Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Boulevard Princesse Charlotte Nr. 4 die Zentrale der Universal s.a.r.l., von der aus Herzog sein Musikimperium leitete.
    » Hat er gesagt, von wem er diese Mozartpuppe hat?« Er war ihr gefolgt und stand gespannt am Geländer des Dachgartens. Von hier hatte er einen weiten Blick über das Casino und die Oper, auf den Hafen und den Felsen von Monaco mit der Kathedrale und dem fürstlichen Palais. Ungeduldig trommelte er auf das Geländer, doch Maria antwortete nicht.
    » Ich habe dich was gefragt.«
    » Hat er nicht gesagt.« Sie strich sich den letzten Rest der Orangenmarmelade auf den Toast. » Ist das denn so wichtig?«
    » Für mich schon! Du hättest ihn wenigstens danach fragen sollen.« Er schob den Kopf zwischen die Schultern, drückte die Ellbogen durch. Angespannt umklammerte er das Eisengeländer, daß seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Da Maria weiterhin schwieg, überlegte er laut. » Joachim könnte sie nur von Franziska…« Er schüttelte den Kopf. » Ausgeschlossen! Es sei denn, er hätte sie in New York getroffen. Aber das hieße ja…«
    » Immerhin hat er mich nach ihr gefragt. Sie soll der New York Times ein Interview gegeben haben.«
    » Ich habe den Artikel gelesen. Krausnik hatte ihn für mich aufgehoben.«
    Maria gab sich versöhnlicher, ging zu ihm und legte ihm ihre Hand auf den Arm. Als sie spürte, wie er sich entkrampfte, wagte sie es, ihn direkt nach ihr zu fragen. » Karl– wie sah Franziska aus?«
    » Du hast eben noch ein Foto von ihr in der Hand gehabt.« Seine Stimme klang weniger gereizt, als sie befürchtet hatte.
    » Du hast es mir gleich wieder weggenommen.«
    » Dann komm.« Er ging zurück ins Wohnzimmer, schloß den Aktenschrank wieder auf, holte den Jugendstilkarton hervor und kramte in den Briefen und Fotografien.
    » Hier, das war sie.«
    Er reichte ihr das Foto, auf das sie vorhin nur einen kurzen Blick hatte werfen können. Das zierliche Mädchen von vierzehn Jahren mit dem Bubikopf war barfuß und trug ein Leinenkleid, das von schmalen Bändern auf den nackten Schultern gehalten wurde und ihr bis zu den Knöcheln ging.
    » Sie ist schön, fast wie ein mädchenhafter Engel…«
    Er nickte und nahm ihr das Foto aus der Hand. » Das ist schon so lange her…« Er rieb sich die Augen und betrachtete es, als sähe er es nach langer Zeit zum ersten Mal wieder. » …und doch mußte ich in den letzten Tagen immer öfter an sie denken. Gestern, als ich die Klaviernummer zu vier Händen im Studio abzog, glaubte ich für einen Augenblick, sie säße neben mir.«
    » Sind das eure Briefe?«
    » Neugierig?«
    Sie nickte. » Ob ich sie wohl mal lesen darf?«
    » Meinetwegen. Ich kann es dir eh nicht verbieten, denn wenn ich erst mal nicht mehr da bin…«
    Maria zuckte mit den Schultern und legte sie zurück in den Karton. » Bitte, sprich nicht so.« Sie haßte es, wenn er mit seinem Alter kokettierte und sie damit erschreckte, vor ihr zu sterben. » Und was geschah in diesem Bootshaus bei Regen, das dich so glücklich gemacht hatte?«
    » Was meinst du?«
    Sie hob den Jugendstilkarton über ihren Kopf, um die Widmung an seiner Unterseite vorzulesen. » Nie war ich glücklicher als in dem Bootshaus, und es regnete. Für Franziska, mein Fränzchen, im schönen Sommer zweiundzwanzig am Neusiedler See.«
    Er schwieg einen Augenblick und fixierte ihre Beine, die verführerisch aus ihrem Kimono herausragten, während sie ihn erwartungsvoll anblickte.
    » Auf jeden Fall nichts Unschickliches. Wenn du was Schlimmeres vermutet hast, muß ich dich leider enttäuschen. Wir waren fast noch Kinder und lebten wie Geschwister unter einem Dach. Und eines Tages spürten wir, daß wir uns auch noch auf eine andere Weise mochten. Eine unschuldige Liebelei zwischen Teenagern, die die Liebe gerade erst entdeckt hatten.«
    » Ihr habt euch zum ersten Mal geküßt! Stimmt’s…«
    Er zögerte. Sie konnte ja nicht ahnen, wie schwer es ihm auch jetzt noch fiel, über jenen schönen Sommer zweiundzwanzig zu sprechen, der so beschämend geendet hatte.
    » Es war nach einem dieser Konzertabende in der Bibliothek. Danach saßen wir noch auf dem Steg und blickten auf den See hinaus, als es anfing zu regnen…

Sommerferien am Neusiedler See – 1922
    Als sie das Bootshaus erreichten, waren sie bis auf die Haut durchnäßt. Karl versuchte noch sein Jackett über ihre Köpfe zu ziehen. Geduckt rannten sie im strömenden Regen auf den glitschigen Planken zurück zum Ufer. Das Bootshaustor stand offen und

Weitere Kostenlose Bücher