Auf in den Urwald (German Edition)
Pflanzenfamilien‹.«
»Der was?«
»Der Pflanzenfamilien. Geordnet nach: Pandanales, Helobiae, Triuridales, Glumiflorae ...«
»Langsam! Bitte langsam!«, sagte der Mann, der offensichtlich mit dem Schreiben nicht mitkam.
»... also: Glumiflorae, dann Principes, Synenthae, Spathiflorae, Liliiflorae« – Wilfried mühte sich, langsamer zu sprechen, aber es ging nicht, er geriet gleich wieder in Fahrt – »dann Scitamineae, Microspermae, dann die zweite Klasse: Dicotyledoneae, dann die Unterklasse: Archichlamydeae, dann weiter: Verticillatae, Piperales, Hydrostachyales ...«
»Gut, danke«, der Mann schob seine Brille zurecht, »das genügt mir. Ein wirklich interessantes Buch. Ihr Vater war Wissenschaftler, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte Wilfried zufrieden. Er hatte all die wunderbaren Pflanzennamen nicht vergessen. Das freute ihn richtig. Wie schön, dass er sich mal wieder mit jemandem darüber unterhalten konnte! Gespannt wartete er darauf, was jetzt noch kommen würde.
Der Mann blätterte inzwischen in seinen Unterlagen. »Kommen wir jetzt mal zu einem anderen Thema, Herr Jagenberg«, schlug er vor, »zu einem ganz anderen Thema ... Ich nenne Ihnen gleich ein paar Wörter. Sie sagen mir, welches dazu nicht passt. Einverstanden?«
Natürlich war Wilfried damit einverstanden. Mit Wörtern kannte er sich besonders gut aus!
»Also, hier sind sie: Fenster – Sonne – Treppe – Tür– Schublade. Welches passt nicht?«
»Fenster!«, sagte Wilfried, ohne zu überlegen.
»Und warum?«, fragte der Mann.
»Weil ein Fenster durchsichtig ist. Sonne, Treppe, Tür und Schublade nicht!«
Der Mann wiegte den Kopf. »Vielleicht ist ein anderes Wort falsch? Überlegen Sie bitte noch einmal.«
»Gut«, sagte Wilfried und dachte nach. »Dann ist Treppe falsch!«
»Die Treppe? Warum?«
»Das Fenster geht auf, die Tür geht auf, die Schublade geht auf, die Sonne geht auf, aber die Treppe nicht!«
»Nun ja«, sagte der Mann, »das ist alles möglich. Aber gibt es nicht eine logischere Erklärung?«
Wilfrieds Stirn kräuselte sich. Mit dem Wort »logisch« konnte er nicht viel anfangen.
»Vielleicht ist es die Sonne?«, meinte der Mann.
»Die Sonne?«
»Ja, die Sonne. Schauen Sie: Die Treppe, das Fenster, die Tür und die Schublade befinden sich im Haus. Und die Sonne, na?« Er schaute Wilfried erwartungsvoll an.
»Die Sonne auch«, sagte Wilfried. »Wenn sie durch das Fenster scheint, ist sie auch im Haus.«
»Ja, aber doch nicht wirklich!«
»Sie ist wirklich im Haus. Es ist ganz warm, wenn sie scheint. Wenn sie untergeht, wird es kalt.«
»Natürlich, natürlich. Die Sonnenstrahlen erwärmen das Haus!«
»Aber die Sonnenstrahlen kommen doch von der Sonne«, sagte Wilfried. Da war er sich ganz sicher.
»Selbstverständlich. Aber Sonne und Sonnenstrahlen sind zwei verschiedene Dinge. Schauen Sie: Die Sonne ist eigentlich ein Stern. Sie explodiert ständig und ihre Strahlen verstreuen sich überall, im ganzen Weltall!«
Wilfried nickte: »Genau. Die Sonne ist überall. Auch im Haus.«
»So meine ich das nicht, Herr Jagenberg!« Der Mann rückte seine Brille zurecht. »Die Sonne ist nicht überall. Sie ist zum Beispiel, wie soll ich es erklären, sie ist zum Beispiel nicht im Schatten!«
»Da ist sie auch!«, widersprach Wilfried heftig. »Die Sonnenstrahlen kommen auch in den Schatten. Aber wir sehen sie nicht. Nur die Pflanzen. Die Pflanzen brauchen das Licht der Sonne für die Fotosynthese. Die Fotosynthese ist ein Aufbauvorgang, der nur im Licht möglich ist. Sie läuft in den Chloroplasten ab, die den grünen Farbstoff Chlorophyll enthalten, der wiederum notwendig ist für den Ablauf der Fotosynthese. Mithilfe des Chlorophylls wird das Wasser in den Pflanzen gespalten. Dabei wird Sauerstoff frei. Ohne die allgegenwärtigen Strahlen der Sonne wäre das nicht möglich.«
Wilfried lächelte zufrieden. Wenn er mal etwas über Pflanzen gelesen hatte, dann behielt er es Wort für Wort. Das war schon immer so und dafür konnte er nichts.
Der Mann nahm die Brille von der Nase und blinzelte Wilfried eine Zeit an. Dann setzte er die Brille wieder auf, räusperte sich und meinte: »Gut, lassen wir das Thema. Sollen die Physiker den Streit austragen, nicht wir Psychologen, nicht ...« Er lächelte. Dann entschied er: »Kommen wir zu etwas anderem.« Er holte aus seiner Mappe ein Blatt Papier, das er Wilfried vorlegte.
Wilfried schaute. Er sah ein Dreieck, ein Viereck und einen Kreis. Und dann
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