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diskutiert hätte.
Aber ich war sternhagelvoll. Ich fühlte mich stark, überlegen und privilegiert, gegenüber dem Pöbel, der unter mir wie ein schmutziges Rinnsal vor sich hinzuplätschern schien. Und meine Klippe hatte die Bequemlichkeit eines Thrones, auf dem eine vergötterte Regentin saß. Nämlich ich! Kurz und gut, ich war dem Größenwahn näher und Lichtjahre von der Realität entfernt. Entsprechend lebensmüde benahm ich mich auch.
Ich schmachtete ihn an, warf ihm all mein verfügbares Kontingent an heißblütigen Blicken zu, d as ich jemals vor meinem Spiegel eingeübt hatte. Fuhr mit meiner Zunge vulgär über meine Lippen, dass ich mich mit Speichel voll sabberte. Ich zog alle Register, und trumpfte sogar mit einer angedeuteten Onanieshow auf. Ich heizte meinen Rivalinnen kräftig ein, ohne zu bemerken, dass die bereits das Brandeisen schürten. Meine Schwester bemühte sich vergeblich, in meinen Fruchtbarkeitstanz einzugreifen, denn ich stieß sie, unter Androhung von Prügel, zurück. Das erste mit Wasser gefüllte Kondom flog durch die Luft und klatschte mir direkt zwischen meine gespreizten Beine. Das zweite, ergoss sich über meinen Hut, und beim dritten, das eine handbreit neben mir explodierte, schrie ich verzweifelt nach meiner Schwester, die nirgends mehr zu sehen war.
Ich weiß nicht, ob es das kalte Wasser war, das mich wieder zu Verstand brachte, oder die Bierflaschen, die sich wesentlich schmerzhafter anfühlten. Vielleicht war es auch Ulla Meiers Stimme, die zum Sturm blies:
„Killt diese Schlampe! Holt sie vom Sockel!“
Verzweifelt versuchte ich , nach den Händen, die sich an meine Stiefel klammerten, auszuschlagen. Wie eine wild gewordene Stute, verteilte ich Tritte, um mich aus den Klauen dieser aufsässigen Hyänen zu befreien. Konzentrierte mich darauf, möglichst viele Köpfe zu treffen, aber vergaß bei meinem Widerstandkampf auf mein Gleichgewicht zu achten. Ich stürzte und wurde an Armen und Beinen von meinem Sockel heruntergeschleift. Jetzt lag ich am Boden und war dem keifenden Mopp hilflos ausgeliefert. Mein Hut wurde mir vom Kopf gerissen und flog wie eine Diskusscheibe durch den Keller. Ich wurde an meinen Haaren gezerrt, mit billigem Fusel übergossen, ins Gesicht geschlagen und mit Fußtritten traktiert. Es war sinnlos mich zu wehren. Deswegen beschränkte ich mich darauf, wenigstens mein Gesicht zu schützen. Aber selbst das gelang mir nicht. Meine Nase blutete bereits, und je mehr ich nach Ferdinands Namen schrie, umso mehr wurde ich beschimpft und getreten. Durch meine blutverschmierten Hände konnte ich erkennen, wie die Jungs von der Band mir versuchten zu helfen, jedoch mit Gewalt zurückgehalten wurden. Ferdinand wurde von mehreren Weibsbildern zu Boden gestreckt, sein Hemd zerrissen und anschließend durch die pfeifende Menge geschleudert. Ich fühlte mich verloren und fand mich damit ab, dass mir nicht mehr geholfen werden konnte. Mein Kopf dröhnte, aber dank meines Alkoholkonsums, verspürte ich keinerlei Schmerzen. Obwohl mich Ulla Meier gezielt in den Bauch getreten hatte.
Ich beschloss aus meinem Elend das Beste zu machen . Schließlich war ich selber Schuld, dass ich jetzt wie ein zusammengekrümmter Wurm im Dreck lag. Behutsam streckte ich meine Beine aus und legte meinen Kopf ein wenig nach hinten, damit endlich das Nasenbluten aufhörte. Ich ertastete mit meiner Zunge, ob noch alle Zähne vollständig waren, und redete mir gut zu, dass es sich nur noch um Minuten handeln konnte, bis sich die Bestien zur Genüge an meinem Anblick gelabt und das Interesse an mir verloren hatten.
Ringsherum war eine finale Ruhe eingetreten, die schauderhaft anhielt. Obwohl ich meinen Brummschädel von der glotzenden Menge abgew andt hatte, konnte ich die schadenfrohen Blicke spüren, die über meinen Körper streiften. Und obwohl mir das Blut langsam in meinen Ohren gerann, konnte ich sehr wohl das zischelnde Flüstern vernehmen, das sich hinter meinem Rücken ausbreitete und mir eine Gänsehaut bescherte. Ich hatte plötzlich wieder Angst.
„ Reich mir den Jack Daniels !“, ertönte die kratzig verschleimte Stimme von Ulla Meier, die den Überfall angezettelt hatte, und die sich wie ein amtierender Räuberhauptmann aufführte.
Schritte kamen auf mich zu. Ich blickte nicht zurück, sondern starrte abwesend die alte Feldsteinmauer an . Vernahm das Wegrollen des Flaschenstöpsels, bis ich erschrocken zusammenzuckte. Ulla Meier übergoss mich mit Whisky, und ich
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