Telefon, keine ständigen Fragen über das Familienrecht und grundlegende Gesprächstechniken – Fragen, die er sich mittlerweile selber beantworten konnte, nachdem Amanda im ganzen Frauenhaus für ihre Kanzlei geworben hatte.
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