Ausradiert: Thriller (German Edition)
Gedanken schon woanders. Dann machte Amanda, die das ganze Jahr keinen Ton gesagt hatte, den Mund auf. ›Los, wir wollen doch mal sehen, ob wir ihnen die Erinnerung an das Spiel verderben können‹, sagte sie. Alle starrten sie an. Es war seltsam, aber richtig.«
»Haben Sie gewonnen?«
»Das wäre ein Hollywood-Ende«, sagte Betsy Matsu. »Wir gewannen den dritten Satz neunzehn zu siebzehn, den vierten siebzehn zu fünfzehn, aber im fünften ging den Mädchen die Puste aus – fünfzehn zu elf war das Ergebnis, glaube ich. Aber es veränderte die Meinung über das Spiel – die Leute reden heute noch davon. Ich war sehr unglücklich, als ich hörte, dass sie aufgehört hat.«
»Warum tat sie das?«
»Ich weiß es nicht. Sie hat an dem Volleyball-Lager teilgenommen, das ich letzten Sommer abgehalten habe, außerdem haben sie in Van Nuys ein gutes Programm, und ihre neue Trainerin war ganz begeistert, dass sie zu ihnen kam. Amanda ist ein großes Talent. Aber im Herbst hat sie aufgehört.«
»Irgendeine Erklärung?«
»Nichts, was irgendwie helfen könnte. Ich rief Amanda im Auftrag ihrer neuen Trainerin an, und sie sagte mir, sie wäre Volleyball leid. Natürlich passiert so etwas, ich habe auch vorher schon davon gehört, aber im Grunde erklärt das gar nichts. Warum verlieren manche Kinder das Interesse?«
»Ich möchte einfach nur wissen, warum es bei Amanda so war«, sagte Nick.
Betsy nickte, trank Tee. Ihr Hände waren lang und wohlgeformt, die Nägel kurzgeschnitten. »Sie arbeiten für Liza?«
»Sie hat mich engagiert, um Amanda zu finden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Sie stecken in Schwierigkeiten.«
»Ich weiß. Aber Amanda ist nicht verschwunden.«
»Jetzt sind sie es vielleicht beide«, sagte Nick. Betsys Augen wurden groß. »Erzählen Sie mir mehr über ihre Probleme.«
»Die Miete für ihr Haus wurde erhöht, und man hat sie rausgeworfen«, sagte Betsy. »Und Liza hat ihre Arbeit verloren.«
»Was hat sie gemacht?«
»Hat sie Ihnen das nicht erzählt? Liza arbeitete für einen Partyservice, aber wegen der schlechten Wirtschaftslage mussten sie Leute entlassen.«
»Kennen Sie den Namen von diesem Partyservice?«
Betsy schüttelte den Kopf. »Ich glaube, er ist in Beverly Hills.«
»Haben sie noch andere Schwierigkeiten?«
»Reicht das nicht?«
»Vielleicht«, sagte Nick. »Aber warum sind sie gestern Abend gefahren?«
»Familienangelegenheiten, hat Liza gesagt.«
»Wie zum Beispiel?«
»Das hat sie nicht gesagt.«
»Haben Sie gefragt?«
»So etwas tue ich nicht.«
»Wissen Sie, wohin diese Familienangelegenheiten sie geführt haben?«
»Auch das weiß ich nicht.«
»Hatten sie Besuch, während sie hier wohnten?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Telefonanrufe?«
Sie dachte nach. »Nur den einen.«
»Gestern Abend?«
»Woher wissen Sie das?«, sagte Betsy. »Das Telefon klingelte gegen sieben. Ich habe abgenommen. Ein Mann war dran, der nach Amanda fragte. Ungefähr eine Stunde später sind sie gefahren. Meine Güte! Wissen Sie, was verrückt ist? Ich habe diese Familienangelegenheiten bis zu dieser Sekunde gar nicht mit dem Anruf in Verbindung gebracht. Wie blöd bin ich eigentlich?«
»Sie sind nicht blöd«, versicherte Nick. »Hat der Anrufer seinen Namen genannt?«
»Nein.«
»Haben Sie etwas von dem Gespräch mitbekommen?«
»Nein. Amanda hat das Telefon mit ins Schlafzimmer genommen.«
»Kann ich mal sehen?«
Sie führte ihn den Flur entlang, öffnete die Tür zu einem kleinen Schlafzimmer mit zwei Betten, beide abgezogen, das Bettzeug säuberlich gefaltet auf den Matratzen. Ein schnurloses Telefon lag auf dem Nachttisch.
»Hat es eine Anruferliste?«
»Oh, was für ein kluger Gedanke«, rief Betsy. »Aber es hat keine.«
Nick probierte Sternchen 69. Der letzte Anruf stammte von Betsys Versicherungsagenten.
»Darf ich mich mal umsehen?«, fragte er.
»Kein Problem.«
Nick durchsuchte das Zimmer. Nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Er hatte vor langer Zeit gelernt … was? Ihm wurde bewusst, dass er keine Ahnung hatte, warum er das Zimmer auf diese Weise durchsuchte, es einfach aus Gewohnheit tat. Unter dem zweiten Bett, dem am Fenster, das auf eine schmutzige Gasse hinausführte, entdeckte er etwas, das ihn fassungslos machte: eine düstere Postkarte, die einen Mediziner des siebzehnten Jahrhunderts zeigte, der einen wächsernen Leichnam sezierte, zur Belehrung sieben faszinierter Studenten – so fasziniert wie Betsy Matsu in
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