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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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Dollar, und Stuart drehte den Film in zehn Tagen. Er kannte auch ein paar Jungs, die sich mit Special Effects auskannten und in diesem Film eine Chance sahen, mit einem Mini-Budget ihre abgedrehtesten Ideen auszuprobieren.
    Das fiel mir als Erstes an Delta Kappa Gangster auf: seine völlige Abgedrehtheit und Brutalität. Theo bestand darauf, ihn mir zu Hause vorzuführen. Er sorgte sogar für eine Riesenschüssel Popcorn, das wir knabberten, während wir uns diesen Mist ansahen. Trotzdem war der Film auf seine Art fesselnd. Abgesehen von der primitiven Schauspielkunst und den Low-Budget-Effekten schaffte es der Film hervorragend, die Zuschauer für bestimmte Weichteile unserer Anatomie zu interessieren und sie bei der Stange zu halten.
    Der Plot war der eines typischen Horror-Trashfilms: Ein freies Wochenende in einer besonders schwachsinnigen Studentenverbindung wird zu einem einzigen Blutvergießen, als sich ein Freak und seine Gothic-Freundin an den Typen rächen, die sie einst gequält haben. Der Freak und das Mädchen denken sich furchtbare Todesarten für die Football spielenden, Bier saufenden Deppen aus: Tod durch Stromschlag, durch Augenrausreißen, dadurch, jemanden aus dem Fenster zu werfen, sodass er von einem spitzen Zaun gepfählt wird, durch improvisierte Gehirnchirurgie mit einem Elektrobohrer, ja sogar dadurch, dass Zungen mit einer Zange herausgerissen werden und …
    Anschließend beginnen sie, Banken zu überfallen.
    Die Brutalität war zwar extrem, aber auch durch eine Art bitterbösen schwarzen Humor gekennzeichnet. Stuart und seine Kollegen ließen jede Menge Blut fließen, aber mit einer derartigen Unbeschwertheit und subversiven Anarchie, dass man einfach darüber lachen musste. Gleichzeitig hatte man ein schlechtes Gewissen, sich von einem solchen Mist dermaßen fesseln zu lassen.
    Aber das Spannendste war für mich der Subtext des Films: Man konnte ihn nämlich als Angriff auf die radikale Anti-Intellektualität deuten, die schon immer zum American Way of Life gehört hat. Es war der ultimative Film über die Rache eines Freaks – eines Kindes, über das man sich stets lustig gemacht hatte. Plötzlich verkehrten sich die Rollen, und die Gewalt richtete sich gegen die arroganten, langweiligen Deppen, die seine Belesenheit als Bedrohung empfanden. Sosehr mich die unglaubliche Brutalität auch abstieß, sosehr feuerte ich die Wahnsinnigen an, da ich nichts mehr hasste als Schikanierer.
    »Also, gelangweilt habe ich mich nicht«, sagte ich während des Abspanns. »Aber jetzt brauche ich erst mal drei Wodka zur Beruhigung und eine heiße Dusche, um mich von diesem Schund wieder reinzuwaschen.«
    »Es ist ein Meisterwerk«, sagte Theo.
    »So weit würde ich nicht gehen.«
    »Ich schon. So einem Talent begegnet man nicht alle Tage.«
    »Er ist aber ein ziemlich raues Talent.«
    »Ja, und genau das macht ihn ja so interessant. Er ist primitiv – genau wie sein Körpergeruch.«
    »Ja, es geht ein ziemlicher Gestank von ihm aus.«
    »Vergiss nicht, dass sich solche Filme verkaufen. Bei einem anständigen Verleih wird das ein Riesenhit. Die Studenten werden diesen Film lieben. Und wenn er erst auf DVD rauskommt … werde ich einen Porsche fahren.«
    »Ich kann mir dich gar nicht in einem Porsche vorstellen, Theo.«
    »War nur bildlich gemeint. Ich schwör dir, dass dieser Film ein Blockbuster wird. Alles, was ich brauche, um das Ding ins Rollen zu bringen, sind 50 000.«
    »Und woher willst du die nehmen?«
    »Nun, ich dachte, du willst vielleicht in das Projekt investieren …«
    Ich hatte es geahnt, trotzdem fühlte ich mich wahnsinnig unwohl.
    »Ich habe keine 50 000 übrig, um sie in so eine Sache zu investieren.«
    »O doch.«
    »Wie kannst du das sagen?«
    »Weil ich deine Kontoauszüge gesehen habe.«
    »Du hast in meinen Bankunterlagen geschnüffelt?«
    »He, jetzt sei doch nicht gleich so vorwurfsvoll. Natürlich habe ich nicht in deinen Unterlagen geschnüffelt. Aber als du letzten Monat deine Kontoauszüge abgeheftet hast, lagen sie offen auf deinem Schreibtisch herum, und da …«
    »Und da konntest du nicht anders, als sie dir anzusehen.«
    »Wenn du solche Sachen offen auf dem Schreibtisch rumliegen lässt, sieht man sie eben.«
    »Nur, wenn man beschließt, bewusst einen Blick darauf zu werfen – und genau das hast du getan, Theo. Ich meine, du lässt dein Tagebuch ständig auf dem Tisch liegen, aber ich habe noch kein einziges Mal hineingeschaut.«
    »Warum solltest du? Es ist ein

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