Balthazar: Roman (German Edition)
brauche ich dich bei diesem Plan?«
»Wenn du allein mit Redgrave fertigwerden würdest, dann hättest du es schon längst erledigt. Und ich ebenfalls. Gemeinsam hätten wir die Chance, die keiner von uns beiden allein hat. Und danach? Du würdest dich an die Abmachung halten, weil du nun mal so bist.«
Balthazar beugte sich noch näher, während sich seine Finger um die Scotchflasche schlossen, als ob er nachschenken wollte: »Du könntest recht haben.« Dann donnerte er Constantia mit aller Kraft die Flasche gegen die Schläfe.
Constantia brach ohnmächtig zusammen. »He«, brüllte der Barkeeper. Diese Bar hatte zwar keine besonderen Ansprüche an die Gäste, aber mitten während der Happy Hour eine Frau bewusstlos zu schlagen, na ja, das war dann wohl doch ein bisschen zu viel. »He, was soll das denn?«
Balthazar war mit einem Satz an der Tür, drehte sich dort noch einmal um und deutete auf den Geldschein, den Constantia auf den Tresen gelegt hatte. »Stimmt so.«
Kaum, dass er die Bar verlassen hatte, raste er los. Er legte immer mehr an Geschwindigkeit zu und trieb sich selbst so an, wie er es noch nie getan hatte. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hoffte er inständig, Skye noch rechtzeitig zu finden.
26
Skye verließ ihr Elternhaus, ohne dass die Vampire ihr irgendetwas angetan hätten.
Redgrave hatte sie voll und ganz unter seiner Kontrolle. Was auch immer es für ein Zauber war, mit dem er Skyes Handlungen lenkte, er schaffte es damit, sie vorwärtszutreiben. Sie hatte eine Hand auf das Treppengeländer gelegt und stieg vorsichtig die Stufen hinunter, während die Vampire hinter ihr sich über ihre Hilflosigkeit lustig machten. Skye kämpfte mit aller Kraft dagegen an, doch sie blieb gefangen in der fügsamen, formbaren Hülle ihrer selbst, in die Redgrave sie verbannt hatte.
Im Gehen konnte sie ihr Handy surren hören. Sie hatte eine Textnachricht bekommen, vermutlich von Balthazar, aber sie konnte nicht darauf antworten, ebenso wenig, wie sie irgendetwas sonst aus freiem Willen heraus tun konnte.
Die Wirkung ließ langsam nach, als sie im Kleinbus Platz genommen hatte, aber da war es schon zu spät. Rechts und links neben ihr saßen Vampire und hatten ihre Hände wie Klauen um ihre Oberarme gekrallt. Der Vampir hinter dem Steuer lenkte das Fahrzeug in Richtung Autobahn.
»Wohin fahren wir?«, fragte sie.
»Mein Schatz, was kümmert es dich?« Redgrave saß auf dem Beifahrersitz. Beiläufig riss er sich den Kupferanhänger vom Hals und warf ihn auf die Ablagefläche zwischen den Vordersitzen. »Bald schon wird es keinen Unterschied mehr für dich machen, wo du bist. Oder wer du bist. Es reicht wohl, wenn ich dir sage, dass wir in eine meiner Festungen fahren, die nur ein paar Stunden von hier entfernt liegt. Und wenn wir erst mal da sind, dann wirst du schon sehen.«
Skye stellte sich einen Käfig vor, einen richtigen Käfig mit Eisenstangen, und kämpfte gegen den plötzlichen Brechreiz an, der ihr die Kehle zuschnürte. Ich werde kämpfen , dachte sie. Ich muss sie überraschen. Das ist die einzige Chance, die ich habe. Ich muss nur den richtigen Moment abpassen und dann den Mut dafür finden.
Sie schaute aus dem Fenster und versuchte, die Fassung wiederzugewinnen. Obwohl sie voller Angst war und die Geschwindigkeit des Kleinbusses sie einen Augenblick lang verwirrte, war es doch nicht so schwer, sich in der Stadt zu orientieren, in der sie aufgewachsen war. Sie nahmen die längere, aber besser bekannte Strecke zur Autobahn, was bedeutete, dass sie unmittelbar an …
Ob das funktionieren könnte? Sie würde es nie erfahren, wenn sie es nicht einfach probierte.
Der Vampir, der ihr am nächsten saß, war Charity, deren Schönheit und Körpergröße sie als Balthazars Schwester auswiesen, auch wenn die beiden ansonsten kaum unterschiedlicher hätten sein können. Auch Charity riss sich ihren Kupferanhänger vom Hals und beschädigte dabei die Kettenglieder; offenbar hatte sie nicht vor, den Schmuck noch einmal anzulegen. »Warum können wir nicht gleich anfangen?«
»Charity.« In Redgraves Stimme schwang eine Warnung mit, obwohl sie unverkennbar liebevoll war. »Du kennst doch die Regeln.«
Charity stampfte mit dem Fuß auf dem Wagenboden auf. »Ich hasse Regeln.«
Redgrave kicherte. »In der letzten Zeit warst du doch ein braves Mädchen, nicht wahr? Bist gekommen, wenn man dich gerufen hat, und hast uns verraten, was man gegen die Geister unternehmen kann: alles sehr nützlich. Ich
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