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Ausgeliebt

Titel: Ausgeliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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beobachtete die Gesichter der Frauen um mich herum. Bis auf Leonie wusste noch niemand, wie meine letzten Monate verlaufen
     waren. Ich hatte keine Lust, es ihnen zu erzählen.
    Judith zählte durch.
    »Irgendjemand fehlt doch noch, oder nicht? Ich hatte doch für neun Leute reserviert.«
    »Das hast du, wie immer, richtig gemacht.«
    Luise hatte die Stimme einer Synchronsprecherin. Sie war nur schöner. Groß, grazil, schwarze Haare, klassische Gesichtszüge,
     immer auffällig angezogen. Sie fiel auf, stand sofort im Mittelpunkt.
    Sie setzte sich auf den freien Stuhl neben mir.
    Ich fühlte mich sofort wie eine Wuchtbrumme mit schlechter Haut und falschen Klamotten.
    »Hallo, Christine.« Ihre grünen, perfekt geschminkten Augen fixierten mich.
    »Haare ab, Mann weg?«
    Schlagartig verstummten die Gespräche der anderen.
    Sieben Augenpaare starrten mich an.
    Ich nahm meinen Mut zusammen und hielt Luises Blick stand.
    »Ja.«
    Das Schweigen war jetzt entsetzt.
    Eva spürte wohl mein Unbehagen und versuchte zu retten.
    »Übernachtest du heute wieder bei deiner Schwester? Du warst doch mal mit ihr bei uns im Laden, ist die das?«
    Ich sah zu ihr.
    |80| »Ich habe nur eine Schwester. Ich übernachte aber nicht bei ihr, ich bin vor zwei Monaten nach Hamburg gezogen.«
    Anke hatte eine durchdringende Stimme.
    »Wieso weiß das denn keiner? Was ist denn passiert? Hast du einen Neuen? Erzähl doch mal.«
    Ihr Blick war sensationslüstern.
    Franziska sah erst Anke giftig, dann mich aufmunternd an. Sie hob ihr Glas in meine Richtung.
    »Also dann, willkommen in der Runde. Jetzt trifft man dich wenigstens auch mal zwischendurch.«
     
    In diesem Moment kam der Kellner, um die Bestellungen aufzunehmen. Das Stimmengewirr setzte wieder ein.
    Luise berührte meinen Arm.
    »Das tut mir leid, ich wollte nicht ins Fettnäpfchen treten. Du siehst so erholt und entspannt aus. Mit so was hatte ich nicht
     gerechnet. Willst du darüber reden?«
    »Nein, möchte ich nicht. Aber das konntest du auch nicht wissen, es ist o.k.«
    Der Kellner fragte mich, was ich essen wollte. Ich bestellte Pasta pesto, weil mir so schnell nichts anderes einfiel. In die
     Karte hatte ich gar nicht geschaut.
    Nina fragte mich nach meiner neuen Adresse, Judith bot mir ihre Hilfe an, falls ich in der Wohnung noch welche bräuchte, Eva
     lud mich zu einer Lesung in zwei Wochen in ihre Buchhandlung ein.
    Am anderen Ende des Tisches hatten Maren und Leonie schon wieder andere Themen.
    Ich erzählte Franziska und Luise von der Wohnungssuche, Judith debattierte noch mit dem Kellner, Nina und Eva sprachen über
     den Autor, der lesen würde.
    Ich zog meinen Blazer aus und hängte ihn über den Stuhl.
    Anke beugte sich in meine Richtung.
    »Christine, du hast da was am Ellenbogen. Hast du dich beim Umzug verletzt?«
    |81| Ich dachte, nein, beim Listenschreiben, und versuchte ernst zu bleiben.
    »Ja, so ähnlich. Ist nur abgeschrammt.«
     
    Der Rest des Abends verlief wie die sonstigen Stammtischabende. Wir redeten über Bücher, klatschten über andere Kollegen,
     verglichen unsere Termine miteinander und erfanden den Buchhandel neu.
    Ich sah Leonie an, die ein Gähnen unterdrückte. Auch Nina rieb sich vorsichtig die Augen.
    Sie stand als Erste auf.
    »So, ich mach mal den Anfang. Ich muss morgen früh raus, wir haben um 9   Uhr eine Telefonkonferenz. Wir zahlen vorne, oder? Also, ich wünsche euch einen guten Start, wir telefonieren. Bis bald.«
    Sie zwinkerte mir zu und spreizte Daumen und kleinen Finger, als Zeichen für den Telefonhörer. Ich würde sie anrufen und nickte.
    Ich nickte Leonie zu, die wieder gähnte, und zog meinen Blazer von der Stuhllehne.
    Als ich ihn anzog, beugte sich Luise zu mir.
    »Sag mal, Christine, könnten wir nächste Woche mal essen gehen? Mittwoch vielleicht.«
    Ich war verwirrt. Wir hatten nie viel miteinander zu tun gehabt, als neugierig empfand ich sie auch nicht. Trotzdem sagte
     ich: »Klar.«
    Ihre Antwort kam schnell.
    »Gut, Mittwoch, 19   Uhr im ›Cox‹, Lange Reihe. Abgemacht?«
    Sie sah mich forschend an.
    »Abgemacht.«
    Leonie und ich gingen bezahlen. Maren und Franziska schlosen sich an. Vor dem Restaurant standen wir noch ein paar Minuten
     zusammen.
    Franziska verdrehte die Augen.
    |82| »Anke geht mir wirklich von Mal zu Mal mehr auf den Geist. Irgendwann drehe ich ihr den Hals um.«
    Leonie zuckte mit den Schultern.
    »Sie kann auch ganz anders sein. Manchmal tut sie mir leid.«
    Franziska schüttelte

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