Auf Inseln (German Edition)

ist sich sicher, dass da nichts war. Sein Glied kann wieder wachsen; es genügt schon fast, das Foto anzuschauen. Auf der Erde muss es freizügigere Fotos gegeben haben, die an Wänden hingen; zu einer Zeit. Es gab diese Art von Fotos auch in New Avignon, teuer und strengstens verboten. Einmal hatte er so ein Bild gesehen. Er nennt die auf dem Foto Paola, so als ob er sie kennen würde. Der sexuelle Reiz des Bildes verbraucht sich schnell, schon in den nächsten Tagen wird es ihn nicht mehr erregen, obwohl, die Schönheit der Frau erscheint unvergänglich. Masturbation ist auf diesem Raumschiff nicht verboten wie auf der Welt, von der er stammt. Wenn er in seinen eigenen Wänden alleine war, hat er sich um das Verbot nie geschert. Die Masturbation gibt ihm einen Teil seiner Identität wieder. Mit steigender Erregung formen sich Wünsche des Habenwollens, des Besitzenwollens. Gemeinhin nannte man dies geliebt werden. Die meisten Frauen hier an Bord stehen ihren Partnern zur Verfügung, in gewisser Hinsicht jedenfalls und die drei freien Frauen sind irgendwie merkwürdig. Doch, sie sind recht attraktiv, aber anscheinend  frigide oder zumindest sehr wählerisch. Aber bei ihrer Sozialisation ist dies auch kein Wunder. Robert beschließt Paul anzurufen, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.          
     
     
     
    Paul und Robert treffen sich im Aufenthaltsraum C. Robert hat Lust auf den ersten Alkohol nach einem Jahr. Er geht zum Kühlschrank, entnimmt ihm ein Formwürstchen  und ein Bier. Was man so Bier nennt. Es schmeckt entfernt nach Bier. Sie haben weder eine Brauerei an Bord, noch die Mittel „echtes“ Bier jahrelang zu lagern. Das Getränk erfüllt gewissermaßen seinen Zweck: Es löscht Durst, erfrischt im immer gleichen Klima des Raumschiffs und hat zumindest die Prozente, die man von einem gewöhnlichen Bier erwartet. An Bord werden sogenannte harte Getränke gesoffen, es gibt rationierte Mengen von echtem Whisky, ein paar hundert Liter werden es schon sein und weitaus weniger liebevolle Mixturen. Es gibt an Bord einen geschlossenen Wasserkreislauf, allerdings keinen geschlossenen Alkoholkreislauf. Es gibt das Gerücht, Scheffener habe in seinen Privatgemächern eine Destille stehen. Statistiken besagen, dass an Bord pro Tag über ein Kilo reinen Alkohol verbraucht wird. Es sind einige Tonnen harter Spirituosen, mit bis zu 45 Umdrehungen, gelagert, aber dies ist eine langwierige Expedition. Die Finder ist mehrere Jahrzehnte unterwegs. Möglicherweise sind sie bis zu ihrem Lebensende hier an Bord, da sind ein paar Tonnen nicht gerade viel, wenn man berücksichtigt, dass Gestalten wie Robert davon zweihundert Gramm am Tag verdrücken können. Es gibt Hoffnung, da an Bord Organismen gezüchtet werden können, die Zucker liefern. Der Bau einer Schnapsdestille sollte im Rahmen des Möglichen sein! Der Durchsatz von Scheffeners Destille, wenn sie denn existiert, ist ungewiss.
    „Auf ein paar Wochen hier an Bord!“ Robert prostet Paul zu, der sich mit einer Fruchtbrause und eine Art Wodka ein Zwischending aus Longdrink und Cocktail zusammen mixt. Robert traut sich an die härteren Sachen noch nicht ran. Die Bordpsychologin namens Julia hat eine Freude an ihnen, aber es gibt noch keine Selbsthilfegruppe hier an Bord. Hugo Scheffener hat gegen das Treiben nichts einzuwenden, solange die Sicherheit des Raumschiffs nicht gefährdet ist. Im Übrigen trinkt er selbst gerne einen. Robert prostet Paul erneut zu. „Wie weit sind wir von New Earth entfernt?“ - „Es werden ca. 400 Lichtjahre sein“ - „Das heißt, in New Avignon sind seit unserer Abreise 400 Jahre vergangen“ - „So könnte man das ausdrücken“ - „Alle, die wir geliebt haben sind definitiv tot, vermodert und verrottet“ - „Das waren sie schon vor einem Jahr.“ Robert gruselt es immer wieder bei dem Gedanken. Dieser Gedanke ist aber Basis für die Expedition der Finder. Die Heimatwelt von Robert ist in ihrer früheren Form nicht mehr existent, vielleicht sind die Klerikalen und die Sozialisten gestürzt. Es wäre, so denkt Robert, fast genauso interessant umzukehren, um die Zukunft zu erleben. Das, was sie erreichen wollen, entzieht sich dieser Kategorie, obgleich es auch eine Art von Zukunft darstellt, die entfernte Zukunft ihrer Ahnen. Robert hat, was den Alkoholgenuss anbelangt, Narrenfreiheit. Seine Trunkenheit oder Nüchternheit ist für die Sicherheit der Finder nicht von belang. Er wird auf der Erde gebraucht.