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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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zurück.
    Lydia wartete noch einen Augenblick, um sicher zu sein, dass keiner der Schmuggler zurückkehren würde. Dann schlich sie über die Lichtung auf den schwachen Schimmer zu, der aus dem Türspalt drang. Diesmal jedoch waren ihre Gedanken zu sehr mit dem Bruder beschäftigt, sodass sie ihre Füße nicht vorsichtig genug aufsetzte. Ein Zweig knackte unter ihrem Schritt. Es klang wie ein Pistolenschuss. Sofort war Freddie an der Tür, einen entsicherten Revolver in der Hand.
    “Nicht schießen, Freddie! Ich bin es!”, rief sie halblaut.
    “Lydia? Was machst du hier? Ich habe dir doch gesagt, dass du die Hütte meiden sollst.”
    “Ich musste kommen.”
    “Warum? Wolltest du ein wenig Spaß haben?”
    “Ich glaube nicht, dass es hier sehr spaßig zugeht, Freddie. Du hättest mich erschießen können, wenn ich nicht gerufen hätte, nicht wahr?”
    “Das ist ja genau der Grund, weshalb du nicht herkommen solltest, du dummes Ding. Ich hätte dich sicherlich nicht erschossen, aber möglicherweise ein anderer.”
    “Und Ralph Latimer? Wolltest du ihn erschießen?”
    Freddie packte ihren Arm so heftig, dass sie leise aufschrie. Doch er ließ nicht locker. “Du hast es ihm gesagt. Du hast ihm gesagt, dass ich hier bin, und der Feigling hat dich hierhergeschickt, um mir auszurichten, dass er nicht kommt …”
    “Nein, Freddie, ich habe ihm nichts gesagt. Aber Annabelle ist verschwunden!”
    “Annabelle? Mein kleines Mädchen?”
    “Ja, aber sie ist kein kleines Mädchen mehr. Sie ist schon sechzehn und bildet sich ein, verliebt zu sein. Zuerst dachten wir, die beiden sind zusammen weggelaufen. Mama glaubt auch immer noch daran. Aber ich fürchte …”
    “Was fürchtest du?”
    “Ich fürchte, sie könnte entführt worden sein von … von …” Ängstlich hielt Lydia inne und fügte dann leise hinzu: “Von den Schmugglern.”
    Der Bruder stieß ein raues Lachen aus. “Warum sollten die Schmuggler an Annabelle interessiert sein?”
    “Ich weiß nicht. Vielleicht ist sie genau wie ich auf irgendetwas gestoßen, das sie nicht wissen durfte. Es ist doch schließlich mehr im Spiel als nur die illegale Einfuhr von Waren, nicht wahr?”
    “So, was denn noch?”
    “Keine Ahnung. Aber ich hörte, wie ein Franzose von einem Gaston sprach, der vermisst wird … Au, du tust mir weh, Freddie!” Der Griff des Bruders hatte sich verstärkt. Doch er ließ sofort die Hand sinken und sah in Lydias Augen, die vor Aufregung fast schwarz waren.
    “Verzeih”, murmelte er. “Ich wollte dir nicht wehtun. Ich fürchte, ich habe während meiner Soldatenzeit vergessen, welch zarte Blumen die Mädchen sind.”
    “So zart bin ich nun auch wieder nicht, Freddie. Ich bin sogar ziemlich robust und habe Mama die ganze Zeit getröstet. Aber ich mache mir doch große Sorgen um Annabelle.”
    “Lydia, ich schwöre, dass sie nicht bei uns ist. Ach, wenn ich doch helfen könnte, sie zu suchen!”
    “Warum kannst du das nicht?”
    “Es geht eben nicht, Lydia.”
    “Nun, dann darfst du dich auch nicht beklagen, dass es Ralph Latimer an deiner Stelle tut. Mama vertraut ihm sehr, und er hat versprochen, sie zu finden und wieder nach Hause zu bringen.”
    “So kommt er heute also nicht?”
    “Er kann nicht kommen. Er ist viele Meilen entfernt auf der Suche nach Annabelle.”
    “Ach, verdammt!”
    “Wenn er uns Annabelle zurückbringt, dann stehst du tief in seiner Schuld, Freddie, und ich hoffe, dass du dann deinen Zorn und deinen Hass vergisst und lernst, mit ihm als Nachbarn zu leben, so wie wir es auch tun.” Es schmerzte Lydia, diese Worte auszusprechen, nicht weil sie ihr ihre eigenen Fehler vor Augen hielten, die sie sich inzwischen unverhohlen eingestanden hatte, sondern weil der Gedanke, mit dem Earl nur als Nachbarn leben zu müssen, ihr unerträglich schien, insbesondere wenn sie dann mit Sir Arthur verheiratet war.
    “Das kann ich nicht, Lydia.”
    “Dann bist du nicht mehr mein Bruder”, erwiderte sie ärgerlich.
    “Lydia, liebste Lydia, es liegt jetzt nicht mehr in meiner Hand …”
    “Was soll das heißen?”
    “Das kann ich dir nicht erklären. Oh, ich stecke schlimmer in der Klemme als vor zehn Jahren. Aber ich wollte doch unbedingt nach Hause – ich hatte all die Jahre davon geträumt – und deshalb habe ich eingewilligt …”
    “Eingewilligt? Worin?”
    “Geh jetzt schnell nach Hause, Lydia”, sagte Freddie unvermittelt. “Die Männer werden bald wiederkommen, und dann darfst du nicht mehr hier

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