Augenblicklich ewig
immer, nur ihr Leben war aus den Fugen geraten. Am liebsten hätte sie geweint.
Sie hörte Sams Stimme direkt hinter sich, wagte es aber nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, aus Sorge, sie könnte zufällig an ihn stoßen.
»Wir sind füreinander bestimmt, Polly.«
Polly atmete vor Schreck tief ein. Fast hätte sie einen Schritt zurück gemacht. Im letzten Moment besann sie sich eines Besseren und blieb still stehen. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Füreinander bestimmt. Was redete er da? Sie glaubte nicht an das Schicksal, zwei Hälften einer Seele und was immer sonst noch Liebesfilme und hoffnungslose Romantiker ihr weismachen wollten. Er musste verrückt sein. Und trotzdem musste sie sich eingestehen, es schien eine Verbindung zwischen ihr und Sam zu bestehen. Da war etwas, das sie nicht erklären konnte.
»Ich glaube nicht an das Schicksal oder an Bestimmung.«
»Das solltest du aber.« Sams Stimme war immer noch sanft, beruhigend, beinahe wie ein Streicheln. Polly wurde warm, obwohl sie eigentlich wütend hätte sein müssen, weil er ihr statt einer Erklärung einen solchen Unsinn auftischte. Doch sie konnte sich nicht gegen seine Worte wehren.
»Warum ich?«
»Weil ich dich schon länger als ein Leben lang kenne.«
»Wir kennen uns erst seit ein paar Tagen.«
»Polly, du kennst mich viel länger, weit länger sogar als ich dich.«
Seine tiefe weiche Stimme, sein Flüstern und sein Atem in ihrem Nacken beschworen erneut die Erinnerung an ihren Traum herauf. Beinahe wünschte sie sich, er würde ihren Nacken küssen und ihr das Gefühl geben, begehrenswert zu sein.
»Wie geht es weiter?«
»Wir müssen uns berühren.«
»Ich könnte mich doch auch einfach für immer von dir fernhalten.«
»Das könntest du.« Sams Stimme war kaum noch zu hören, aber sie spürte seinen Körper dicht hinter sich und sah sein verschwommenes Spiegelbild in der Fensterscheibe. »Aber ich würde nicht aufgeben. Ich kann nicht aufgeben.«
»Warum?«
»Es ist unser Schicksal. Hab keine Angst«, wiederholte er erneut seine Bitte, als könne er ihr damit jegliche Furcht nehmen.
»Hab ich nicht.« Sie konnte sich nicht vorstellen, sich jemals vor ihm zu fürchten.
»Dreh dich um.« Er machte einen kleinen Schritt zurück. Gerade so weit, dass sie sich vorsichtig umdrehen konnte, ohne an ihn zu stoßen. Es trennten sie nur noch wenige Zentimeter voneinander. Eine unbedachte Bewegung, und ihre Körper würden sich berühren. »Es wird nicht so schlimm sein wie beim ersten Mal.«
»Es war schrecklich«, flüsterte sie und schlug die Augen nieder.
»Du kannst es fühlen, oder?«
»Was?« Natürlich spürte sie etwas, sie wusste nur nicht, was genau es war.
»Die Verbindung zwischen uns.«
»Es knistert.«
»Das meine ich nicht. Es knistert zwischen vielen Menschen, aber das hier ist mehr als nur körperliche Anziehung. Es ist unsere Bestimmung.«
»Woher weißt du das?« Sie war nicht mehr in der Lage, ihm zu widersprechen oder gar zu erklären, dass es kein Schicksal oder irgendeine andere Art der Vorsehung gab.
»Du weißt es doch auch längst.«
Sie schüttelte den Kopf und ein paar ihrer Haarsträhnen streiften sein Gesicht. Er sog ihren Duft ein.
»Wovon träumst du?«
Polly war es unangenehm, ihm von ihren Träumen zu erzählen, immerhin spielte er die Hauptrolle darin, aber sie wollte endlich herausfinden, was hier vor sich ging und Sam beweisen, wie falsch er lag. »Ich träume von Korsetts, vom Theater, der Freiheitsstatue und von dir.«
»Oh. Von der Freiheitsstatue? Das habe ich nicht erwartet.«
»Wie solltest du auch?«
»Lass mich überlegen.« Er war einen Moment lang in seine Gedanken versunken, dann hellte sich seine Miene auf und er fuhr fort: »Ich erinnere mich an dich in einem Kleid. Es hatte diese Perlenfäden, die bei jeder Bewegung klimperten.« Er griff nach Pollys Haaren und sie zuckte zusammen, bewegte sich aber nicht. »Deine Haare waren kürzer als heute und du hattest diese eigenartigen Wellen. Ich fand dich ungeheuer sexy.« Er grinste. »Es war unser erster Abend. Damals.«
Pollys Gedanken rasten. Sie hatte dieses Kleid bereits zweimal gesehen. In einem ihrer Träume und vor ein paar Stunden, als sie seine Hand berührte. Wie konnte er davon wissen? Ihr wurde heiß und kalt zugleich. War das ein Trick? Sagte er womöglich die Wahrheit? Das konnte unmöglich sein.
»Du erinnerst dich an das Kleid!« Er hatte ihren Gesichtsausdruck richtig gedeutet und freute
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