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darüber schon vor dem Start der Maschine im klaren waren oder ob sie es erst während des Flugs bemerkt haben.«
»Was war der Ausgangspunkt ihrer Reise?« wollte die Frau wissen.
»Toronto«, gab der erste Mann Auskunft. »Hat sich in letzter Zeit in Toronto irgend etwas getan?«
»Soweit wir wissen - nicht das geringste. Nicht einmal irgend welche Gerüchte«, bemerkte die Frau.
»Wenn sie also dort keinen Auftrag erledigt haben...«
»Müssen sie sich dort getroffen haben. Sie müssen von dort losgeschickt worden sein.«
»Es sei denn, sie haben zufällig dieselbe Maschine genommen«, gab der zweite Mann zu bedenken.
»Bei denen bleibt nichts dem Zufall überlassen.«
»Vielleicht arbeiten sie für zwei gegnerische Seiten«, bot der zweite Mann eine neue Erklärungsmöglichkeit an. »Nein, das dürfte ziemlich unwahrscheinlich sein. Sie haben nicht den Eindruck erweckt, als hätten sie es sehr eilig gehabt, die Maschine zu verlassen.«
»Natürlich nicht«, warf die Frau ein. »Die beiden sind Profis. Ganz im Unterschied zu einigen von uns.« Sie warf dem zweiten Mann einen kurzen Blick zu und wandte sich dann dem ersten zu. »Ich kann mich jedenfalls des Eindrucks nicht ganz erwehren... «
»... daß die beiden zusammen reisen«, führte der erste Mann ihren Gedanken zu Ende. »Sie verhalten sich zwar sehr unauffällig, aber sie haben keinerlei Anstalten unternommen, sich zu tarnen. Es scheint ihnen gleichgültig zu sein, ob wir auf sie aufmerksam werden. Offensichtlich dreht es sich um eine Angelegenheit von außerordentlicher Wichtigkeit, und wie es scheint wollen uns die beiden einen kleinen Hinweis geben. Anscheinend geht es dabei um nichts Berufliches.«
»Sondern?« fragte die Frau. »Etwa um Persönliches?«
»Ich würde sogar sagen: um etwas sehr Persönliches. Sie wollen uns offensichtlich zu verstehen geben: Hört mal, Jungs, wir legen die Karten ganz offen auf den Tisch; wir wollen nichts von euch - also laßt auch ihr uns gefälligst in Frieden. Diese Sache geht euch nichts an.«
»Durchaus möglich«, nickte die Frau. »Aber falls du recht hast, möchte ich nicht in der Haut derjenigen stecken, hinter denen die beiden her sind.«
5
St. Paul Minnesota. William Miller trat das Gaspedal des Audi, der seinem verschwundenen Vater gehört hatte, bis zum Anschlag durch. Trotz seiner Sonnenbrille stach die tief stehende Nachmittagssonne in seine Augen. Er hatte heftige Kopfschmerzen - aber nicht von der Sonne. Er raste mit quietschenden Reifen um eine Kurve und weiter die von Bäumen gesäumte Straße entlang, bis er schließlich schleudernd in die Zufahrt zu seinem Haus bog und dann so abrupt bremste, daß der Sicherheitsgurt schmerzhaft in seine Schulter schnitt.
Als er aus dem Wagen sprang, kam ihm seine Frau bereits aus dem Haus entgegengestürmt.
»Ich hatte gerade eine Besprechung mit einem Herrn von der Stadtverwaltung«, stieß Miller aufgeregt hervor. »Und als ich dann meine Sekretärin anrief...« Seine Stimme klang gepreßt. »Wo ist das verdammte Zeichen?«
»Im Swimmingpool.«
»Was?«
»Als ich heute morgen auf der Terrasse gefrühstückt habe, ist es mir noch nicht aufgefallen. Sie müssen gewartet haben, bis ich heute nachmittag Tennisspielen gegangen bin.«
Miller rannte ums Haus und blieb am Rand des Swimmingpools stehen, um finster in das leere Becken hinabzustarren.
Mit schwarzer Farbe hatte jemand den gesamten Becken-boden mit einem furchterregenden Symbol bemalt.
Millers Kehle fühlte sich an, als hätte er eine Handvoll Sand geschluckt. Es dauerte eine Weile, bis er mühsam hervorwürgen konnte: »Sie haben sich Zeit gelassen. Offensichtlich wollten sie uns in dem Glauben bestärken, daß wir nichts mehr von ihnen zu befürchten hätten. Wir sollten uns in der trügerischen Sicherheit wiegen, daß sie sich damit zufrieden gegeben hätten, mir nur meinen Vater zu nehmen.«
Heftig würgend starrte Miller auf das riesige schwarze Symbol.
Ein Totenkopf.
»Was wollen diese Leute nur von uns?« fragte seine Frau.
Miller antwortete ihr nur mit einer noch dringlicheren Frage. »Was sollen wir jetzt tun?«
Schattenspiel
1
Wien. Es regnete noch immer. Die Hände tief in seinen Manteltaschen vergraben, wanderte Saul an der Donau entlang. Von den Bäumen tropfte der Regen, als er den Park betrat. Er ging auf einen Musikpavillon zu, dessen Bretterboden dumpf unter seinen Füßen hallte, als er ihn überquerte.
Ein Bein angewinkelt, saß auf der anderen Seite des
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