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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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an.«
    »Ich würde wenigstens gern ansatzweise wissen, wofür du das Geld brauchst, bevor ich es dir gebe.«
    » Du willst mir zehn Mille geben? Dass ich nicht lache!«
    »Ich habe das Geld, Dad.«
    »Du hast gar nichts – außer du hast irgendwas Krummes laufen.«
    »Ich habe das Geld, Dad«, sagte ich erneut.
    »Ich verstehe nicht.«
    Wann hast du jemals auch nur das Geringste verstanden?
    »Ich habe einen Job.«
    »Ja, diesen Lehrauftrag in Wisconsin. Deine Mutter hat mir davon erzählt.«
    »Du hast mit Mom gesprochen?«
    »Selten. Sie hat kein Geld, ich habe kein Geld. So gesehen laufen die Drähte zwischen Santiago und Greenwich nicht gerade heiß. Egal, ich habe ihr ohnehin nichts zu sagen. Aber sie besteht darauf, mir diese verdammten E-Mails zu schicken. Sie glaubt immer noch, dass wir wieder irgendwie zusammenkommen, die Vergangenheit ruhen lassen und so eine Kacke.«
    »Nun, Mom weiß es noch nicht, aber …«
    Ich erzählte ihm von meinem Job bei Freedom Mutual. Er fiel mir nicht ins Wort, obwohl ich hörte, wie noch mehr Eiswürfel ins Glas fielen, nachdem ich ihm von den 100 000 Dollar Anfangsgehalt und dem Einstiegsbonus berichtet hatte. Ich war nervös, als ich das sagte, weil – na ja, ich war immer nervös, wenn ich mit meinem Vater sprach. Als ich geendet hatte, entstand ein langes Schweigen. Dann sagte er: »Nimm den Job nicht an.«
    »Ich habe ihn bereits angenommen.«
    »Ruf noch einmal in Wisconsin an, und sag, dass du den Lehrauftrag doch willst.«
    »Ich habe sie bereits informiert, dass ich nicht kommen werde.«
    »Du rufst gleich morgen früh da an und sagst, dass du deine Meinung geändert hast. Dass du den Job unbedingt willst.«
    »Aber ich will den Lehrauftrag nun mal nicht.«
    »Wenn du bei Freedom Mutual anfängst, bist du in einem halben Jahr gefeuert. Ich weiß, wie diese Hedgefonds-Arschlöcher arbeiten. Sobald sie rausfinden, dass du ein Dünnbrettbohrer bist, der nichts kann …«
    »Woher willst du wissen, dass ich nichts kann?«, sagte ich plötzlich wütend.
    »Machst du Witze? Ich habe dreißig Jahre in der Metallindustrie auf dem Buckel, und du meinst, ich sehe nicht sofort, wer es nicht in die zweite Runde schafft?«
    »Mein Chef ist da anderer Meinung.«
    »Dein Chef ist wahrscheinlich irgendein sadistisches Arschloch, das beschlossen hat, einer Harvard-Tussi das Fell über die Ohren zu ziehen.«
    Ich legte auf. Ich ging in die Küche, denn ich brauchte dringend einen Drink. Aber sobald ich das Weinglas in der Hand hatte, zerschmetterte ich es in der Spüle und verfluchte mich, Dad überhaupt angerufen zu haben. Schließlich hatte ich geahnt, dass er so reagieren würde.
    Das Telefon klingelte. Ich ignorierte es. Es klingelte weiter. Ich stellte den Anrufbeantworter an. Ich nahm ein anderes Glas und beschloss, dass ich einen sofortigen Kick brauchte, wie man ihn nur von Wodka bekommt. Also goss ich mir zwei Fingerbreit Smirnoff ein. Das Telefon machte sich erneut bemerkbar. Wider besseres Wissen ging ich dran.
    »Hör zu, ich kann verstehen, wenn du mich hasst«, sagte Dad.
    Ich antwortete nicht.
    »Aber wenn ich trinke …« Er ließ den Satz unvollendet – und wieder schaffte ich es, lange zu schweigen.
    »Es tut mir leid, okay?«, sagte er. Schweigen.
    »Bitte sag mir, dass du meine Entschuldigung akzeptierst.«
    Schweigen. Dann fragte ich: »Also, warum brauchst du 10 000 Dollar?«
    »Ich bitte dich nicht darum.«
    »Warum brauchst du sie?«
    Meine Stimme blieb ruhig, aber fest. Am anderen Ende der Leitung hörte ich wieder Eiswürfel klirren.
    »Weil … weil ich pleite bin, deshalb.«
    »Ich dachte, du arbeitest als Consultant.«
    »Das habe ich auch … aber das ist schon lange vorbei.«
    »Seit wann?«
    »Seit vier Jahren.«
    »Seit vier Jahren ?«
    »Du hast mich richtig verstanden.«
    »Und seitdem?«
    »Nichts.«
    »Wovon hast du dann gelebt?«
    »Zum Teil von Sozialhilfe aus der Heimat – und von Consuela. Aber da sie Friseurin ist …«
    »Das große Haus, der Pool, der Butler, die Bediensteten und die drei Pferde, auf denen ich eines Tages hätte reiten sollen, sind also …?«
    »… schon seit Jahren nicht mehr existent.«
    Und er hatte kein Wort gesagt – meine Bitten, ihn besuchen zu dürfen, regelmäßig abgelehnt, stattdessen was von seiner chilenischen Hazienda gefaselt und mich immer angewiesen, ihm postlagernd nach Santiago zu schreiben.
    »Und jetzt, wo dich Consuela verlassen hat …«
    »… habe ich 600 Dollar im Monat, von denen ich leben

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