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Auf gluehenden Kohlen

Auf gluehenden Kohlen

Titel: Auf gluehenden Kohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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den einem Menschen zustehenden Schutz durch den Fünften und Sechsten Zusatzartikel zur Verfassung der USA vollkommen untergräbt, liegt dann vor, wenn die Polizei eine verdächtige Person darüber täuscht, ob eine Vernehmung stattfindet. Genau das hat Downes getan. Er ließ Gary glauben, es gebe keine Vernehmung. Er redete ihm ein, er sei ein Detektiv.«
    »Sie sind ziemlich tüchtig«, lobte Peter mit aufrichtiger Bewunderung, nachdem er das Material überflogen hatte. Die Fälle waren zwar alt und der Law Review-Artikel war 1979 verfasst worden, aber sie würden es ihm erleichtern, neuere Fälle ausfindig zu machen. »Danke«, erwiderte Donna und errötete über das Kompliment. »Wann haben Sie das denn gemacht?« »In der Mittagspause.«
    »Also, in der wenigen Zeit hätte ich's auch nicht besser machen können. Das wird mir wirklich helfen.« »Meinen Sie?« fragte Donna zuversichtlich.
    »Absolut.«
    Donnas Miene verfinsterte sich. »Haben Sie mit Gary gesprochen?« fragte sie.
    »Gestern das letzte Mal. Es geht ihm den Umständen nach ganz gut. Er scheint das Gefängnis hingenommen zu haben.« »Sicherlich. Gary beklagt sich nie über irgendetwas.« »Sie lieben Ihren Bruder wirklich, nicht wahr?« »Ich liebe ihn sehr. Das tun wir alle.« »Es muss schwer für Sie sein, dass er so, äh... so langsam ist.« Donna lächelte. »Sie meinen zurückgeblieben?« Peter wurde rot. »Ich wollte damit nicht sagen...« »Nein, ist schon in Ordnung. Ich bin es gewohnt. Die Leute meinen immer, dass man einen Menschen, der zurückgeblieben ist, nicht so einfach lieben kann, aber das stimmt nicht. Als Gary klein war, war er so ungeheuer spaßig. Sie wissen, wie hübsch er ist. Also, er war ein wunderschöner kleiner Junge. Immer rannte er herum und lachte. Erst als er älter wurde, bemerkten wir, wie furchtbar langsam er war und wie schwer es für ihn war zu lernen. Eines Tages kam Mom aus der Schule nach Hause. Bis dahin war es nie offiziell gewesen. Nur etwas, was wir wussten, uns aber nie eingestanden. Mom erzählte uns, was Garys Lehrerin über eine Sonderklasse mit anderen langsam Lernendem gesagt hatte. Dann sagte Mom, dass Gary ein Kind Gottes wie jedes andere sei, und alles andere interessiere sie nicht. Wenn Gary zusätzlich Hilfe brauche, solle er sie bekommen, aber sie würde Gary wegen seiner Intelligenz nicht anders behandeln. Was sie betreffe, sei Gary ein freundlicher und braver Junge, und allein darauf komme es an. Ich habe Mom nie mehr geliebt als in dem Moment, wo sie das gesagt hat. Es hat Garys Leben bestimmt. Wir haben ihm nie das Gefühl gegeben, er sei ein Depp, und haben von ihm nie weniger verlangt, als er leisten konnte.«
    Donna hielt inne. Ihre Gesichtsz üge waren zu Stein geworden. »Er ist ein guter Junge, Peter. Ein guter, simpler Junge, genau wie es Mom gesagt hat. Er ist immer so gewesen. Er könnte das nicht tun, was ihm vorgeworfen wird.«
    Peter wollte etwas antworten, um Donna zu beruhigen, aber er wusst e, dass alles, was er sagen würde, einen falschen Klang hätte.
    Donna holte tief Luft und stand auf. Dass sie plötzlich Gefühle gezeigt hatte, war ihr peinlich.
    »Ich... ich gehe wohl besser. Ich muss fürs Abendbrot einkaufen.« »Danke für die Kopien.«
    »Ich hoffe, sie sind eine Hilfe«, meinte Donna, als sie aus dem Arbeitszimmer hinausging.
    Peter schloss die Tür hinter ihr und schlenderte nachdenklich zurück zu seinem Schreibtisch. Donna vertraute ihm wirklich, Gary auch. Sie glaubten, dass er Gary freibekommen würde. War ihr Glaube deplatziert? Peter fiel sein Telefongespräch mit Arnos Geary vom Tag zuvor wieder ein. Sein Chef hatte ihm mit schonungsloser Offenheit gesagt, dass er unfähig sei, einen Mordfall vor Gericht zu vertreten. Irrte sich Steve Mancini in seinem Glauben, dass Peter das Zeug hatte, einen kapitalen Mord zu verteidigen? Machte Peter sich selbst was vor? Und wenn ein mit der Todesstrafe bedrohter Mordfall für ihn in diesem Stadium seiner Laufbahn zu kompliziert war? Was wusste er wirklich darüber, wie man eine Mordanklage gerichtlich verhandelte? Peter kam der Gedanke, dass er sich mit jemandem mit ein wenig Erfahrung auf diesem Gebiet unterhalten sollte, um irgendeinen Eindruck zu bekommen, worauf er sich einließ. Peter suchte die Telefonnummer des Verbandes der Strafverteidiger von Oregon heraus. Die Sekretärin dort gab ihm die Namen von drei Anwälten, die in mit der Todesstrafe bedrohten Fällen erfahren waren. Peter beschloss, nicht die

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