Band 3 - Blutjagd
wurde. Als ich die Tür zu Trents Büro erkannte, wurde ich langsamer. Jonathan hinter mir hielt an. Doch Quen ging ohne Zögern weiter, also beeilte ich mich, um ihn einzuholen.
Jonathan war offensichtlich nicht erfreut. »Wo bringst du sie hin?«, fragte er angriffslustig.
Quen versteifte sich. »Zu Trenton.« Er drehte sich al erdings nicht um oder wurde auch nur langsamer.
»Quen. .« Jonathans Stimme klang warnend. Ich warf einen spöttischen Blick zurück und freute mich, als ich sah, dass sich auf seinem Gesicht Sorge zeigte statt des üblichen Ausdrucks von arrogantem Hohn. Mit gerunzelter Stirn eilte Jonathan hinter uns her, als wir vor der hölzernen Bogentür am Ende des Flurs anhielten. Der übergroße Mann drängelte sich nach vorne und legte eine Hand auf die metal ene Verriegelung, gerade als Quen den Arm danach ausstreckte.
»Da bringst du sie nicht rein«, warnte Jonathan.
Ich verschob mit dem Geräusch gleitenden Nylons meinen Kleidersack, und meine Augen glitten von einem zum anderen, als unausgesprochene Botschaften zwischen den beiden ausgetauscht wurden. Was auch immer hinter dieser Tür lag, es musste gut sein.
Der kleinere, aber gefährlichere Mann verengte die Augen zu Schlitzen, und die Pockennarben traten in seinem plötzlich rot angelaufenen Gesicht deutlich hervor. »Sie wird ihn heute Abend am Leben halten«, sagte er. »Und ich werde sie nicht sich umziehen und im vorderen Büro auf ihn warten lassen, als wäre sie eine Hure.«
Jonathans Gesichtausdruck wurde noch entschlossener.
Mein Puls beschleunigte sich, und ich brachte vorsichtshalber etwas Abstand zwischen mich und die beiden Männer. »Beweg dich«, sagte Quen, und seine erstaunlich tiefe Stimme hal te ihn mir wider.
Verwirrt trat Jonathan zurück. Quen öffnete die Tür, und die Muskeln an seinem Rücken spannten sich an.
»Danke«, sagte er heuchlerisch, als die Tür träge aufschwang.
Mir fiel die Kinnlade runter; die Tür war verdammte fünfzehn Zentimeter dick! Das Geräusch von fließendem Wasser plätscherte uns entgegen, begleitet von dem Geruch nach nassem Schnee. Trotzdem war es nicht kalt. Ich spähte an Quen vorbei und sah einen dezent gemusterten Teppich und eine Wand, die mit dunklem Holz vertäfelt war, das so gepflegt und geölt war, dass es golden glänzte. Das, dachte ich, als ich Quen hinein folgte, müssen Trents Privaträume sein.
Der kurze Flur ging schnel in eine Galerie im zweiten Stock über. Ich blieb stehen, während ich meine Augen über den großen Raum unter uns gleiten ließ. Er war eindrucksvol , ungefähr vierzig Meter lang, halb so breit und sechs Meter hoch. Der zweite Stock, in dem wir standen, war direkt unter der Decke. Unten, inmitten der prächtigen Teppiche und des dunklen Holzes, standen zwanglos verteilte Sitzmöbel: Couchen, Sessel und niedrige Tische. Al es war in sanften Erdtönen gehalten, mit ein paar Akzenten in Kastanienbraun und Schwarz. An einer Wand war ein Kamin in der Größe eines Feuerwehrwagens eingelassen, aber meine Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem gefesselt: dem deckenhohen Fenster, das die gesamte Wand mir gegenüber ausmachte und das dämmrige Licht des Frühabends in den Raum fal en ließ.
Quen berührte meinen El bogen, und ich ging die breite, mit Teppich ausgelegte Treppe hinunter. Ich hielt mich mit einer Hand am Geländer fest, weil ich die Augen nicht von dem Fenster abwenden konnte. Es faszinierte mich. Dem Fenster, nicht den Fenstern, weil es aussah, als wäre es eine durchgehende Scheibe. Ich konnte nicht glauben, dass eine Scheibe von dieser Größe strukturel einwandfrei sein konnte, aber da war sie, makel os, und sah aus, als wäre sie nur wenige Mil imeter dick. Als wäre dort überhaupt nichts.
»Es ist kein Plastik«, sagte Quen leise. Seine Augen waren auf das Panorama vor uns gerichtet. »Es ist Kraftlinienenergie.«
Ich starrte ihn an und sah an seinen Augen, dass er die Wahrheit sagte. Als er bemerkte, wie überrascht ich war, verzog ein leises Lächeln seine vom Wandel gezeichneten Gesichtzüge. »Jeder stel t als Erstes diese Frage«, sagte er und erklärte damit, wie er meine Gedanken gelesen hatte.
»Geräusche und Luft sind das Einzige, was sie durchdringen kann.«
»Das muss ein Vermögen gekostet haben«, staunte ich und fragte mich, wie sie den roten Schleier des Jenseits daraus entfernt hatten. Vor uns erstreckte sich die atemberaubende Sicht über Trents schneebedeckte private Gärten. Über einen Findling, der
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