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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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nicht«, sagte ich, obwohl seine Aussage durchaus ein Körnchen Wahrheit enthielt. Unterschwellig hatte ich nämlich ständig Angst, dass er einen Abgang machen könnte – eine Überzeugung, die ich hasste und vor der ich mich fürchtete.
    »Ich wäre begeistert, wenn der Film ein Erfolg wird. Und du weißt, dass ich dich in allem unterstütze.«
    »Dann musst du in mich investieren.«
    Es gab so vieles, was ich gern gesagt hätte: zum Beispiel, dass man als Paar berufliche und finanzielle Dinge lieber trennen sollte; dass ich im Falle einer Investition in sein Projekt gezwungen wäre, mich zu fragen, für wie zuverlässig ich Theo hielt; und dass ich mich mehr oder weniger erpresst fühlte, ihm diese beträchtliche Summe zu geben. Aber ich befand mich in einer dieser heiklen Situationen, in denen man nur verlieren kann: Wenn ich mich weigerte, das Geld rauszurücken, hätte ich kein Vertrauen in ihn. Und wenn ich das Geld investierte, hätte ich das Gefühl, dazu gezwungen worden zu sein. Und dann ausgerechnet in jemanden, dessen Geschäftssinn bestenfalls unterentwickelt war.
    Hör auf deinen Instinkt . Das ist höchstwahrscheinlich der beste Rat, den man beherzigen kann, gefolgt von: Investiere nie in einen Film. Also beschloss ich, Zeit zu schinden, und sagte: »Ich brauche eine Art Gesellschaftervertrag. Und ich möchte deine Geschäftspartnerin vorher kennenlernen.«
    Theo lächelte siegesgewiss.
    »Kein Problem«, sagte er. »Überhaupt kein Problem.«
    Zwei Tage später kam Adrienne zu uns zum Abendessen. Theo verbrachte beinahe den ganzen Tag in der Küche und bereitete ein aufwendiges indisches Essen zu. Ich wunderte mich über die akribischen Vorbereitungen (er hatte alle Zutaten in einem winzigen indischen Lebensmittelladen in Chelsea aufgetrieben und ging sogar so weit, die Gewürze mit dem Mörser zu zermahlen) und konnte mir den Gedanken nicht verkneifen, dass er in den zwei Jahren unserer Beziehung nur wenige Male für mich gekocht hatte. Er bestand auch darauf, Champagner zu kaufen und mehrere Flaschen eines übertrieben teuren Bordeaux.
    »Es ist ein indisches Essen«, erklärte ich. »Die Gewürze werden einen so edlen Tropfen erschlagen.«
    »Dieses Essen markiert den Beginn unserer Firmenpartnerschaft, und ich möchte, dass es genauso besonders und bedeutend ist wie dieses Projekt.«
    »Du willst einen billigen Horrorfilm verhökern und nicht die Gutenberg-Bibel neu drucken!«
    »Du kannst einem wirklich alles verderben.«
    »Das ist nicht fair.«
    »Genauso wenig wie deine Andeutung, dass das reine Geldverschwendung ist.«
    Fünf Minuten später hatte Adrienne ihren großen Auftritt.
    Denn anders konnte man das nicht nennen. Im Grunde zog sie eine richtige Show ab. Sie tauchte in einem bodenlangen Mantel auf, der aussah wie eine Mischung aus einem Kaftan und einem afghanischen Teppich. Sie war sehr groß – über 1,80 m – und hatte wie bereits erwähnt stark gelocktes, knallrot gefärbtes Haar. Alles an ihr schrie förmlich nach Aufmerksamkeit: der Mantel, die Haarfarbe, die Jacketkronen, die riesigen bronzenen Sonnen, die an ihren Ohrläppchen baumelten, und das aufdringliche Moschusparfüm, das aus jeder ihrer Poren strömte. Und dann war da noch ihre Stimme. Sie war laut. So laut, dass sie die Nachbarn aufweckte. Aber noch schlimmer war die falsche Freundlichkeit, die darin mitschwang.
    »O mein Gott, du bist ja genauso schön, wie Theo dich beschrieben hat!«
    Das waren ihre ersten Worte. Gefolgt von: »Und oh – ich kann es kaum fassen –, was für eine wunderbare Wohnung!«
    Diese Bemerkung machte sie noch im Treppenhaus. Als sie noch gar nicht wissen konnte, wie »wunderbar« unsere Wohnung war. Aber nachdem sie mich umarmt hatte wie eine lang vermisste Freundin, eilte sie hinein und lobte lautstark alles, was sie sah – angefangen von der Farbe unseres Sofas, über das »fabelhafte« Parkett bis hin zu unserer »fantastischen« neuen Küche. Und als Emily an der Reihe war …
    »Oh, bist du aber ein wunderbares kleines Mädchen! Das schönste überhaupt!«
    Als Adrienne mit offenen Armen auf sie zuging, verschloss meine Tochter sich instinktiv und wandte sich von dieser riesigen Vogelscheuche ab. Emily wusste sofort, wem sie trauen konnte und wem nicht.
    Mir ist schon klar, dass ich kein gutes Haar an Adrienne Clegg lasse. Aber sie gehörte zu jenen Menschen, die einen einfach nicht kaltlassen. Sie war kaum fünf Minuten bei uns, da wollte ich sie am liebsten sofort wieder

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