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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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fahren und es für dich holen.“
    So sehr sie auch fürchtete, man könnte ihr Tagebuch finden, so wenig behagte ihr der Gedanke, Alain alleine in das Dorf zurückgehen zu lassen. Er war hier nicht sicher.
    Und ein Unfall schnell passiert.
    Er war ein Eindringling, der mit seiner bloßen Anwesenheit die gewohnte Ordnung durcheinanderbrachte, ein Fremder, der womöglich Dinge sah und hörte, die niemanden in der Welt da draußen etwas angingen – doch sehr wohl viele Menschen interessieren würden. Sie musste ihn auf jeden Fall von dieser Idee abbringen.
    „Was ist das für ein Brief?“
    „Kopien eines Vaterschaftstestes und einer Unterlassungsklage, Pierres Testament.“
    Sie nickte, als hätte sie bereits damit gerechnet.
    „Bea, du bist nicht seine Tochter. Und ich wollte, dass du es erfährst. Um jeden Preis.“
    Zögernd trat er einen Schritt auf sie zu und nahm mit einer scheuen Geste ihre Hand.
    „Hab vielen Dank, Alain. Ich habe es mir so sehr gewünscht. Ich habe gehofft und sogar gebetet“, murmelte sie und erschauerte unter der leichten Bewegung seines Daumens, der über ihren Puls strich. „Als ich Katrin das erste Mal in den Armen hielt und sie gesund und munter aufwuchs, waren all die Gerüchte und Vermutungen vergessen. Du dagegen hast es gleich vom ersten Augenblick an gewusst. Erinnerst du dich, als ich dich in Doktor Ferrards Klinik besucht habe? Du bist nicht Pierres Tochter“, zitierte sie ihn und ahmte seine dunkle Stimme ziemlich gekonnt nach.
    „ Verdammt! Äh … tut mir leid, wollte ich sagen.“
    „Diese Worte waren die ersten, die du mir entgegen geschleudert hast, noch bevor ich überhaupt den Mund aufmachen konnte, um ‚Hallo’ zu sagen. Ich glaube, du hättest nicht unhöflicher sein können, selbst wenn du es versucht hättest.“
    „Bea, es geht nicht darum, ob ich Recht hatte oder nicht. Viel wichtiger ist doch, dass …“
    „Nein! Bitte, rede nicht weiter“, schnitt sie Alain heftig das Wort ab und entzog ihm mit einer abrupten Bewegung ihre Hand.
    Sie ahnte, worum es ihm i n Wirklichkeit ging. Er war nicht jahrelang hinter ihr her gejagt und hatte sein Vermögen verschleudert, bloß um ihr zu sagen, wer nun tatsächlich ihr Vater war. Kein vernunftbegabter Mensch würde diese Strapazen auf sich nehmen, wenn er nicht noch andere Absichten verfolgte.
    Ernste Absichten.
    Sie waren keine Halbgeschwister, wie Pierre Germeaux ihnen hatte einreden wollen. Alain hatte nicht direkt darüber geredet, aus seinen vagen Andeutungen konnte sie sich allerdings leicht zusammenreimen, dass er regelrecht himmelstürmende Pläne für seine Zukunft geschmiedet hatte. Eine gemeinsame Zukunft für sie beide. Und mit den Papieren, die ihm Pierres Anwälte nach dessen Tod aushändigten und die er jetzt zu ihr brachte, sollte endlich alles werden, wie er es sich schon seit Jahren ausmalte.
    Aber nichts war mehr so, wie es einmal war!
    „Ich habe das Buch gesehen, das du Katrin mitgebracht hast. Als ich in ihrem Alter war, habe ich ‚Lütt Matt'n und die weiße Muschel’ mindestens hundert Mal gelesen. Das war sehr nett von dir“, versuchte sie abzulenken. „Die Auswahl an Büchern ist hier nicht sehr groß, wie du dir denken kannst. Und deutschsprachige Literatur gibt es gar nicht. Obwohl Cat das Meer noch nie gesehen hat, schwärmt sie davon. Und selbstverständlich hat sie darauf bestanden, dass ich ihr vor dem Schlafengehen vorlese. Die Stelle, als der Pinguin Klabautermann mit Lütt Matt’n im Bett durch die Luft fliegt, habe ich bestimmt dreimal wiederholt.“
    „Ja, so lief es auch bei uns an den vergangenen Abenden. Sie wünscht sich nichts mehr, als fliegen zu können. Sie kann sehr hartnäckig sein und ich bin überzeugt, dass sie in meine Fußstapfen tritt und eines Tages fliegen lernt. Ein kleiner Dickkopf, unsere Tochter.“
    „Von wem sie diesen Charakterzug wohl hat?“, neckte sie Alain. „Woher wusstest du eigentlich, dass … Du konntest es nicht wissen.“
    „ Natürlich nicht. Ich wäre nicht einmal in meinen kühnsten Träumen darauf gekommen, dass wir beide etwas derart unvergleichlich Großartiges zustande gebracht haben könnten. Das Buch war für dich gedacht.“
    Ihre Augenbraue n schossen fragend in die Höhe. „Für mich?“, wiederholte sie amüsiert. „Ein Kinderbuch?“
    „Es ist ein Geschenk , das ich dir mitbringen sollte. Von Suse.“
    Beate schnappte nach Luft und presste ihre Hände auf die Brust.
    „Von Suse?“, flüsterte sie mit rauer

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