Bedrohung
hinter dem Anschlag steckt, ohne aber weitere Einzelheiten preiszugeben.«
»Der Verdächtige, den ich heute Morgen verfolgt habe, stammt aus Südasien. Wahrscheinlich aus Pakistan. Er war definitiv kein weißer Söldner und wirkte auch nicht wie jemand, der als Agent einer arabischen Regierung unterwegs ist.«
»Vielleicht hat er tatsächlich nichts mit Fox und seinen mysteriösen Freunden zu tun, doch es steht fest, dass es sich bei dem Sprengstoff um PETN handelt, dasselbe Material wie damals beim Anschlag auf das Stanhope, und dass die Bombe ziemlich komplex konstruiert war. Die Sache ist die: Es gibt nicht allzu viele Terroristen, die Zugang zu dieser Art Bombentechnologie haben, und schon gar nicht irgendwelche Wald-und-Wiesen-Islamisten.«
Bolt hielt inne.
»Noch etwas. Vor drei Tagen hat jemand versucht, Fox umzubringen.«
»Davon habe ich nichts gehört.«
»Weil die Sache unter Verschluss gehalten wurde. Cheney ist gestorben, ehe man ihn vor Gericht stellen konnte. Wenn sie jetzt auch noch Fox verlieren, dann stehen Regierung und Nation wie inkompetente Trottel da. Der Mann, der Fox attackiert hat, war ein Mithäftling, der eine selbst gefertigte Klinge benutzt hat. Fox kam mit einem Schnitt am Kopf und einigen Verletzungen an den Unterarmen davon und musste lediglich genäht werden. Es ist ihm gelungen, den Angreifer abzuwehren und krankenhausreif zu schlagen.«
»Wissen wir, warum er attackiert wurde?«
»Der andere Häftling redet nicht. Er hat Sicherheitsstufe A und wird als gewalttätig eingestuft. Das heißt, er könnte eine Menge Gründe gehabt haben. Aber der Zeitpunkt – nur wenige Tage vor einem neuen Bombenattentat – zählt zu der Art Zufall, die bei mir die Alarmglocken schrillen lässt.«
In Gedanken versunken strich Bolt sich über die größte und tiefste der drei Narben, die über seine rechte Wange verliefen und die er sich vor vielen Jahren bei einem Autounfall zugezogen hatte. Aufgrund seiner hünenhaften Statur und seines kurz rasierten Haars verliehen ihm die Narben ein bedrohliches, ja gangsterhaftes Aussehen, was von seinen strahlend blauen Augen nur teilweise wieder wettgemacht wurde. Als sie ihn jetzt ansah, erinnerte sich Tina, wie attraktiv sie ihn einmal gefunden hatte.
»Aber egal«, fuhr Bolt fort. »Fox ist ein harter Hund, doch es heißt auch, der Angriff habe ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Vielleicht sagt er etwas Nützliches. Natürlich kann es heiße Luft sein, und wenn er glaubt, er könne sich so von der Strafverfolgung freikaufen, dann irrt er sich gewaltig. Trotzdem ist es einen Versuch wert.«
Tina fiel auf, wie wenig sie den Mike Bolt von heute kannte. Das Gebäude, in dem sie sich befanden, war ein viergeschossiges georgianisches Stadthaus in einer ruhigen Wohnstraße in Mayfair. Das nagelneue Messingschild an der Tür gab eine Firma namens Lowe Robertson Real Estate als Nutzer an. Beim Betreten hatte sie ein offenes Großraumbüro passiert, in dem eine Handvoll Männer und Frauen vor Computern und Bildschirmen der allerneuesten Generation saß, dennoch wurde hier nicht gerade hektisch gearbeitet.
»Also, was hat es mit diesem Büro und deiner Tätigkeit auf sich?«, fragte sie. »Als ich zuletzt von dir gehört habe, warst du bei der SOCA .«
»Mittlerweile bin ich beim Counter Terrorism Command der Met. Ich leite eine Abteilung, die sich Special Operations nennt, die du auf der Website der Met aber nicht finden wirst. Sie wurde gebildet, um die Personen hinter dem Stanhope-Attentat zu ermitteln, diejenigen, die es finanziert und die Logistik bereitgestellt haben.«
»Das klingt wesentlich unterhaltsamer als das, was ich die letzten Monate gemacht habe. Hast du keine Lust, mich anzuheuern?«
Zum ersten Mal, seit Tina sein Büro betreten hatte, musste Bolt lächeln. Er sieht immer noch verdammt gut aus, dachte Tina, vielleicht sogar besser als früher, jetzt, da er die vierzig überschritten hat. Seine blonden Haare wurden nun teilweise silbergrau, die Falten in seinem schmalen, von einer Adlernase dominierten Gesicht waren noch prägnanter, die Folgen des Alters betonten seine Erscheinung, und plötzlich fragte sie sich, ob er wohl Single war.
»Es klingt aufregender, als es ist«, erwiderte er. »Wir erledigen die ganze unglamouröse Polizeiarbeit, ackern uns am Schreibtisch durch das vorhandene Material, sprechen mit Informanten, hören ein paar Gespräche ab und überwachen ein paar Leute. Eine mühselige Arbeit, und wenn ich ehrlich bin,
Weitere Kostenlose Bücher