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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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sein. Geh, bitte.” Er gab ihr einen kleinen Stoß, und sie machte sich zögernd mit gesenktem Kopf auf den Weg. Offensichtlich drohte Annabelle von den Schmugglern keine Gefahr. Doch was hatten sie mit Ralph Latimer vor? Und wo blieb nur Robert Dent?
    “Hab ich dich endlich!” Unversehens wurde Lydia in etwas Dunkles, Stinkendes eingehüllt. Sie konnte nichts mehr sehen und kaum noch atmen. Sie bäumte sich auf, versuchte zu schreien, doch jeder Laut wurde von dem Mantel oder der Decke oder was immer man ihr über den Kopf gezogen hatte, erstickt. Ein Strick wurde um sie gewickelt, sodass sie Arme und Beine nicht mehr bewegen konnte. Und dann warf man sie ziemlich unsanft offensichtlich auf einen Karren, denn er setzte sich sofort in Bewegung.
    Eine Zeit lang versuchte sie noch, sich zu befreien, gab dann aber die vergeblichen Bemühungen auf. Wenn die Männer zu den Schmugglern gehörten, dann waren sie wahrscheinlich auf dem Weg zur Waldhütte, sagte sie sich einigermaßen erleichtert. Dort aber würde Freddie sein und sie wieder befreien. Da sie von ihrer Umgebung nichts erkennen konnte, spitzte sie nun umso mehr die Ohren.
    “Er sagt, er will dem Earl eine Botschaft schicken, dass die Schmuggler in dieser Nacht in der Waldhütte sein werden und dass er sich sogleich auf den Weg machen muss, wenn er sie erwischen will.”
    “Gut”, erwiderte eine raue Stimme. “Ich hoffe, er macht ordentliche Arbeit. Manchmal frage ich mich, ob er auch mit dem Herzen dabei ist.”
    Der erste Mann lachte. “Pfeif auf sein Herz. Ich habe nur Sorge, dass er einen kühlen Kopf bewahrt. Wir sollten für alle Fälle in der Nähe bleiben, damit ihn nicht plötzlich die Feigheit packt.”
    “Glaubst du, dass er hasenherzig wird? Er soll doch den Leichnam ins Moor werfen, wo ihn nie mehr jemand finden wird. Keine Leiche, keine Anklage. Jeder wird denken, er ist wieder dorthin zurück, wo er hergekommen ist, wegen der Gerüchte und so weiter.”
    “Unser Herr und Meister interessiert sich nicht für die alten Familienfehden. Er will den Kerl aus anderen Gründen tot sehen.”
    So, sie wollen Ralph Latimer also umbringen, und Freddie ist dazu ausersehen, diesen Plan in die Tat umzusetzen, dachte Lydia. Welch ein Glück, dass der Earl im Augenblick in weiter Ferne weilte! Doch was wurde nun aus ihr? Würden sich die Kerle an ihr schadlos halten, wenn ihnen ihre eigentliche Beute entwischte? Freddie würde das nicht gestatten, und Robert Dent auch nicht. Aber wo war er denn nur? Sie hatte ihm so vertraut, doch wahrscheinlich war es nie seine ehrliche Absicht gewesen, ihr zu helfen.
    Der Karren hielt mit einem Ruck, und sofort ertönte Freddies Stimme, laut und ungeheuer beruhigend. “Ihr habt euch ja viel Zeit genommen.”
    Einer der Männer sprang vom Kutschbock und fragte, ohne auf den Tadel einzugehen: “Ist er gekommen?”
    “Gaston? Nein. Ich vermute, ihr könnt dem bewussten Päckchen Adieu sagen. Es liegt wahrscheinlich auf dem Grund des Meeres.”
    “Und dort wirst du auch landen, wenn du deinen Anteil an diesem Handel nicht im vollen Umfang erfüllst.”
    “Keine Sorge, ich werde schon alles erledigen. Nun hilf mir aber beim Aufladen. Wenn ich es allein machen muss, brauche ich die ganze Nacht dazu.” Freddie trat an den Karren heran. “Was habt ihr denn da aufgelesen?”
    Der Mann lachte, packte Lydias Schulter und zwang sie damit, sich aufzurichten. “Einen Gefangenen. Haben ihn beim Spionieren erwischt.” Er zog die Decke von Lydias Kopf und riss dabei den Hut mit herunter. “Ei der Daus, was haben wir denn da? Ein hübsches kleines Mädchen, bei meiner Seele!” Der Mann war kräftig und breitschultrig, und sein Griff war hart wie Stahl. “Wer bist du denn, Kleine?”
    Lydia starrte Freddie an und wagte nicht zu antworten. Auch der Bruder musterte sie einen Herzschlag lang verstört. Dann sagte er, gezwungen lachend: “Das ist ja meine kleine Schwester! Steckt wieder mal ihre Nase in alles, was sie nichts angeht.” Und seufzend fügte er hinzu: “So war sie schon immer – schon als Kind …”
    “Du hast doch gesagt, du würdest nicht nach Hause gehen, sondern hier warten, bis er kommt …”
    “Habe ich ja auch. Sie kam am Nachmittag hierher, um ihren Hund abzurichten. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mit ihr zu reden. Dann habe ich sie zurückgeschickt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie wiederkommen würde.”
    “Und was machen wir nun mit ihr, Joe?” mischte sich der andere Mann in den

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