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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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bekommen möchte.«
    »Wie du meinst«, antwortete Redgrave. »Aber wir werden uns wiedertreffen. Auf die eine oder die andere Art.«
    Mit zitternden Beinen stakste Skye zurück zu den Sesseln, wo Madison saß und wenig überzeugend so tat, als ob sie ganz und gar in eine Textnachricht auf ihrem Handy vertieft war. »Sososo«, zwitscherte sie betont leichthin, »scheint ja, als ob du an der Lyrik-Tafel einen neuen Freund gewonnen hättest.«
    »Er ist kein Freund. Er ist nur … ein alter, schmieriger Typ.«
    »So alt wirkte er gar nicht. Und schmierig ja wohl auch nicht.« Madison war ganz aus dem Häuschen und starrte Redgrave hinterher, als er quer durch den Raum zur Tür schlenderte, während sich viele Köpfe nach ihm umdrehten. »Laufen die heißen, älteren Kerle hier jetzt plötzlich in Scharen herum?«
    »Vergiss es.« Skye griff sich ihren Rucksack. »Lass uns auch gehen. Das Spiel fängt ohnehin gleich an.«
    Ihr Herz hämmerte, und sie bebte am ganzen Körper. Aber sie holte ein paar Mal tief Luft und sagte sich, dass sie erleichtert sein sollte: Redgrave würde sie also tatsächlich nicht angreifen, solange sie sich an Orten mit genügend Publikum aufhielt. Das verlieh ihr eine Menge Schutz, viel mehr, als sie es noch am Morgen für möglich gehalten hätte. Also, das waren doch gute Neuigkeiten, oder etwa nicht?
    Aber sie bekam die Frage, die er ihr gestellt hatte, nicht aus dem Kopf. Ob er wirklich wusste, was mit ihr los war? Ob er tatsächlich Antworten für sie hatte? Gab es einen Weg, ihm zu geben, was er wollte, und gleichzeitig in Sicherheit und am Leben zu bleiben?
    Als sie das Café Keats verließen, warf Skye noch einen letzten Blick auf die Lyrik-Tafel. Beim Rausgehen hatte Redgrave eine Zeile ihres Gedichtes verändert. Statt sie aufzufordern, sich zu erinnern, stand dort nun zu lesen:
    Komm mit mir .
    »Hey, Big Blue, schmeißt den Gegner raus, hey, Big Blue, so sehen Sieger aus!«
    Die Sporthalle war von Jubel und Sprechgesängen erfüllt, als Skye und Madison zu ihren Sitzen neben einigen Bekannten von Madison kletterten. Alle waren freundlich zu Skye, doch niemand machte sich die Mühe, sie ins Gespräch mit einzubeziehen, und so saß sie schon bald am Rand, ohne sich mit irgendwem zu unterhalten. Aber das war ihr eigentlich ganz recht.
    Sie holte ihr Handy heraus, um eine SMS zu schreiben; in genau diesem Augenblick surrte es in ihrer Hand. Die Nachricht kam von Balthazar: » Gut, dass du hier bist. Ich hatte ganz vergessen, wie öde diese Gemeinschaftsaktivitäten in der Schule sind. Wahrscheinlich habe ich es einfach verdrängt, wie man das bei Schmerzen so macht. «
    Skye konnte sich auf seinen scherzhaften Ton nicht einlassen.
    »Redgrave hat mit mir gesprochen. «
    »Was? Wann? Bist du in Ordnung? «
    »Ja, alles okay. Er kam im Café zu mir und sagte eine Menge seltsame Sachen – kann ich dir das nicht persönlich erzählen? Sonst bin ich das ganze Spiel über mit Tippen beschäftigt. «
    »Gut, wir treffen uns draußen am Imbissstand. «
    »Bin gleich wieder da«, sagte Skye. Madison drehte sich kaum zu ihr um, als sie ihr nachwinkte.
    Während Skye die Tribüne hinabstieg, sah sie dem Spiel zu. Da, mitten im Zentrum der Mannschaft beim Abwehren eines Angriffs war Craig. Seine langen Arme waren weit ausgestreckt, seine Finger gespreizt, und so umfing er seinen hilflosen Gegner wie ein Spinnennetz. Seine dunkelbraune Haut glänzte vor Schweiß; selbst so früh im ersten Viertel gab er bereits alles und schonte sich nicht.
    Einen Augenblick lang wanderten Skyes Gedanken zurück in die Vergangenheit: Letzten Sommer am Fluss, die heiße Augustsonne brannte auf sie beide nieder, da lagen sie ineinander verschlungen, Craigs Körper war eng an ihren gepresst, und seine schweißbedeckte Haut schimmerte, als sie zum ersten und einzigen Mal miteinander schliefen …
    Skye verdrängte die Erinnerung. Das alles kam ihr vor, als wäre es jemand anderem passiert. Jedenfalls wünschte sie sich das.
    Der schnellste Weg zum Imbissstand führte unter den Tribünen hindurch. Die Lehrer würden jeden Schüler, den sie dabei erwischten, aufhalten. Da jedoch einer der Aufsicht führenden Lehrer die Person war, die Skye treffen wollte, machte sie sich keine allzu großen Sorgen. Sie schaute kurz nach oben, um sicher zu sein, dass sie sich nicht den Kopf am Tribünengerüst stieß, da erstarrte sie.
    Er steht auf dem Gerüst, und sein ganzer Körper zittert vor Angst. Er will das nicht tun, aber er

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