Auf gluehenden Kohlen
Footballspiele der NFL waren der Gipfel seiner geistigen Inter- essen. Nach der Zeit bei den Marines hatte er in Eugene, Oregon, als Polizist gearbeitet, bis es einen Vorfall mit einem Verd ächtigen gegeben hatte. Pullen wurde nicht direkt gefeuert, aber er quittierte auch nicht direkt den Dienst bei der Polizei. Die ganze Geschichte blieb irgendwie unklar, und Pullen zog nach Whitaker, wo er in der Karosseriewerkstatt seines Bruders arbeitete.
Eines Tages bekam Pullen den Auftrag herauszufinden, was die Klopfger äusche verursachte, die Steve Mancini jedes Mal hörte, wenn sein Cadillac über fünfzig führ. Zwischen Gesprächen über Automotoren und Profi-Football erwähnte Pullen seine Polizeivergangenheit. Mancini brauchte gerade für einen Fall, bei dem es um Personenschaden ging, einen Ermittler mit Autokenntnissen, und Pullen erklärte sich bereit, an der Sache mitzuarbeiten. Seitdem hatte er immer wieder mal auf Whitaker begrenzte Ermittlungen für Mancini durchgeführt, und Peter hatte ihn auf Mancinis Empfehlung hin für den Fall Harmon engagiert, als sich herausstellte, dass die anderen Ermittler, die Mancini genannt hatte, keine Zeit hatten. Jake Cataldo arbeitete an der Bar, als Pullen aus der Spätnachmittagssonne in die Kneipe trat. Pullen blinzelte ein paarmal und wartete, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. »Hi, Jake«, grüßte Pullen, als er sich neben ein paar Stammgästen auf einen Barhocker hievte. Cataldo war ein massiger Mann mit kurzem, lockigem, schwarzem Haar und dem bleichen Teint eines Menschen, der den ganzen Tag drinnen verbringt.
»Hi, Barney. Was kann ich für dich tun?«
Pullen bestellte sich ein Bier. Cataldo drehte sich um, um es ihm zu zapfen.
»Was machste denn so in letzter Zeit?« fragte der Barmann, als er das Glas Bier vor Pullen hinstellte.
»Haste von dem Mädel gelesen, das im Park ermordet wurde?«
Cataldo nickte.
»Ich arbeite noch in der Werkstatt, und nebenbei mach ich 'n paar Ermittlungen für den Typen, der die Verteidigung in dem Fall hat.“
»Im Ernst? Du weißt, dass der kleine Harmon hier war in der Nacht, als das Mädel umgebracht wurde. Saß genau hier an der Bar. Hab ihn selber bedient.«
»Ist Harmon Stammgast?«
»Eigentlich nicht. Ich meine, er ist ein-, zweimal rein geschneit.«
»Warum erinnerst du dich 'n dann an ihn?«
»Am nächsten Tag wurde er wegen dem Mord festgenommen. Es kam in den Nachrichten. Sein Foto war in der Zeitung.«
»Du erinnerst dich nicht zufällig, um welche Zeit er reinkam, oder?«
»Zufällig ja. Es war ungefähr fünf Minuten vor Mitternacht.«
»Wieso erinnerst du dich daran?«
»Es war grad 'n Mariners-Spiel, und das verdammte Ding lief nach siebzehn Innings immer noch. Dann landet Griffey diesen Schuss, und das Spiel ist aus. Ich hab auf meine Uhr gesehen. Es war sechs oder sieben Minuten vor Mitternacht. Irgend so was, aber nicht genau Mitternacht. In dem Moment setzte sich der kleine Harmon und verlangte Kaffee. Ich hatte ihn nicht gehört, weil ich mich gerade umdrehte, um 'n anderen Sender einzuschalten. Ich sagte zu ihm, er soll n' Moment warten. Ich erinnere mich ganz deutlich dran.«
»Wie sah er aus?«
»'n bisschen wacklig.« Cataldo zuckte die Schultern. »Er sagte kein Wort. Er bekam seinen Kaffee und was zu essen. Dann trank er 'n paar Schnäpse. Als er ging, schwankte er, aber ich war der Meinung, er würde es ohne weiteres nach Hause schaffen.«
»Was hat er gegessen?«
»'n Brötchen mit Bratensoße.«
»Brötchen mit Soße?« wiederholte Pullen, während er überlegte, dass dies nicht sein Lieblingsessen wäre, wenn er gerade eine Frau abgeschlachtet hätte. »Hast du an Harmons Kleidung irgendwas Ungewöhnliches bemerkt?«
Der Barkeeper sann über die Frage einen Moment nach, dann schüttelte er den Kopf.
»Kein Blut?« fragte Pullen.
Cataldo dachte dar über nach. »Du siehst doch, wie die Beleuchtung hier drin ist. Es könnte da was gewesen sein, was ich nicht gesehen habe. Aber Blut habe ich nicht bemerkt.“
Siebzehntes Kapitel
1
Carmen Polinsky war sechsundvierzig, Mutter von zwei Kindern und mit einem Buchhalter verheiratet. Zwanzig Jahre war sie mittlerweile Hausfrau. Davor hatte sie in einem Buchladen gearbeitet. Nichts in ihrem bisherigen Leben hatte sie auf ein Einstellungsgespr äch vorbereitet, in dem es um die Position einer politischen Mörderin im Dienst des Staates Oregon ging. Dieses Einstellungsgespräch hieß genaugenommen »voir dire«, und es
Weitere Kostenlose Bücher