Bedrohung
schicken, und eine andere, selbst in die Schusslinie zu geraten. Und er lässt auch keinen Zweifel an seinen Absichten, springt so schnell es geht aus dem Weg und verbirgt dann seinen frisch gerupften Schädel in den Händen.
Stiletto muss ich zuerst ausschalten, denn er ist derjenige mit der Waffe. Als er sich zu mir umdreht, verpasse ich ihm eine saftige Ladung des Sprays. Er versucht noch, die Hände vors Gesicht zu reißen, reagiert aber nicht schnell genug. Er würgt und hustet, was seine Raucherlunge hergibt, schafft es gerade noch, das Messer in meine Richtung zu schwingen. Ich mache einen Sidestep und knocke ihn mit einem sauberen linken Haken aus. Er fällt auf das Sofa und ist erst einmal außer Gefecht.
The Crim jedoch handelt ein bisschen schneller – er hat ja auch mehr Zeit dazu. Als ich ihn ebenfalls besprühen will, kann er den Kopf wegdrehen, macht sich in dieser Haltung allerdings angreifbar. Ich gehe einen Schritt nach vorne und versetze seinen Nieren eine solide Links-rechts-Kombination. Er stolpert und verliert das Gleichgewicht. Ich packe ihn am Jackett, ziehe ihn zu mir heran, drücke ihm die Dose in die Nase und jage ihm den restlichen Inhalt direkt ins Gehirn.
Er japst nach Luft und zuckt unkontrolliert herum, bis er in die Stereoanlage knallt und zu Boden geht, wobei ihm ein Lautsprecher auf den Schädel fällt. Ich lasse von ihm ab und drehe mich um. Vanya prügelt auf den jaulenden Humphrey ein. Ich zerre sie von ihm herunter, und in dem Moment höre ich, wie um die Ecke jemand die Toilettenspülung zieht.
Scheiße – der Panzer. In der ganzen Aufregung habe ich ihn glatt vergessen, und jetzt ist das Spray alle. Eine Sekunde später walzt er ins Zimmer, erstaunlich flink für hundertsechzig Kilo Muskeln und Speck, das zumindest muss man dem Burschen lassen.
»Hau ab!«, schreit Vanya unnötigerweise, aber da ist er schon fast an mir dran und glotzt mich wie ein irrer Clown an. Schlimmer noch, auch Stiletto kommt langsam wieder auf die Beine.
Ich verpasse Panzer eine Rechts-links-rechts-Kombination zum Kinn, doch sein dumpfes Kindergesicht zeigt kaum eine Reaktion. Ich hätte genauso gut Küsschen geben können. Und dann rollt dieser Erdrutsch auf mich zu, schlingt seine Monsterarme um mich und quetscht mir mit seinen Bärenkräften förmlich die Luft aus den Lungen. Ich will etwas sagen, bringe aber keinen Ton heraus. Meine Rippen scheinen zu brechen wie Streichhölzer. Noch nie im Leben habe ich solche Schmerzen gespürt. So zu sterben ist das Letzte, denke ich, und alles wegen Kevin, diesem Arschloch.
Im Hintergrund sehe ich, wie Stiletto sich die Augen reibt und seinem Kumpel zuzischt, mich ja nicht kaltzumachen. Das will er selbst besorgen. Angesichts dessen, was ich gerade durchmache, gar keine so schlechte Vorstellung.
Doch auf einmal lässt Panzers Griff nach, und seine Augen werden glasig. Ich bekomme meinen rechten Arm frei und bringe einen Aufwärtshaken an, der ihn voll unter dem Kinn erwischt. Sein Griff lockert sich weiter, und ich winde mich aus ihm heraus, stolpere dabei fast über Vanya, die ihre Hände zwischen Panzers Beinen vergraben hat und zieht und quetscht und zerrt, was das Zeug hält. Man könnte auch sagen, das Mädchen hat Eier.
Wir drehen uns zusammen um und sehen gerade noch, wie Stiletto das Messer in Richtung meiner Kehle schwingt. Ich muss meine ganzen alten Instinkte aktivieren, um seine Attacke mit dem rechten Arm zu blocken, während ich ihm mit der Linken zwei fiese kleine Jabs auf die pockennarbige Nase setze.
Während er nach hinten kippt und auf dem Teppich aufschlägt, sagt er tatsächlich »Aua«. Dort wird er direkt von The Crim platt getreten, der noch immer wie ein blindes Rhinozeros durchs Zimmer walzt.
Da sind wir aber schon durch die Tür und rennen die Treppe hinunter. Panzer jedoch ist uns unüberhörbar auf den Fersen. Vanya stolpert und stürzt fast, ich kann sie gerade noch auffangen. Zusammen stürmen wir aus dem Haus und biegen rechts ab, wo der BMW parkt. Vanya fummelt in der Tasche nach ihren Schlüsseln, offenbar denkt sie, dass sie fahren wird. Kommt überhaupt nicht in Frage.
»Schätzchen, das ist mein Auto«, sage ich, lasse die Ersatzschlüssel baumeln und öffne die Zentralverriegelung.
Etwas widerwillig setzt sie sich auf den Beifahrersitz, während ich mich hinters Steuer klemme und den Motor starte. Die sechs Zylinder erwachen schnurrend zum Leben, ich gebe Gas und fahre los. Im Rückspiegel sehe ich Panzer,
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