Bedrohung
Aber mach schnell.«
»Bin schon unterwegs.« Tina zog Handschuhe an und warf sich die Handtasche, in der sich das Abhörequipment befand, über die Schulter. »Aber halt mir den Rücken frei. Das Letzte, was mein Ruf vertragen kann, ist ein unerwartet nach Hause kommender Mr. Brozi.«
»Ich habe dir immer den Rücken frei gehalten, Tina«, erwiderte er. Ihre Blicke trafen sich und blieben einen Augenblick zu lang aneinander haften.
Sie stieg aus, ging über die Straße, verhielt sich so normal wie möglich. Die Straße war, abgesehen von ein paar Bauarbeitern, die sich an einem Gerüst zweihundert Meter weiter unten zu schaffen machten, vollkommen leer. Doch man wusste nie, wer einen aus einem der Häuser heraus beobachtete. Verdecktes Eindringen war immer eine heikle Sache. Zu viel konnte schiefgehen, zumal wenn es am helllichten Tag geschah.
Sie ging durch das Gartentor und checkte, wo sie später im Schutz der Dunkelheit eine Kamera anbringen konnten, die sich einschalten würde, wenn jemand das Haus betrat oder verließ. An der Haustür angekommen, klingelte sie. Als niemand reagierte, klingelte sie sicherheitshalber ein weiteres Mal, holte aber gleichzeitig einen Satz Dietriche aus der Tasche. Sie hatte bereits bemerkt, dass es keine Alarmanlage gab, deshalb machte sie sich ohne Umschweife daran, das klassische Yale-Schloss zu knacken.
Sie brauchte unerwartet lange und war sich der Tatsache bewusst, dass Bolt sie beobachtete. Sie versuchte es zu verdrängen und konzentrierte sich auf ihre Bewegungen, bis das Schloss endlich klickte und die Tür aufging.
Ohne sich noch einmal umzublicken, trat sie ein und schloss die Tür hinter sich. Sie befand sich in einer schmalen Diele, direkt vor ihr eine Treppe. Das Haus roch nach Mottenkugeln und billigen Gewürzen, die nackten Wände waren schmutzig, der beige Teppichboden speckig und abgetreten. Tinas Erfahrung nach legten Kriminelle nur selten Wert auf ein gepflegtes Heim und bemühten sich auch nicht, ihren Absteigen eine persönliche Note zu verleihen. Ein Detective, mit dem sie einmal zusammengearbeitet hatte, hatte gemeint, das komme daher, weil sie nie lange an einem Ort wohnten. Tina gab ihm recht.
Mit dem prickelnden Gefühl im Bauch, sich heimlich in einer fremden Wohnung aufzuhalten, machte sie sich an die Arbeit. Man hatte ihnen die neuesten Mikrokameras ausgehändigt; lange, dünne Geräte, die hinten ein Gewinde hatten, damit man sie etwa statt der Schrauben in Steckdosen anbringen konnte, wodurch sie praktisch nicht zu entdecken waren. Sie reagierten auf Bewegung und lieferten exzellenten Ton. Zügig bewegte sie sich von unten nach oben durchs Haus und installierte in jedem Zimmer eine Kamera, bis sie alle verwanzt hatte.
Im Fernsehzimmer fand sie die Pistole. Außer dem Fernseher selbst, einem riesigen flatscreen , der fast das gesamte Fenster blockierte, befanden sich nur zwei Ledersessel und eine Kommode im Raum. Die oberste Schublade stand halb offen, und Tina dachte sich, wenn sie schon einmal hier war, konnte sie einen raschen Blick auf Brozis Besitztümer werfen und sehen, ob sie etwas von Interesse fand. Er schien ziemlich ungeniert mit seinen illegalen Aktivitäten umzugehen, denn er hatte keine Anstalten gemacht, die Waffe zu verbergen. Die nagelneue Glock 17 lag offen neben zwei zehn Zentimeter dicken Bündeln gebrauchter Fünfzigpfundscheine in der Schublade. Tina holte sie mit ihren behandschuhten Händen heraus, inspizierte sie und entnahm das Magazin. Voll geladen, mit scharfer Munition. Normalerweise hätte sie die Patronen entfernt, doch die Umstände waren alles andere als normal. Wenn sie die Waffe entlud, würde Brozi wissen, dass jemand im Haus gewesen war, und die ganze Operation wäre gefährdet. Trotzdem war sie befriedigt über ihren Fund. Er bewies, dass Fox sie nicht an der Nase herumgeführt hatte. Außerdem konnten sie nun Brozi, falls nötig, sofort verhaften, da sie einen schwerwiegenden Grund hatten. Die Mindeststrafe für illegalen Waffenbesitz war fünf Jahre, und das gab ihnen erhebliches Verhandlungspotenzial.
Tina sah sich das Geld an. Wahrscheinlich so um die zehn Riesen. Sie musste sich eingestehen, dass sie einen Augenblick lang versucht war, etwas davon einzustecken. Ihr Gehalt war nicht gerade üppig, und sie hatte Gefallen an Reisen gefunden, die sie sich eigentlich nicht leisten konnte. Einige hundert Pfund würden für einen Flug nach Asien oder Südamerika reichen, und Brozi würde die paar Scheine
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