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Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Naughton
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Junge schob seinen Stuhl zurück, wischte sich den Mund ab und ging zu Atalanta. Zögerlich beugte er sich zu ihr und küsste sie auf die Wange.
    Aufs Neue überkam Thanatos lodernder Hass. Er konnte schnell sein; ehe es einer der beiden bemerkte, könnte er am anderen Tischende sein und ihre zerbrechlichen Leiber stünden in Flammen. Er konnte sie verbrennen, ihre Knochen splittern lassen, bis von ihnen nichts als Asche blieb …
    »Thanatos!«
    Ruckartig sah er zu ihr auf. Atalanta war aufgesprungen und kam um den Tisch herum zu ihm. Der Junge war nirgends zu sehen.
    Thanatos erhob sich.
    Sie war beinahe so groß wie er, knapp zwei Meter, und sie verabscheute Schwäche bei ihren Soldaten, weshalb er gelernt hatte, in ihrer Nähe nie auch nur einen Hauch von Angst zu zeigen. »Ich dulde keinen Ungehorsam!«
    Er machte sich bereit, einen möglichen Angriff abzuwehren, und bemühte sich, seine Verachtung nicht durchklingen zu lassen, als er sagte: »Die nordamerikanischen Misos haben Hilfe von den Argonauten. Einer unserer Jagdtrupps konnte erst gestern eine wichtige Siedlung in Schutt und Asche legen, und alle Flüchtigen werden eingefangen und vernichtet wie besprochen.«
    Sie blieb einen Schritt entfernt von ihm stehen. »Wie viele Halbblute wurden getötet?«
    »Mindestens sechzig.«
    »Sechzig sind gar nichts. In den Bergen dort verstecken sich drei Mal so viele.«
    »Wir finden sie.«
    Sie ging zum Kamin und blickte in die züngelnden Flammen. »Du sagst, die Argonauten sind ihnen zu Hilfe gekommen?«
    »Ja.«
    »Dann suchen sie jetzt ebenfalls nach den Flüchtigen. Was für ein Haufen Möchtegernheiliger, diese widerwärtigen Argonauten. Nun«, sagte sie, wobei ihre Stimme befremdlich ruhig wurde, »dies ist deine Chance, möglichst viele von ihnen auszuschalten.«
    »Ich?«
    Sie blickte über ihre bloße Schulter zu ihm. »Ja, du, Thanatos. Bist du nicht mein Erzdämon? Oder bist du dir auf einmal zu fein zum Kämpfen?« Ihr Tonfall verhärtete sich bedrohlich. »Such die Flüchtigen, dann findest du die Argonauten. Benutze die Halbblute als Köder, wenn es sein muss, aber töte die Argonauten. Und anschließend zerstörst du alles, was von ihrer elenden Kolonie übrig ist.«
    Ein seltsames Unbehagen nistete sich in Thanatos’ Brust ein. Sie betrachtete ihn als einen gewöhnlichen Dämon, als wäre er … entbehrlich.
    Er? Entbehrlich? Dämonen gab es wie Sand am Meer, was er eigentlich wissen sollte, hatte er doch die schwachen selbst getötet, ehe sie ihn im Kampf töten konnten. Aber er war jetzt ein Erzdämon, kein Fußsoldat. Während sie einander anstarrten, schweiften seine Gedanken zum Übungsfeld heute, wo er Atalanta mit Phrice tuscheln gesehen hatte, als hätte dieser hirnlose Dämon irgendwas Interessantes zu sagen. Dann fiel ihm die Szene mit Maximus wieder ein, die Leichtigkeit, mit welcher der lächerliche Junge Zetus nur mit dem Schwert erledigt hatte.
    Hatte sie Phrice schon zu seinem Nachfolger erkoren? Intrigierten die beiden gegen ihn? So verstörend die Vorstellung auch war, bereitete ihm etwas anderes weit größere Sorge: Waren sie möglicherweise alle entbehrlich, sobald Maximus seine Menschlichkeit endgültig ablegte und seinen Platz an Atalantas Seite einnahm?
    Wieder sah er zu der Kette an ihrem Hals, und sein Unbehagen wuchs. Er dachte an den Anhänger, an seine Zukunft, oder besser gesagt: an das wenige, was ihm an Zukunft blieb.
    Atalanta drehte sich zu ihm. Hinter ihr tanzte das Feuer im großen Steinkamin und umrahmte ihre Gestalt mit grellen Orange-, Rot- und Blautönen. Er wünschte, es würde sie vollständig verschlingen.
    »Ich bin am Ende meiner Geduld mit dir, Thanatos. Töte oder werde getötet, das ist unser Motto.«
    Töte oder werde getötet.
    Sie würde ihn bei der erstbesten Gelegenheit umbringen, wie er an ihren nachtschwarzen, seelenlosen Augen erkannte. Für sie war er bereits tot.
    Er verneigte sich, obwohl es ihm zuwider war, welche Unterlegenheit er damit bekundete. Andererseits schmiedete er schon Pläne, wie er sich Geltung verschaffte und siegte.
    »Wie du befiehlst, meine Göttin.«
    Zander strich sich über das nasse Haar und blickte in den Wald, wo die hochaufragenden Douglas- und Hemlocktannen dicht an dicht standen.
    Demetrius, der auf dem Waldboden hockte und Spuren las, blickte auf und wies nach vorn. »Sie sind nach Norden.«
    Nieselregen fiel, der von ihren erhitzten Körpern aufdampfte und ihren Atem zu Wolken in der feuchten Luft verwandelte.

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