Auferstehung
hätte dann seine nächste Inkarnation ausgesehen? Wäre er dann nach dem Krieg in einer neuen Ferenczy-Tarnung aufgetaucht, hätte das Haus wieder aufgebaut und so weitergemacht wie zuvor? Ich glaube, ja. Wamphyri sind ortstreu.«
»Sie sind also davon überzeugt, dass Bela, Giorg und Faethor ein und dieselbe Person waren?«
»Natürlich. Ich dachte, das sei klar. Hat er mir nicht selbst ungefähr das gesagt, als er von den Schlachten bei Silistria und Konstantinopel halluzinierte? Vor Bela gab es Grigor, Karl, Peter und Stefan, und Gott weiß wie viele noch – zurück bis zu Faethor Ferenczy, dem Fürstensohn, und vielleicht noch weiter! Dies war sein Land, verstehen Sie? Hier führte er seine blutige Herrschaft. Und die Wamphyri waren wild entschlossen, ihre Besitzungen zu bewahren, als Prinzen oder Bojaren! Darum schloss er sich dem vierten Kreuzzug an, um alte und zukünftige Widersacher von seinem Grund und Boden zu halten. Sein Land, begreifen Sie? Es spielt keine Rolle, welcher König, welche Regierung oder welches System an der Macht ist, der Vampir hält seinen Heimatboden für seinen Besitz. Er kämpfte, um sich selbst und seine ungeheuerliche Erbschaft zu beschützen, nicht für ein räudiges Pack dreckiger Ausländer aus dem Westen! Sie haben das zerkratzte Kreuzrittersymbol auf der Rückseite meines Medaillons gesehen – ha! Als sie ihn erniedrigten, verachtete er sie, spuckte auf sie!«
»Haben Sie seinen Namen tatsächlich so weit zurückverfolgt? Ich meine bis nach Konstantinopel im Jahr 1204?« Ehrfurcht vor dem Vampir und eine Spur Neid schlichen sich in Dragosanis Stimme.
Giresci legte seinen Kopf schief. »Dragosani, wie gut sind Sie in Geschichte?«
»Nicht gerade brillant. Mittelprächtig, vermute ich.«
»Hmm! Viele Namen aus dem vierten Kreuzzug sind überliefert worden, aber Sie hätten ziemliche Schwierigkeiten, darunter einen Ferenczy oder Ferrenzig zu finden. Trotzdem war er dabei, da können Sie sicher sein! Woher ich das weiß? Also, es ist durchaus möglich, dass Sie gerade mit dem weltweit führenden Experten für dieses spezielle Blutbad sprechen. Ich habe Dinge entdeckt, die viele andere Historiker bestimmt übersehen haben. Natürlich hatte ich den Vorteil zu wissen, wonach ich suchte.
Aber während ich dem Vampir auf der Spur war, befasste ich mich natürlich auch mit angrenzenden Gebieten. Mann, ich könnte ein Buch über den vierten Kreuzzug schreiben – den ganzen Weg von Ungarn bis nach Konstantinopel! Apropos Konstantinopel. Gott, was für eine Hölle das gewesen sein muss! Was für eine Schlacht! Kein Zweifel, mittendrin im dicksten Getümmel, wo immer der Kampf am heftigsten tobte, waren dieser Mann und die wilde Horde, die er kommandierte. Er war auch da, als die Stadt fiel; er und seine Bande wahnsinniger Söldner wüteten völlig außer Kontrolle. Ja, und seine Exzesse verbreiteten sich wie ein Krebsgeschwür; die ganze Armee nahm daran teil. Sie vergewaltigten, plünderten und massakrierten drei volle Tage lang ...
Papst Innozenz III. hatte den Kreuzzug ausgerufen; doch dann war er abgestoßen von dem, was aus der Sache wurde, aber außerstande, wieder die Kontrolle zu erlangen. Die Kreuzritter hatten geschworen, das Heilige Land in Besitz zu nehmen, aber Innozenz und sein Legat waren gezwungen, sie von diesem Schwur zu entbinden. So gut es ging, wusch er seine Hände in Unschuld. Aber in geheimen Botschaften nutzte er das bisschen Kontrolle, das ihm noch geblieben war, zu der Anweisung, dass die direkt Verantwortlichen für die ›maßlosen exzessiven und unnatürlichen Gewalttaten‹ niemals ›Ehre oder reiche Belohnung‹ erhalten dürften und dass ›ihre Namen nicht ausgesprochen und ihnen keinerlei Respekt oder hohes Ansehen‹ gewährt werden dürften.
Nach einem Sündenbock müssen wir nicht lange suchen: Ein gewisser ›blutdürstiger Walache, in Zara angeheuert‹. Zunächst hatten ihn die Kreuzritter vergöttert und auf Händen getragen – vielleicht, weil sie ihn insgeheim sogar beneideten oder fürchteten – und dann fand er sich aller Ehren beraubt und aus allen Dokumenten getilgt. Er verachtete sie für ihr doppeltes Spiel, kratzte das Emblem ihres Feldzuges aus – das Kreuz auf diesem Medaillon – und verschwand mit seiner Truppe in die Heimat, stolz und grimmig unter dem Banner des Teufels, der Fledermaus und des Drachens.«
Dragosani biss sich kurz auf die Lippe, bevor er sprach: »Nehmen wir doch mal an, dass all das wahr ist, oder
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