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Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)

Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition)

Titel: Bardenlieder von Silbersee - Die Drachenreiter 1: Schicksalsschlaege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela P. Forst
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abgerichtet werden könnten. Aufgrund seiner Erfahrungen mit Moorfee schien ihr Atharis für die Leitung dieses Projektes der richtige Mann.
    Atharis war die darauffolgenden Jahre damit beschäftigt gewesen, junge Drachen aus der Zucht auszuwählen, abzurichten und zuzureiten. Die ausgebildeten Reittiere wurden zu den Landesgrenzen gesandt. Dort erwiesen sie sich unbestritten als strategischer Vorteil. Atharis konnte die Drachenfarm weiter ausbauen, sodass er schließlich mehrere Männer und Frauen für die Betreuung und das Abrichten der Jungtiere beschäftigte.
    Vor einem knappen halben Jahr hatte die Herrin Kartiana, die einen Großteil der Befehlsgewalt über die militärischen Einrichtungen an sich gerissen hatte, Atharis angewiesen, eine eigene Truppe aufzubauen, die aus fähigen Reitern und ausgewählten Drachen bestehen sollte. Diese Spezialeinheit sollte für Spähflüge und Aufträge eingesetzt werden, welche für die Stadtwache, die einzigen Ordnungshüter innerhalb der Landesgrenzen, nicht ausführbar waren. Von Beginn an war es Atharis’ Wunsch gewesen, seine Schwester in diese Einheit aufzunehmen, doch er hatte sich lange gescheut, seinen Vater um Erlaubnis zu bitten.
    Nun lenkte Atharis seinen Drachen über die Dächer der Stallungen hinweg auf eines der kleineren Gebäude zu. Es war aus Ziegeln gebaut, mit weiß getünchter Fassade und hölzernen Fensterläden. Oberhalb der Eingangstür verriet eine Sonnenuhr, dass es fast fünf Uhr abends war. Sie musste einst kunstvoll gemalt gewesen sein, doch die verschnörkelten Zahlen und Ornamente waren verblasst und an mancher Stelle kaum noch zu erkennen.
    Moorfee landete unmittelbar vor den wenigen Stufen, die zum Eingang emporführten. Diesmal sprang Linara sofort aus dem Sattel, noch ehe Atharis selbst absteigen konnte. Sie brannte darauf, alles zu sehen, allen voran die Drachen.
    Atharis führte sie in das Haus und die Treppe hoch ins Dachgeschoss. Hier hatte er einen Raum eingerichtet, der Linara als Unterkunft dienen sollte.
    »Willkommen in deinem neuen Zuhause«, intonierte er fröhlich, als er die Tür zu dem Gemach öffnete. »Ich muss Moorfee versorgen und ein paar andere Dinge erledigen. Danach führe ich dich herum.« Noch ehe Linara einwenden konnte, dass sie ihn lieber sofort begleiten wollte, hatte er schon die Tür hinter sich geschlossen und sie hörte, wie die Treppe unter seinem Gewicht knarrte.
    Dies also war ihr neues Zuhause. Zu Hause ...
    Linara konnte nicht abstreiten, dass ihr gefiel, was sie sah. Das Zimmer war hell und freundlich. Licht flutete durch ein von Vorhängen umrahmtes Fenster. Davor stand eine Terrakottavase mit Frühlingsblumen auf einem runden Tischchen. Als die Elfe an der Waschstelle vorbeiging, mit den Fingern über den Rand der Wasserschale aus glasierter Keramik strich und sich auf dem weißen Leinen niederließ, welches das Bett bedeckte, zweifelte sie nicht daran, dass ihr Bruder eine hohe Stellung in den Augen der Herrin von Silbersee haben musste, um ausreichend Geld zur Verfügung zu haben. Denn, soviel wusste sie über die Politik des Landes, wenn es nach dem Herzog ginge, müssten sie alle auf dem Boden schlafen.
    Linara ließ ihre Habseligkeiten neben sich auf das Bett fallen – einige wenige Kleidungsstücke, ein Kamm und eine Haarschleife und ihr Bogen mit dem Köcher samt Pfeilen. Linara nahm die Waffe auf und strich nachdenklich über die feinen Schnitzereien, welche das geschwungene Holz überzogen. Meister Makantheo hatte ihr den Bogen vor Jahren geschenkt, zu einem Tag, den er ihren Geburtstag nannte, obwohl sich Linara nicht sicher war, ob es überhaupt jemand gab, der sagen konnte, wann oder gar von wem sie geboren worden war. Der Bogen war von Elfen des Fürstentums Intirana gefertigt worden, das jenseits der nordöstlichen Landesgrenze Silbersees am Meer lag. Linara konnte sich nicht erinnern, jemals einen Angehörigen ihres eigenen Volkes zu Gesicht bekommen zu haben. Soweit sie zurückdenken konnte, hatte sie die meiste Zeit ihres jungen Lebens in der Kampfschule und in den Wäldern ringsum verbracht. Das war es, wo sie zuhause war, der Wald, die Berge – und ihre Familie, ihr Vater und ihr Bruder. Und doch musste es einmal anders gewesen sein. Es musste eine Zeit gegeben haben vor dem Tag, da Atharis sie gefunden hatte, eine Zeit, die hinter der schwarzen Wand lag, welche ihre Erinnerungen zu blockieren schien. Wenn Linara in den Spiegel blickte, sah sie nicht Makantheos Tochter, sie sah

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