Auferstanden: Thriller (German Edition)
auf das Dach der Aufzugkabine zu klettern, drehte Jack sich zur rechten Seite um, zog die Einkaufstasche aus Leinen, die dort lag, herunter und schloss schnell die Luke.
Als er in dem Rollstuhl saß, band er sich einen Mundschutz vors Gesicht. Dann legte ihm Frank über seine Schultern und Beine eine große weiße Decke, die auch die Tasche auf seinem Schoß verbarg.
Vor zwei Stunden war Jack mit dem vierten Aufzug vom fünften Untergeschoss nach oben gefahren und auf den Handlauf gestiegen. Als er die Klappe an der Decke des Aufzugs geöffnet und die roten Laserstrahlen in dem Aufzugschacht gesehen hatte, war er gezwungen gewesen, eine Entscheidung zu treffen. Da Cristos ihm dicht auf den Fersen war und die Behörden nicht weit dahinter, hatte er Angst, geschnappt zu werden.
Deshalb hatte Jack den Inhalt von Mias Kassette und alle Gegenstände aus seinen Taschen – Brieftasche, den Brief, den er Cristos geschrieben hatte, sein Geld, Schlüssel, die Schmuckschachtel und ein paar andere Dinge – in den Leinenbeutel gesteckt, den er aus Charlies Proviantkarton genommen hatte, und ihn auf das Dach der Aufzugkabine vier gelegt. Nur die Waffe, Charlies Hasenpfote und Aarons kleines Gerät in der Form eines Schlüsselanhängers, mit dem die Aufnahme der Überwachungskameras gestört werden konnte, hatte er bei sich behalten.
Nachdem Jack die wenigen Sachen aus Aarons schwarzer Tasche in die Kassette gelegt hatte, um sie mit irgendeinem Inhalt zu füllen, hatte er sie wieder in der schwarzen Tasche verstaut und Cristos anschließend zu einer wilden Verfolgungsjagd durch die Stadt provoziert, um dafür zu sorgen, dass er sich so weit wie möglich von seiner Beute entfernte.
Jack wusste, dass er zurückkehren musste, und es gab nur eine Möglichkeit, das hinzubekommen.
Er hatte damit gerechnet, geschnappt zu werden.
Als der Fahrstuhl das Erdgeschoss erreichte, öffnete sich die Tür zur Eingangshalle, in der sich zahlreiche Kriminaltechniker aufhielten. Sie protokollierten die Flugbahnen der Geschosse, kratzten Fragmente aus dem Boden und den Wänden und berieten sich. Ohne zu zögern, schob Frank Jack zur Rückseite des Gebäudes auf den Lieferanteneingang zu.
Nachdem sie um die Ecke gebogen waren, schob Frank den Rollstuhl den fünfzig Meter langen Gang hinunter. Am Hinterausgang stand ein bewaffneter Polizist der New Yorker Polizei, zwei seiner Kollegen saßen an einem Schreibtisch.
Jack sah zehn Überwachungsmonitore, auf denen Bilder der Eingangshalle aus verschiedenen Perspektiven, der oberen Stockwerke und der vier Aufzüge zu sehen waren. Er betete, dass Aarons Schlüsselanhänger funktioniert hatte. Anderenfalls würden die Gesetzeshüter jetzt nur ein sehr kurzes Gespräch mit ihm führen müssen.
Sein Herz begann zu rasen, als sich aller Augen auf ihn richteten. Der Mundschutz war eine alberne Verkleidung, doch Frank schob ihn weiter über den mit Linoleum ausgelegten Gang auf die Tür zu.
Der Polizist am Schreibtisch wirbelte herum. »Frank«, sagte er, und sein Akzent verriet, dass er aus der Bronx stammte. Sergeant Johnny Seminara musterte ihn. »Ich würde normalerweise fragen, warum die Überwachungskamera in eurem Aufzug kaputtgegangen ist und dich von oben bis unten durchsuchen, aber da ich sehe, dass du es bist, bin ich sicher, dass wir einen Techniker rufen müssen.«
Frank schob Jack zur Ausgangstür.
»Möchtest du den Rollstuhl hierlassen oder mitnehmen?«, fragte Johnny.
»Danke.« Frank nickte.
Jack sprang aus dem Rollstuhl und hielt die Wolldecke fest, in die er den Leinenbeutel gewickelt hatte. Er folgte Frank durch den Hinterausgang des Detention Centers. Joy saß hinter dem Lenkrad von Franks Wagen, der Motor lief bereits.
»Ich habe gehört, dass du sterben wirst«, sagte Frank, als er mit Jack auf die geöffnete Wagentür zuging.
»Müssen wir das nicht alle?«
Jack setzte sich auf die Rückbank und Frank auf den Beifahrersitz.
»Ich weiß nicht, Jack. Dir ist im Leben irgendwie immer alles gelungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wie du an Krebs stirbt.«
Jack schaute Frank lächelnd an. Einige Menschen zeigten Gefühle und Mitleid, wenn ein Freund in Schwierigkeiten steckte. Einige errichteten eine egoistische Mauer des Schweigens, als würden sie sich anstecken, wenn sie die Krankheit anerkannten. Andere tauchten einfach unter. Und dann gab es noch Leute wie Frank. Hinter seiner ruppigen Art verbargen sich seine Zuneigung und Freundschaft, doch seine
Weitere Kostenlose Bücher