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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
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mit einem strengen Blick einige Eurostücke auf den Tisch.
    „Stimmt so“, sagt sie und rauscht von dannen.
    Naja. So ist sie eben, murmelt mein gutes Ich und streicht die Münzen ein.
    Sascha sitzt an der Theke und blättert konzentriert in einem Kochbuch. Dabei kaut er unentwegt auf einem Zahnstocher herum, während seine Lippen sich lautlos bewegen. Ab und an kratzt er sich am Hinterkopf. Er schaut nicht einmal auf, als ich ihm das Geld in die Schürze stecke.
    „Was machst du da?“
    Er zuckt erschrocken zusammen, so als bemerke er meine Anwesenheit erst jetzt. Schnell klappt er den Bildband zu. Zu spät. Ich sehe genau, dass ein weiteres Büchlein zwischen den Seiten des anderen versteckt liegt. Wortlos greife ich zu und ziehe das kleine Buch mit spitzen Fingern heraus. Auf dem Einband ist der Titel in Goldbuchstaben eingeprägt. Gedichte von Morgenstern. Nanu? Ich brauche eine Weile, ehe ich verstehe. Wieder einmal fällt mir ein Puzzleteil in den Schoß. Natürlich. Deshalb saßen Julia und Sascha dauernd tuschelnd in irgendeiner Ecke oder verzogen sich hinter die Regale. Und ich dachte, die zwei Turteltauben treiben unanständige Sachen in meinem Laden.
    „Sascha?“
    Begeistert wedle ich mit dem Gedichtband vor seinem verlegenen Gesicht herum. Er lächelt verkrampft und schüttelt abwehrend den Kopf. Ich schlage eine Seite auf und reiche ihm den geöffneten Band.
    „Lies!“, befehle ich streng.
    Sascha schluckt. Zögernd nimmt er die Lektüre entgegen, hüstelt und räuspert sich. Mit dem rechten Zeigefinger fährt er über die Schrift und beginnt zaghaft, nachzulesen. Julia bleibt gebannt im Eingang stehen, ihre Tasche gleitet ungeachtet zu Boden. Stolz erwidert sie mein anerkennendes Nicken und reckt stumm den Daumen in die Höhe, während Sascha aus Buchstaben Wörter und stockende Sätze bastelt. Es ist die schönste und wahrscheinlich auch holprigste Lesung, die ich jemals gehört habe.
     
    *
     
    Heute ist ein großer Tag für das Cook & Chill. Durch das Feuer und die Schließung des Ladens schuldete ich bis dato meinen Kochschülern ihr versprochenes Kochfinale. Und genau das holen wir an diesem Abend nach. Jeder Teilnehmer erwartet seinen persönlichen Gast zu einem fulminanten Fünf-Gänge-Menü der Extraklasse als krönenden Abschluss des Kurses. Nicht nur meine Schüler fiebern dem Ereignis entgegen. Ich fühle mich wie kurz vor meinem Abschlussball in der neunten Klasse, als ich in einem bonbonfarbenen Monstrum aus Tüll auf meinen beleibten, schwitzenden Begleiter wartete, damit er mir die feuchten Hände reichte und meine Füße blau treten konnte. Mit klopfendem Herzen überfliege ich wohl zum hundertsten Mal die Gästeliste. Friedrich kommt mit Elroy, Pardon, Jens, Johannes natürlich mit seiner Frau Linda, Julia bekocht ihre Schwester Melissa. Saschas Mutter reist aus dem Bergischen an, Lukas und Vida bringen gemeinsame Freunde mit. Louise von Stetten ist der Ehrengast. Julius trägt die Schirmherrschaft über die passenden Tischweine und steht außerdem den Kocheleven in der Küche mit Rat und Tat beiseite. Helga Krause und Britta servieren die Speisen und bedienen die Geladenen. Ich achte darauf, dass alles wie am Schnürchen läuft, was in erster Linie bedeutet, dafür zu sorgen, dass mein Koch sein Temperament zügelt und keine Tränen fließen.
    Olga sagt seit dem frühen Morgen Dreck und Staub den Kampf an. Sie wirbelt durch das Ladenlokal und singt dabei unverdrossen ihre russischen Wiegenlieder, begleitet vom eintönigen Greinen des Kampfstaubsaugers. Das Cook & Chill soll heute gemäß dem Anlass in besonders unvergleichlichem Glanz erstrahlen. Helga arrangiert die Blumen und poliert die Leuchter für die unzähligen Kerzen. Julius streitet lautstark mit dem Lieferanten auf dem Hof. Der arme Kerl wirkt unerfahren und kam bisher noch nicht in den Genuss der Bekanntschaft des kleinen Mannes. Ein bisschen schadenfroh registriere ich, dass des Zulieferers Gesicht soeben hochrot anläuft. Seine Waren sind zweifelsfrei von hervorragender Qualität, was sich leider im Preis niederschlägt. Doch mit einem Sternekoch bekommt er es vermutlich nicht allzu oft zu tun. Zweifelsohne findet Herr Zander genügend zu bemängeln, um die Kaufsumme zu drücken, denke ich grinsend. Ich möchte nicht anstelle des Gemüsehändlers sein.
    Vor einigen Tagen ergriff ich endlich die Gelegenheit, Julius dafür zu danken, dass er mich aus dem brennenden Haus rettete. Wie und was damals genau ablief,

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